Aus den Feuilletons

Die "Körperkanone" wird 70

Sylvester Stallone während eines Besuchs in Sofia, Bulgarien (2008).
Sylvester Stallone während eines Besuchs in Sofia, Bulgarien (2008). © picture alliance / dpa / Vassil Donev
Von Arno Orzessek · 05.07.2016
Zu Sylvester Stallones 70. entdecken die Feuilletons ihre Liebe zu dem - so die SZ - "schwer unterschätzten" Schauspieler. Dieser habe der Welt drei "unsterbliche" Charaktere geschenkt: "Rocky, Rambo - und sich selbst".
Schießen wir direkt los…
Und zwar mit der "Körperkanone", wie die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG den Schauspieler und Regisseur Sylvester Stallone nennt, der an diesem Mittwoch 70 Jahre alt wird.
David Pfeifer schreibt über den aus seiner Sicht "schwer unterschätzte[n]" Stallone im Modus der "Verneigung", zollt den Muskelsträngen des Geburtstagskindes – Testosteron-Spritzen hin oder her – tiefe Bewunderung und endet mit einer Reflexion über die Unsterblichkeit:
"Vielleicht gelingt es Stallone, bis in alle Ewigkeit Hanteln zu heben. Wenn nicht, so hat er der Welt immerhin drei unsterbliche, liebens- und mitleidenswerte, übergroße und absolut menschliche Charaktere geschenkt: Rocky, Rambo – und sich selbst."
Voller Hochachtung: David Pfeifer in der SZ.

Nach Rocky und Rambo I ein "Riese"

Für Dath war Stallone nach "Rocky" von 1976 und dem ersten "Rambo"-Film von 1982 nicht weniger als "ein Riese" – dann aber kam etwas dazwischen.
"Weil ihn […] der Gewaltkitschknallkopf George P. Cosmatos 1985 in 'Rambo: First Blood Part II' als mit Rapsöl eingeschmierte Fleischwurstballonpuppe für die vom Vietkong beigebrachte Schlappe Rache nehmen ließ, geriet leider auf Jahrzehnte in Vergessenheit, dass Stallones Schauspielerpersona eigentlich mehr mit italoamerikanischer Panthergeschmeidigkeit zu tun hat – das heißt mit Al Pacino oder John Travolta – als mit dem bolzengeraden Grobianismus der Schwarzenegger-Lundgren-Seagal-Gladiatorenära."
So Dietmar Dath in einem FAZ-Bandwurmsatz.
Wer "Copland" von 1997 und "John Rambo" von 2008 gesehen hat – Filme über gebrochene Menschen –, der muss die Überschrift, unter der die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG Stallone gratuliert, für einen grotesken Irrtum halten. Sie lautet:
Nun zu den politischen Kämpfen der Gegenwart, deren Fiktionalisierung im Kino gewiss anderer Typen als Rocky oder Rambo bedürfte.

Richard Sennett: Soziale Ungleichheit nicht die Brexit-Ursache

Im Gespräch mit der BERLINER ZEITUNG schildert der amerikanische Soziologe Richard Sennett, der auch in London lehrt, seine Sicht auf den Brexit.
Und die Conclusio steht oben drüber: "Die EU wird gestärkt, das Königreich zerbricht."
Dass sich Groß- oder – nach Schottlands möglichem Exit – Kleinbritannien künftig noch stärker mit den USA verbünden könnte, hält Sennet für ausgeschlossen.
"Die USA werden sich umorientieren. Von Henry Kissinger gibt es ja das Bonmot: 'Wenn ich Europa sprechen will, wen soll ich anrufen?' Darauf lautet die Antwort jetzt nicht mehr: in London. Sondern bei Angela Merkel."
Im übrigen lässt Sennett die soziale Ungleichheit, die auch im Vereinigten Königreich zunimmt, nicht als Erklärung für den Ausgang des Referendums gelten.
"Das ist eine ganze andere Geschichte, die nichts mit dem Brexit zu tun hat. Der wird das Problem kaum lösen. Ich stimme ja zu, dass die soziale Ungleichheit ein zentrales Thema ist. Aber es ist in der britischen Öffentlichkeit zum Mantra geworden, dass ein Austritt aus der EU für mehr Gleichheit sorgen wird – und das ist kompletter Unfug."

Mit einer "Superreichensteuer" für mehr Gerechtigkeit?

Das zentrale Thema Ungleichheit…
Das behandelt Jürgen Trittin, Ex-Bundesumweltminister und Ko-Fraktionsvorsitzender der Grünen, in der FAZ und schwärmt "Vom Segen einer Superreichensteuer".
"Keiner der Aspekte eines umfassenden Gerechtigkeitsbegriffs wird realisiert, wenn die Ungleichheit weiter wächst. Deshalb muss der Kampf um mehr Gleichheit im Mittelpunkt des Kampfes um Gerechtigkeit stehen."

Eskapismus und Ameisen

Zum Schluss noch der Hinweis auf etwas Schönes.
In der Tageszeitung DIE WELT gibt es eine Sommerserie, in der "die Wonnen des Eskapismus" gepriesen werden.
Und dieses Mal unterrichtet uns Michael Pilz über seine Zuneigung zu den Ameisen, die in vielen persönlichen Begegnungen gewachsen ist.
Falls Sie nun empört sind, liebe Hörer, dass wir keine einzige Silbe aus dem attraktiven Ameisen-Artikel zitieren, verweisen wir Sie auf Ihren Kiosk und auf eine Überschrift in der SZ. Sie lautet:
"Empörung ist Silber, Handeln ist Gold."