Aus den Feuilletons

Die Vollendung der Unvollendeten

04:20 Minuten
Eine Beethoven-Figur in einem Schaufenster in Bonn
Was der Meister dazu sagen würde? Zu Beethovens 250. Geburtstag soll seine 10. Sinfonie vollendet werden. © imago images / Kosecki
Von Klaus Pokatzky · 08.12.2019
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Ein Team aus Musikwissenschaftlern, Komponisten und Computer-Experten will mit Hilfe künstlicher Intelligenz Beethovens 10. Sinfonie, bekannt als die "Unvollendete", fertig komponieren. Das Ergebnis soll im nächsten Jahr präsentiert werden.
"Eine exzellente freie Rede ist selten vollkommen frei." Wie die Kulturpresseschau. "Sie will durchdacht und daher verfasst sein", steht im Berliner TAGESSPIEGEL. "Die exzellente freie Rede hat ein aufregendes Thema", meint Klaus Brinkbäumer. "Sie hat Humor und ist um kein Wort zu lang." Dann wollen wir mal sehen, wie der Blick in die Feuilletons da mithalten kann.

Uraufführung zum 250. Geburtstag

"Mit Hilfe künstlicher Intelligenz soll Ludwig van Beethovens unvollendete 10. Sinfonie vollendet werden", erfahren wir aus der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG. "Ein internationales Team aus Musikwissenschaftlern und Komponisten, dem Pianisten Robert Levin und Computer-Experten arbeite an dem Projekt, bestätigte ein Sprecher der Deutschen Telekom, die das Vorhaben initiiert hat."
Das ist auf jeden Fall ein aufregendes Thema – nur was würde Beethoven dazu wohl sagen? "Am 28. April im kommenden Feierjahr zum 250. Geburtstag des Komponisten soll das Ergebnis aufgeführt werden und, so die Hoffnung der Gruppe, das Publikum rätseln lassen, was von Beethoven selbst stammt und was vom Computer", lesen wir in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG.
"Nachdem sich die Menschen jahrzehntelang an der Frage ergötzt haben, ob nicht auch die Werke malbegeisterter Affen oder Elefanten als Kunst anerkannt werden müssten, hat sich die Diskussion in jüngerer Zeit auf Computererzeugnisse ausgeweitet", schreibt Fridtjof Küchemann.
"Ein von Künstlicher Intelligenz errechnetes Gemälde wird bei Christie‘s für Hunderttausende versteigert, Systeme verblüffen mit Unerhörtem im Stil der Beatles." Aber muss es dann ausgerechnet der große Ludwig sein? Das Digitale kennt eben überhaupt keine Hemmungen mehr.

Märchen mal zeitgenössisch

"'Oma, was geht?' fragt Rotkäppchen, und 'Digga, zu spät', antwortet der Wolf im Großmutterbett." Die FRANKFURTER ALLGEMEINE präsentiert uns einen märchenhaften Dialog in zeitgenössischer Jugendsprache. "So ist es in der Serie 'Märchen in asozial' zu sehen, von der bisher vier etwa viertelstündige Folgen erschienen sind", klärt uns Tilman Spreckelsen auf.
"Julien Bam, der Urheber, erreicht über seinen Youtube-Kanal knapp 5,7 Millionen Abonnenten, und die Begrüßung von Wolf und Rotkäppchen – 'Bruder, was los?' 'Bruder, muss los!' – ist längst auf den Schulhöfen etabliert. Das Video vom 16. März des Jahres wurde bisher mehr als 15 Millionen Mal angesehen." Die Gebrüder Grimm würden das vielleicht recht lustig finden.

Klimawandel als Zeitgeschichte

"Die Bundeszentrale für politische Bildung hat einen politischen Bildungsauftrag", heißt es in der SÜDDEUTSCHEN, die die Bundeszentrale scharf kritisiert. Es geht um den Klimawandel und eine Ausgabe der Zeitschrift der Bundeszentrale "Aus Politik und Zeitgeschichte" – die viele Lehrer gerne studieren, bevor sie ihre Schüler aus der Welt der Grimm‘schen Märchen in die der Politik führen.
"Das Thema 'Klimadiskurse' wird in dem 40-seitigen Heft auf eine Weise abgehandelt, dass sich der staunende Leser die Augen reibt", bemängelt der Soziologie-Professor Stephan Lessenich und bringt die Aussagen der Beiträge so auf den Punkt: "Dass der Klimawandel halb so wild und mit den Bordmitteln des demokratischen Kapitalismus zu beheben ist – genauer gesagt: wäre, wenn nicht eine unheilige Allianz von aufmerksamkeitsbesessener Wissenschaft und willfährigen Journalisten alles daransetzen würden, den rational-konsensualen Gang der Dinge verhindern zu wollen."
Donald Trump gehört aber nicht zu den Autoren.
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