Aus den Feuilletons

Die Kamera als Zielfernrohr

Andrea Berntzen als Kaja im norwegischen Film "Utøya, 22. Juli"
Regisseur Erik Poppe konzentriert sich in seinem Film "Utøya 22. Juli" über die Untaten von Anders Breivik auf das 18-jährige Opfer Kaja. © weltkino filmverleih
Von Tobias Wenzel |
Ist es möglich nachzuempfinden, was es heißt, Opfer eines Massenmörders zu sein? "Utøya 22. Juli" lasse den Zuschauer mit seinen Gefühlen allein, so die "Zeit". Die "Welt" hält den Blick des Filmregisseurs für so erbarmungslos wie den des Terroristen Breivik.
"Haben Pflanzen Rechte?", fragt Rainer Erlinger in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG mit Blick auf den Hambacher Forst, einen 10.000 Jahre alten Mischwald, und "die Inbrunst und die Gewalt", mit der Menschen in ganz Deutschland um Bäume streiten. Erlinger bemüht die Philosophen: Aristoteles hat, referiert er, allen Lebewesen, auch den Pflanzen, eine Seele zugesprochen, allerdings denkende Menschen von wahrnehmenden Tieren und nur wachsenden und sich nährenden Pflanzen unterschieden.

Würde der Kreatur

Immanuel Kant hat die Achtung von Tier und Pflanzen mit der Bedeutung für den Menschen verknüpft. Der englische Philosoph Jeremy Bentham hat die Leidensfähigkeit der Tiere hervorgehoben und Albert Schweitzer die Ehrfurcht vor jeglichem Leben, also auch dem der Pflanzen eingefordert. Das deutsche Grundgesetz betont Mensch und Tier, nicht jedoch die Pflanzen, stellt Erlinger fest. Die Schweizerische Bundesverfassung hebt dagegen schon die Schutzwürdigkeit der Pflanzen hervor und spricht sogar von der "Würde der Kreatur".
"Manche fürchten, dass durch die Ausweitung der moralischen Positionen auf alle Lebewesen die besondere moralische Stellung des Menschen infrage gestellt wird", schreibt Erlinger. Auch sei es ein Problem, dass man eigentlich einen Grashalm genauso schützen müsse wie uralte Bäume. Auch stelle sich die Frage: "Was darf man dann noch ruhigen Gewissens essen? Selbst eine streng vegane Lebensweise, die sich an Tierrechten orientiert und deshalb keinerlei tierische Produkte umfasst, wäre plötzlich ethisch fragwürdig. Schließlich würde selbst das Dinkelkorn lieber keimen als gegessen werden."

Was heißt es, Opfer eines Massenmörders zu sein?

Ein Luxusproblem im Vergleich zum Massenmord. "Anders Behring Breivik musste hin und wieder absetzen und nachladen", schreibt Peter Praschl in der WELT über den Kinofilm "Utøya 22. Juli", in dem sich der Regisseur auf ein 18-jähriges Opfer konzentriert. "Erik Poppe hat für die letzten 72 Minuten im Leben Kajas nur eine einzige Einstellung gebraucht. Sein Blick ist so erbarmungslos wie der des Terroristen, seine Kamera ein Zielfernrohr, dem nichts entgeht, er hält unbeirrbar drauf, von keinem Jammern, Schreien, Wimmern aus der Ruhe gebracht."
Das alles, damit man nachempfinden kann, was es heißt, Opfer eines Massenmörders zu sein. Der Film lasse den Zuschauer aber letztlich mit den Gefühlen von "Verachtung und Verzweiflung" allein "falls der Film den Angehörigen der Ermordeten in irgendeiner Weise hilft, muss man das respektieren", schreibt Sabine Horst in der ZEIT.
"Was der unbeteiligte Zuschauer mit 'Utøya 22. Juli' anfangen kann, ist eine andere Frage." Der Film gebe vielleicht nicht dem Mörder Breivik, "aber seiner furchtbar effizienten, auf größtmögliche Wirkung angelegten Tat dann doch eine Bühne". Mit einem Massenmörder sollte man nicht enden.

Sind Ernie und Bert nun doch nicht schwul?

Dann doch lieber mit Ernie und Bert. "War doch klar: ein Ehepaar", titelt die TAZ auf einem großen Foto der beiden. Dem Online-Nachrichtendienst "Queerty" bestätigte Mark Saltzman, in den 80ern Drehbuchautor der "Sesamstraße", was schon viele vermutet hatten: Ernie und Bert sind schwul.
Saltzman habe seine eigene homosexuelle Beziehung in den Dialogen verarbeitet. Die Produzenten haben dem Drehbuchautor sofort widersprochen: Es seien ja nur Puppen. "Das Argument, die 'Sesamstraßen'-Ehejungs würden immer nur oberhalb des Gesäßes gezeigt, da könne also nichts von Sex handeln, missversteht die Geschichten selbst", schreibt Jan Feddersen.
"Bei Liebesgeschichten kommt es doch gerade nicht auf Sexuelles an, sondern auf die Intimität, in diesem Fall zweier Männer." Ursula Scheer berichtet in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG, der Drehbuchautor habe mittlerweile zurückgerudert: Er habe sich missverständlich ausgedrückt. "Was würden Ernie und Bert dazu sagen?", fragt Ursula Scheer und antwortet: "Wahrscheinlich würden sie nur lachen. Bert im Stakkato: Ha-ha-ha-ha-a. Ernie kehlig Krch-krch-krch-krch-krch. Und dann würden sie gemeinsam ins Schlafzimmer gehen."
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