Aus den Feuilletons

"Glenn, ist Überwachung schlimm?"

Der Autor Glenn Greenwald sitzt am 22.05.2014 in Hamburg in der Bucerius Law School auf dem Podium. Im Gespräch mit "Zeit-Online" stellte Greenwald unter anderem sein neues Buch "Die globale Überwachung" vor.
Glenn Greenwald veröffenlichte NSA-Dokumente von Edward Snowden. © dpa / Axel Heimken
Von Arno Orzessek  · 02.06.2014
In der Kulturpresseschau geht es unter anderem um den spanischen König Juan Carlos I., um das Festival für junge Literatur in Hildesheim und um ein pseudo-naives Interview mit dem Snowden-Vertrauten Glenn Greenwald zur NSA-Affäre.
Küren wir vorab den Satz des Tages.
In der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG beschreibt Paul Ingendaay unter der Überschrift "Mehr so der Outdoor-Typ" Leben und Wirken des spanischen Königs Juan Carlos I., der demnächst abdanken wird.
Dabei firmiert Juan Carlos bei Ingendaay nicht etwa als der Schwerenöter, der er war und womöglich noch ist. Nein! Ingendaay flötet sanft-süffisant:
"Wir geben hier keine Indiskretionen preis, wenn wir anmerken, dass die Interessen des Königs und der Königin nicht zu allen Stunden des Tages und der Nacht vollständig zur Deckung kamen."
Schön - oder? -
Und nun weiter wie gewohnt.
"Kuscheln im Schlangennest, doppelter Wortwert",
titelt - rätselhaft genug - die Tageszeitung DIE WELT.
Nadine Hemgesberg berichtet über Prosanova, ein Festival für junge Literatur in Hildesheim.
Und weil das auch im Jahr der vierten Durchführung noch nicht jeder kennt, stellt Hemgesberg das Fest zunächst einmal vor.
"Wenn Literatur feiern heißt, dass Clemens Meyer exklamiert 'Ein Glied, ein Glied, ein Königreich für ein Glied', dann ist Prosanova. Wenn Literatur feiern heißt, dass man dieses kribbelige, unbehagliche Gefühl hat, wieder 18 zu sein, ganz unbesorgt ins Leben hineinzustolpern, dann ist Prosanova",
spöttelt Nadine Hemgesberg.
Wer immer noch brennendes Interesse an Prosanova hat, lese den kompletten WELT-Text selbst...
Oder auch, was die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG über Prosanova schreibt.
Laut Felix Stephan stehen jüngere Schriftsteller, wie die in Hildesheim versammelten, vor einem Kardinalproblem, das der Autor Leif Randt so formuliert hat:
"'Sachen so zu sagen, wie sie sind, ohne darunter leiden zu müssen. Wach zu sein, aber nicht überspannt. Mittendrin, aber nicht verloren.'"
In der TAGESZEITUNG hebt der bulgarische Schriftsteller Georgi Gospodinov, unabhängig von Prosanova, seinen Blick höher hinauf.
Der Autor des Romans "Physik der Schwermut" spricht der Literatur die Kraft zu, "Trost zu spenden und neuen Sinn zu schaffen" - und damit zu leisten, woran es gebricht.
"Die Produktion von Empathie ist ausgelaufen, die Reserven sind erschöpft und das Bruttoinlandsprodukt an Mitleid und Barmherzigkeit hat einen kritischen Tiefstand erreicht. Das ist kein geringeres Problem als die wirtschaftliche Krise oder die Erschöpfung der Ölreserven. Produziert wird Empathie von der Kultur und von der Literatur im Besonderen. [...] Sie schafft lang anhaltenden Sinn."
So Georgi Gospodinov in der TAZ.
Vom hohen Sinn zum vulgären Geschäft.
"Hinter der Mauer des Schweigens" heißt ein FAZ-Artikel, in dem die Schriftstellerin Amanda Foreman Amazon attackiert ...
Den größten Internet-Einzelhändler der Welt, der den Buchhandel aufmischt, obwohl er damit nur zehn Prozent seines Umsatzes erwirtschaftet.
"Amazon behauptet, auf der Seite der Verbraucher zu stehen. Aber Schwarze Listen für Autoren, die Erschwerung von Verkäufen und die Erpressung von Schmiergeldern als Gegenleistung für verkaufsfördernde Maßnahmen gehören nicht zu den Dingen, die man von einem offenen, verbraucherorientierten Marktplatz erwarten würde",
klagt Amanda Foreman.
Ein Fest für Anti-Amerikaner ist auch das Interview mit dem Edward-Snowden-Vertrauten Glenn Greenwald.
Der als Videoblogger bekannte Tilo Jung stellt eingangs die pseudo-naive Frage "Glenn, ist Überwachung schlimm?" - Greenwald antwortet:
"Nicht jede Überwachung; die amerikanische Regierung hätte die E-Mails von Osama Bin Laden und seinen Leuten lesen können sollen, als er noch lebte. Es ist auch legitim, wenn Staaten andere Staaten ausspionieren und den üblichen Spionagekram machen. Es geht aber zu weit, wenn die Überwachung anlasslos gegen ganze Bevölkerungen gerichtet ist. Das Leitmotiv der NSA heißt: "Wir sammeln alles.' [...] Das ist das Ziel[:] von der Allwissenheit zur Allmacht."
Zum Schluss etwas Lebenshilfe. Sollten Sie jung sein, liebe Hörer, und noch ein exklusives Studienfach suchen, schauen Sie mal in die SZ!
Dort rät eine Überschrift zum "Bachelor in Piraterie".