Aus den Feuilletons

"Gebt den Affen keine Waffen"

Ceasar (Andy Serkis) versucht in "Planet der Affen: Revolution" den Krieg zwischen Affen und Menschen zu verhindern.
Ceasar (Andy Serkis) versucht in "Planet der Affen: Revolution" den Krieg zwischen Affen und Menschen zu verhindern. © © 2014 Twentieth Century Fox
Von Arno Orzessek · 05.08.2014
Diesen Reim bezieht die "Berliner Zeitung" auf den Hollywoodfilm "Planet der Affen: Revolution", der in unsere Kinos kommt. Sie urteilt " die tollste Computeranimationstechnik aller Zeiten" mit einem "Drehbuch auf unterstem Primatenniveau".
Zunächst: Sommerliches.
"Erfrischend nackt" findet die Tageszeitung DIE WELT die Ausstellung "Wir gehen baden" im Berliner Kupferstichkabinett, die laut Marcus Woeller nicht zuletzt der "Legitimation des voyeuristischen Blicks" dient.
"Beim Baden geht es nämlich nicht vordergründig um die Körperhygiene, sondern ums Sehen und Gesehen werden, das war während der Renaissance im Männerbad des Albrecht Dürer, im Frauenbad eines Hans Sebald Beham oder im gemischten Badehaus eines Virgil Solis nicht anders als Hunderte Jahre später in den Badeanstalten, die Erich Heckel oder Adolf Schinnerer besuchten. Es geht um geselliges Beisammensein und erotische Annäherungen, am Jungbrunnen ebenso wie am FKK-Strand."
Übrigens bildet die WELT einige Gemälde aus der Ausstellung ab, darunter Ludwig von Hofmanns "Knaben am Strand". Ein lichtes, hautverliebtes Werk voller elastischer Glieder, das in Zeiten waltender Pädophilie-Phobie bemerkenswert freizügig wirkt.
Mit Dederon-Strümpfen in der Umkleidekabine
Sommerlich ist auch die Serie "Umkleidekabine" in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG. Dieses Mal widmet sich die Schriftstellerin Kerstin Hensel den "Nylons" - vor allem aber den berüchtigten Dederon-Strümpfen in der DDR.
"Ich sehe noch vor mir: meine Mutter in grässlichen Hüfthaltern, vorm Spiegel die teuren Dinger behutsam über die Zehen, die Wade herauf übers Knie zum Oberschenkel rollend, wo sie schließlich an Strapsen befestigt wurden. Ich weiß noch, dass es nicht lange dauerte, und die Strümpfe bekamen Laufmaschen – kleine, fadendünne Störlinien, die sich in Windeseile in zentimeterbreite Kanäle aufribbelten. (...) Dederon-Strümpfe rissen, rutschten, schlugen Falten und förderten Schweißfüße."
So Kerstin Hensel in einem – irgendwie streng riechenden – SZ-Artikel.
Und bedingt heiter geht's auch weiter:
"Gebt den Affen keine Waffen" - reimt die BERLINER ZEITUNG und macht den Film "Planet der Affen: Revolution" von Matt Reeves, der offenbar ein Gleichnis des irdischen Zivilisationsprozesses sein soll, putzmunter runter:
"Man versteht es einfach nicht: Warum gibt ein Hollywoodstudio mehrere Fantastillionen von Talern für die tollste Computeranimationstechnik aller Zeiten aus – und leistet sich dann ein Drehbuch auf unterstem Primatenniveau? Jeder halbwegs erleuchtete Bonobo hätte das, keine Frage, geistreicher zu inszenieren verstanden",
schüttelt Jens Balzer sein Menschenhaupt.
"Treibt Gaddafis Gespenster aus!"
Nun aber zum Ernst der Lage.
"Treibt Gaddafis Gespenster aus!" fordert der Schriftsteller Hisham Matar in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG und fragt mit Blick auf das postrevolutionäre, in Gewalt versinkende Libyen:
"Wie legt man nach mehr als vierzig Jahren Despotie das Fundament für einen demokratischen Staat?"
So ganz genau weiß das auch Hisham Matar nicht – dafür aber etwas anderes:
"Träume haben Konsequenzen. Es gibt kein Zurück. Eine Revolution ist kein schmerzloser Marsch zu Freiheit und Gerechtigkeit. (...) Gaddafi hat ideale Bedingungen für eine intolerante und brutale Politik geschaffen. Nur mühsam werden die alten Wunden heilen (...). Eines jedoch ist sicher: Nie waren die Entschlossenheit und die Zielstrebigkeit in der Bevölkerung größer. Die Revolution hat Demokratie und Selbstbestimmung in greifbare Nähe gerückt",
glaubt, hofft und beschwört Hisham Matar in der FAZ.
Derweil legt sich in der SZ die ukrainische Autorin Larisa Denisenko mit Moskau an:
"Die russischen Machthaber, die den Sowjetmenschen als Vorbild weiter in ihrem Kopf herumtragen, halten mein Land für ein künstliches Gebilde, sie sprechen uns das Recht auf eigene Geschichte, Sprache und Traditionen ab. Meine Nation ist demnach nichts weiter als ein unmündiges Anhängsel des Großen Russischen Volkes",
ärgert sich Larisa Denisenko.
In einem weiteren Artikel allerdings klagt ein gewisser Andrej, zitiert von SZ-Autor Tim Neshitov:
"In Kiew bauen sie gerade keine pluralistische Gesellschaft nach EU-Vorbild, sondern sie grenzen jeden aus, der ihren Ukrainisierungseifer nicht teilt."
Soviel dazu.
Ihnen, liebe Hörer, wünschen wir einen Restsommer, der – mit einer SZ-Überschrift – stets das eine bleibt: ein "Gegenpol zum Grausigen".
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