Aus den Feuilletons

Ein Hoch auf die analoge Welt

Analoges Telefonieren mit Wählscheibe wird bald der Vergangenheit angehören.
Schon verschwunden: Telefon mit Wählscheibe. Übernimmt bald ein Automat auch die Gespräche? © imago/Westend61
Von Klaus Pokatzky · 10.05.2018
Die "FAZ" berichtet, dass bald auch das Telefonieren von Automaten übernommen wird. Die "Neue Zürcher Zeitung" beschäftigt sich dagegen ganz analog mit Büchern. Und ob analog oder digital - die Wahlen in der Türkei sind noch nicht entschieden.
"Ich drücke weder eins, zwei noch fünf, verdammt, ich will zu einem Mitarbeiter durchgestellt werden!" Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG zitiert den Satz, den wohl jeder von uns gerne schon mal geflucht hätte, wenn er gerade in einer Telefonhotline verschwunden ist – und keine menschliche Stimme ihn anhört, sondern nur der Automat.

Der Automat erledigt alles

"Es kommt alles noch viel ärger", meint Ursula Scheer. Sie stellt uns eine neueste Erfindung der digitalen Klangwelt vor. Duplex heißt sie und soll für "maulfaule Nutzer Telefondienste übernehmen". Der Automat erledigt dann alles für uns. "Anrufe beim Friseur etwa, zwecks Terminvereinbarung. Oder Reservierungen im Restaurant. Bei der Präsentation klang Duplex’ Kommunikationsstil täuschend human, inklusive eingestreuter Mhs und Ähs." Ein Hoch auf die analoge Welt, kann ich da nur sagen! Ohne jedes Äh… "Nehmen wir zum Beispiel die Bücher", fordert uns die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG auf.
"Es gibt Menschen, denen nur mit reichlich gefüllten Regalen verkleidete Zimmerwände ein Gefühl der Behaustheit bieten", beschreibt Angela Schader meine Wohnung. "Der obsessive Charakter dieser Beziehung zeigt sich spätestens in den regelmässig auftretenden Krisenmomenten, da sich die Bände fast nur noch mit dem Hammer ins Fach treiben lassen. Es geht nicht anders: Für die Unterbringung von Neuzugängen muss mindestens ein Laufmeter Literatur geopfert werden." Falsch, ganz falsch, Frau Kollegin. Regale lassen sich immer noch aufstocken, bis zur Zimmerdecke; ich empfehle eine Altbauwohnung.
"Erstmals kann Erdoğan der politischen Agenda nicht seinen Stempel aufdrücken", lesen wir in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN – knapp sechs Wochen, bevor in der Türkei Wahlen für ein neues Parlament und einen Präsidenten stattfinden – und zwar "den ersten Präsidenten der Türkei mit beinahe sultanischen Befugnissen", wie Bülent Mumay schreibt. "Erdoğan will natürlich der erste Präsident in dem neuen System werden, das er auf sich selbst zugeschnitten hat. Und er will, dass seine Partei AKP die Mehrheit im Parlament bekommt."
Doch das ist noch lange nicht ausgemacht, denn: "Zum ersten Mal seit langem hat sich ein großer Teil der Opposition zu einer Anti-Erdoğan-Front zusammengeschlossen und Kooperation vereinbart." Bülent Mumay nennt die wichtigsten Daten in Recep Tayyip Erdoğans Sultanat: "Die Inflation liegt bei dreizehn Prozent, die Zinsen bei 15,5 Prozent, die Arbeitslosenquote bei zwölf Prozent, und die Auslandsverschuldung ist auf das Rekordhoch von 435 Milliarden Dollar geklettert."
Und nun haben die Oppositionsparteien ihr Bündnis geschlossen; gehen zwar im ersten Präsidentenwahlgang mit jeweils eigenen Kandidaten ins Rennen – wollen aber im zweiten Durchlauf den unterstützen, der die meisten Stimmen gegen den amtierenden Potentaten bekommen hat: "Diese Szenerie gibt Erdoğan, der sechs Wochen vor den Wahlen in den Umfragen noch keine Triumphstimmung ausmachen kann, und seiner Partei zu denken. Denn erstmals stellt sich das Gefühl ein, Erdoğan könnte verlieren."

Demokraten entwickeln Glücksgefühle

Da könnten Demokraten direkt Glücksgefühle entwickeln. "Saudiarabien hat sogar eine Ministerin für Glück eingesetzt", erfahren wir aus der NEUEN ZÜRCHER – das wäre sicherlich etwas für unseren heimeligen Horst Seehofer. "Allerdings lässt sich das Glück nicht bürokratisch von oben herbeiführen", geht es dann doch sehr realistisch zum Thema Glücksforschung weiter. "Wer auf einer Skala zwischen 0 (‚völlig unzufrieden‘) und 10 (‚völlig zufrieden‘) einen hohen Wert angibt, lächelt zum Beispiel mehr", schreibt Bruno S. Frey, "ist optimistischer und geselliger".
Kreuzen Sie die Zehn an – und lächeln mehr.