Aus den Feuilletons

Grass poltert gegen "Joffe-Ton"

Josef Joffe, der Herausgeber der "Zeit", bei einer Konferenz der Wochenzeitung am 6.3.2012 im Humboldt Carre in Berlin
Josef Joffe, der Herausgeber der "Zeit", bei einer Konferenz der Wochenzeitung in Berlin. © picture-alliance / dpa / Xamax
Von Gregor Sander |
Der Literaturnobelpreisträger Günter Grass regt sich in der "Zeit" darüber auf, dass die Haltung ihres Herausgebers Josef Joffe in allen Abteilungen der Wochenzeitung bestimmend ist.
Zwei Seiten lang ist ein Interview mit Günter Grass in der Wochenzeitung DIE ZEIT. Wer glaubt, dass der Literaturnobelpreisträger inzwischen leiser geworden ist, der irrt:
"Sehen Sie sich an, was aus Ihrer Zeitung geworden ist",
poltert Grass.
"Die ZEIT war für mich ein wunderbares Beispiel dafür, wie man im schizoiden Zustand dennoch eine gute Zeitung machen kann – mit einem linksliberalen Politikteil, einem literarisch aufmüpfigen Feuilleton und einem grundkapitalistischen Wirtschaftsressort. Darüber habe ich schon in den Hundejahren geschrieben. Aber der Joffe-Ton ist mittlerweile in allen Abteilungen drin. Das müssen Sie doch merken! Oder verliert man in diesem Berufsstand die Empfindsamkeit dafür?"
Der Interviewer Christof Siemes verteidigt natürlich seinen Chef:
"Die Stimme des Herausgebers (Josef) Joffe hat das Meinungsspektrum der ZEIT bereichert. Jedenfalls wird unsere Zeitung im Moment von so vielen Menschen gekauft und gelesen wie nie zuvor."
Doch das ist für Grass kein Argument:
"Ich finde, eine Zeitung sollte es in Kauf nehmen, wenn aufgrund ihrer unbestechlichen journalistischen Arbeit einige ihre Annoncen abbestellen."
Iris Berben: "Wo sind die Kinobilder?"
Am Freitag wird in Berlin der Deutsche Filmpreis, die Lola, verliehen. Nominiert sind so unterschiedliche Filme wie "Fack ju Göhte" von Bora Dagtekin und "Die andere Heimat" von Edgar Reitz. In der BERLINER ZEITUNG befragt Anke Westphal die Akademiepräsidentin, Iris Berben, zur Qualität des deutschen Films:
"Tatsächlich werden zu viele Filme gemacht, die wie Fernsehen aussehen und nicht wie Kinofilme",
so Berben. Da sitze ich dann davor und denke:
"Wunderbares Fernsehspiel. Aber wo sind die Kinobilder, wo ist die Größe, das Wagnis? Wir sind mit dem deutschen Film zu nah am Fernsehen, das ja aber die meisten Filme koproduziert."
Und selbstkritisch fügt die Schauspielerin Iris Berben hinzu:
"Wir sind da nicht auf Weltniveau; als Schauspielerin, die viel fürs Fernsehen arbeitet, kann ich das sagen."
Katja Nicodemus hat in der ZEIT noch ein weiteres Problem des deutschen Kinofilms ausgemacht:
"Die deutsche Gegenwartskomödie hat, anders als etwa die amerikanische, die englische oder auch die französische Komödie, ein Problem mit Frauen. Während man überall sonst auf der Leinwand Heldinnen sieht, die aus der Reihe tanzen, dabei zum Lachen über sich selbst einladen, aber auch subversiven und anarchistischen Eigensinn entwickeln, betreibt die deutsche Komödie die Demütigung und Verdoofung ihrer weiblichen Figuren."
Und diese doofen Trinen eint, laut Katja Nicodemus, eines: Die Brille.
"In Til Schweigers 'Keinohrhasen' wird die Brille im Gesicht der Kindergärtnerin Anna (Nora Tschirner) zur Insignie der Verkniffenheit. Nadja Uhl trägt die Brille wie ein Stigma durch Doris Dörries 'Alles inklusive', und Karoline Herfurth verrutscht sie schon bei ihrem ersten linkischen Auftritt in 'Fack ju Göhte' auf dem Nasenrücken. In Frauke Finsterwalders 'Finsterworld' wird die Brillen-Streberin von Mitschülern während eines Ausflugs ins Konzentrationslager in den Verbrennungsofen gesperrt. Danach ist sie brillen- und willenlos und trägt, endlich hübsch, die Haare offen – als buchstäblich finale Rache am weiblichen Intellektualismus."
Die Künstlerin Maria Lassnig, fotografiert am 13.03.2009 im Museum Ludwig in Köln vor ihren Bildern
Die Künstlerin Maria Lassnig (1919-2014) vor ihren Bildern im Museum Ludwig in Köln© picture-alliance / dpa / Oliver Berg
Trauer um Maria Lassnig
Alle Feuilletons trauern um die Grande Dame der österreichischen Malerei, Maria Lassnig. Sie verstarb am Dienstag im Alter von 94 Jahren in Wien. In der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG betont Gottfried Knapp ihre frühe Meisterschaft:
"Im Jahr 1943 ist die damals 24 Jahre alte Studentin aus der Wiener Akademie der bildenden Künste gewiesen worden, weil man ihr malerisches Werk für 'entartet' hielt. Ihr farblich wunderbar subtil gestuftes Selbstporträt aus diesem Jahr ist von naturalistischer Delikatesse und zeigt schon die Fähigkeit, mit ungewöhnlichen Farbtönen atmosphärische Wirkungen zu erzielen und Plastizität zu erzeugen."
Auch für Nicola Kuhn vom Berliner TAGESSPIEGEL gibt es keinen Zweifel:
"Wer einmal ein Bild Maria Lassnigs gesehen hatte, der vergaß es nicht so schnell."
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