Aus den Feuilletons

Franz-Josef Strauß und die "Gehirnprothesenträger"

Bayerns Ministerpräsident Franz Josef Strauß, der Münchner Polizeipräsident Manfred Schreiber und Oberbürgermeister Erich Kiesl informieren sich nach dem Oktoberfest-Attentat über das Ausmaß der Katastrophe.
Die ARD würdigt Franz-Josef Strauß mit einem Dokudrama. © dpa / picture alliance / Istvan Bajzat
Von Adelheid Wedel · 26.07.2015
Anlässlich seines 100. Geburtstages ehrt die ARD Franz-Josef Strauß mit einem Dokudrama. Der "schweißgesichtige Politiker" habe immer wieder "mit bebender Stimme" gegen seine Gegner gedonnert, schreibt der "Tagesspiegel".
"Das doppelte Wagner-Festival - im Festspielhaus auf Bayreuths Grünem Hügel und in der nahen Villa Wahnfried" - ist vorherrschendes Thema in den Montagsfeuilletons. "Der nutzlose Liebestrank" titelt Christian Wildhagen in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG seine Rezension der Eröffnungspremiere von "Tristan und Isolde" in der Regie von Katharina Wagner. Warum er das Wort "nutzlos" wählt, erklärt der folgende Satz: "Festspielwürdiger als die Inszenierung ist allerdings die Eröffnung des neuen Wagner-Museums auf dem neu gestalteten Areal der Villa Wahnfried."
Nach fünf Jahren Bauzeit wurde nun das neue Museum der Öffentlichkeit übergeben, einschließlich der von Grund auf renovierten Villa des Komponisten. Wildhagen äußert sich zufrieden: "Die gefundene Lösung ist alles andere als provinziell, sie übertrifft sogar die Erwartungen." In Sachen Wagner helfe nur die größtmögliche Offenheit, darin stimmen der Autor sowie der Leiter des Museums, Sven Friedrich, überein. Das gelte "auch und gerade bei den schwärzesten Kapiteln der Wagner-Rezeption. Diese Linie wurde gegen alle Einmischungsversuche überzeugend durchgehalten", schreibt Wildhagen.
Und: "Endlich gibt es keine peinlichen weißen (oder braunen) Flecken mehr in der Dokumentation, nicht nur, was Wagners Antisemitismus betrifft, sondern auch die nicht weniger bedenkliche Rolle, die Wagners Nachfahren teilweise bis weit über 1945 hinaus politisch spielten. Weder Winfred Wagner, noch die Komponistenenkel Wieland und Wolfgang werden davon ausgenommen. An der hier erreichten Transparenz", heißt es in der NZZ, "sollten sich die Festspielleitung auf dem nahen Grünen Hügel, aber auch die Vertreter der Familie, die noch immer Nachlässe unter Verschluss halten, ein Beispiel nehmen."
"Da laufen nun reichlich Leute unterohrfeigt herum"
Mit Nike Wagner kommt eine Vertreterin der Familie in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG zu Wort. Die Urenkelin Richard Wagners und Intendantin des Bonner Beethovenfestes hielt ihre Rede zur Eröffnung der musealen Neukonzeption der Villa Wahnfried. "Meine Familie ist die von Richard Wagner, und ihren Mittelpunkt hat sie seit 1874 in der Villa Wahnfried," stellt sie zu Anfang klar. Lebendig und fast sehnsuchtsvoll schildert sie das Leben in diesen nun musealen Räumen. "Es zieht, wenn ich Wahnfried ansehe, eine endlose Reihe von Weihnachtsfesten und Kindergeburtstagen vorbei. Wahnfried war eine von Schönheit, Unordnung und Musik, von Kunstwillen und hofgärtlicher Natur, von Lachen und Weinen, großen Lieben und kleinen Gemeinheiten durchzogene mythische Insel sowohl im Meer der Geschichte wie inmitten der Häuser von Bayreuth, wo wir alle zur Schule gingen."
Mehrere Zeitungen machen auf das Dokudrama über Franz Josef Strauß "Der Primus" aufmerksam, eine Würdigung des Bundespolitikers und bayerischen Ministerpräsidenten zu seinem 100. Geburtstag. Die Rezensenten sind sich einig – der Fernsehfilm an diesem Montag bringt wenig Neues. "Er zeichnet den Aufstieg des Franz Josef Strauß vom Metzgersohn in der Münchner Vorstadt ... zum mehrfachen Minister und Kanzlerkandidaten und zu einem der umstrittensten Politiker der bundesdeutschen Nachkriegszeit nach. Ein schlüssiges Psychogramm liefert der Film nicht", schreibt Markus Ehrenberg im TAGESSPIEGEL. „Am Ende bleibt der Eindruck eines großen schweißgesichtigen Politikers haften, der mit bebender Stimme vom Rednerpult gegen seine Gegner donnert: ‚Ihr seid ja Gehirnprothesenträger. Ihr habt ja gar keine eigene Meinung. Ihr brüllt ja bloß!'"
Neben dem mir bisher unbekannten Wort „Gehirnprothesenträger" lieferte der Blick in die Montagsfeuilletons ein weiteres Neuwort. Das steckt in der Antwort von Friedrich Küppersbusch auf eine Frage der TAZ. Die Zeitung reagiert auf die Vergabe des Bundesverdienstkreuzes an Beate und Serge Klarsfeld und fragt: "Wen müsste man heute ohrfeigen, um in 47 Jahren einen Orden zu bekommen?" Küppersbusch: "Ups, da laufen nun reichlich Leute unterohrfeigt herum."
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