Aus den Feuilletons

Die störrische Primaballerina

Ballettlegende Maja Plissezkaja
Die russische Ballettlegende Maja Plissezkaja 2009 in der Akademie der Künste in Berlin. © picture alliance / dpa / Foto: Britta Pedersen
Von Adelheid Wedel · 03.05.2015
Sie tanzte bis ins hohe Alter und war eine der größten Ballett-Tänzerinnen des 20. Jahrhunderts. Nun ist Maja Plissezkaja mit 89 Jahren gestorben. Die Feuilletons erinnern respektvoll an die Primaballerina des Bolschoi-Theaters.
"Eines Tages kehren wir zurück", so der hoffnungsvolle Satz der Medienaktivistin Sofie Haddad in der Tageszeitung TAZ. Sie, die für die syrische Opposition arbeitete, sagt zur politischen Entwicklung in Syrien heute:
"Nach vier Jahren Gewalt gibt es keine Gewinner, dafür aber viele Verlierer."
Sie erinnert an den Beginn der Revolution:
"Wir waren voller Hoffnung. Mit so viel Brutalität von Seiten des Regimes hatten wir nicht gerechnet. Wir fühlten uns, als hätten wir das Tor zur Hölle geöffnet. Aber wir wollten das Regime stürzen, wir wollten einen Neustart."
Stattdessen Bomben auf Homs, Massaker an Oppositionellen.
"Im März 2014 begann der sogenannte Islamische Staat in Syrien zu wüten. Er und das syrische Regime eröffneten die Jagd auf Medienaktivisten. Im März verlor ich auf einen Schlag 76 Personen, die mir nahe standen. Es war nicht mehr sicher für uns in Syrien."
Heute sei kaum noch jemand im Sinne der Revolution von 2011 aktiv. Die FSA liege am Boden, einige Aktivisten seien in Syrien untergetaucht, andere in Europa, Kanada oder in den USA.
"Eines Tages werden wir zurückkehren als Doktoren, Ingenieure, Poeten und unser Land gemeinsam neu aufbauen."
Whitney-Museum in New York
Gute Nachrichten für die Kunst in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG:
"Seit dem Wochenende ist der von Renzo Piano entworfene Neubau des Whitney-Museums im Westen von Manhattan für das Publikum geöffnet."
Damit ist das Museum von der Upper Eastside in den Meatpacking District umgezogen.
"Das Viertel boomt, weil die alten Industriebauten neuen Zwecken zugeführt werden. Dort haben die mächtigen Galerien," früher im Museumsbezirk der Fifth Avenue beheimatet, "weitläufige Lagerkomplexe in Besitz genommen. Das Whitney, dessen Kuratoren alle zwei Jahre eine Auswahl der wichtigsten amerikanischen Gegenwartskünstler präsentieren, ist den Galerien hinterhergezogen."
Eine Art Westwanderung hat die New Yorker Kunstszene erfasst. "Jede der vier Seiten des neuen Museums sieht anders aus. Asymetrien an allen Ecken und Enden betonen, dass der Bau zusammengesetzt ist. 422 Millionen Dollar hat er gekostet. Man hat die Ausstellungsfläche verdoppelt, möchte freilich die Besucherzahlen verdreifachen," darauf verweist Patrick Bahners in der FAZ.
Werkschau von Markus Lüpertz in Paris
Bleiben wir bei der Kunst: In der Tageszeitung DIE WELT rezensiert Hans-Joachim Müller eine Ausstellung im Musee d’Art Moderne in Paris und nennt sie "die beste Werkschau von Markus Lüpertz seit Jahren".
Müller verweist auf die Schwierigkeiten der Rezeption des deutschen Malers in seiner Heimat und nennt es "bedenkenswert, dass es ausgerechnet Paris ist", wo Lüpertz eine so viel beachtete Ausstellung bekommt.
"Kein Lüpertz-Bild, das nicht sehr schwer beladen wäre, das nicht wirklich schwer an sich selbst trüge", erklärt Müller und schildert ein Detail:
"'Hölderlin' zum Beispiel ist ein Koloss, der beim Transport nach Paris eine Schleifspur hinterlassen haben muss, als habe ein Asteroid die Erde geschrammt."
Zum Tod der Ballerina Maja Plissezkaja
"Sinnlich-diabolisch" wird sie von der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG genannt, die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG sieht in ihr "eine Ballett-Legende"und DIE WELT trägt "den schwarzen Sowjet-Schwan" zu Grabe. Melanie Suchy fand diesen Begriff für "Maja Plissezkaja, die auch politisch störrische Prima Ballerina Assoluta des russischen Balletts".
An diesem Sonnabend ist sie im Alter von 89 Jahren in München gestorben. Die Nachrufe sind voller Respekt vor der großen Leistung dieser Künstlerin, die immer Haltung bewahrte und "noch 1996 mit 70 Jahren in Maurice Béjarts 'Isadora' eine Hommage an die berühmte amerikanische Barfußtänzerin" tanzte.
Ihr Markenzeichen aber war der sterbende Schwan, erinnert Lilo Weber in der NZZ und beschreibt:
"Dieses Fließen von den Schultern her in die Fingerspitzen, die wunderbare Phrasierung, die beredten Hände – das blieb ihr erhalten bis ins hohe Alter hinein."

Hören Sie hier einen Nachruf von Markus Sambale.