Aus den Feuilletons

Die arme Schweiz

Schweizer Franken werden in Weil am Rhein (Baden-Württemberg) in Euro gewechselt.
Der momentane Wechselkurs ist sehr ungünstig für die Schweizer Exporteure: Franken werden in Weil am Rhein (Baden-Württemberg) in Euro gewechselt. © dpa / picture alliance / Patrick Seeger
Von Klaus Pokatzky · 17.04.2015
Der starke Franken stürzt die Schweizer Verlage in eine Krise. Das führt zu einer "Schreckensstarre" in der Buchszene, berichtet die FAZ.
"Geldscheine werden in der Schweiz weiterhin gedruckt – Bücher indes kaum noch."
Das erfahren wir aus der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG. "Den Druck hat man in billigere Länder ausgelagert", schreibt Jürg Altwegg zur "Schreckensstarre" der Schweizer Buchszene, weil der Franken so teuer geworden ist: "Ein Euro, ein Franken. Als die europäische Gemeinschaftswährung eingeführt wurde, gab es für einen Euro 1,60 Franken." Das macht die Schweiz als Urlaubsland nur noch attraktiv für Superreiche.
Und so teuer wie die Schweiz für die Deutschen, so billig wird Deutschland für unsere Alpennachbarn: "Es geht das Gerücht, dass eidgenössische Buchhandlungen einzelne Titel oder kleine Mengen für ihre Kunden bei Amazon in Deutschland bestellen. Weil es billiger ist. Und fast so schnell geht."
Das führt zu absurden Preisunterschieden bei den Buchangeboten im Internet. "Am Donnerstag kostete der neue Roman 'Auf beiden Seiten' des Schweizer Lukas Hartmann – allfällige Portokosten eingerechnet – zwischen 18,40 und 40,35 Franken. Sein Verlag Diogenes, der neunzig Prozent seines Umsatzes in Deutschland erzielt, verzichtet nun an der Frankfurter Buchmesse auf einen eigenen Stand."
Und das ist nicht der einzige Verlag, der möglicherweise der Frankfurter Buchmesse fern bleiben wird. Reiche Schweizer, arme Schweiz. Doch manchmal leben Totgesagte länger oder stehen sogar aus dem Grabe wieder auf.
Comeback der Schallplatte
"Der Plattenladen ist", so die Tageszeitung TAZ, "voll mit jungen Kunden. Aus ihren Gesichtern spricht die für Sammler typische Mischung aus Demut und Ergriffenheit." So beschreibt Philipp Rhensius den Plattenladen Oye Records in der Berlin-Neuköllner Friedelstraße. "Einige nicken beim Probehören mit dem Kopf, andere halten eine Platte in der Hand, als sei sie der letzte Halt in einer immer komplizierter werdenden Welt." Jetzt am Samstag wird mit dem "Record Store Day" die gute alte tot geglaubte Vinyl-Platte hochgelobt und hochgelebt.
"Im vergangenen Jahr wurden nach Berechnungen des Bundesverbands Musikindustrie", heißt es im Berliner TAGESSPIEGEL: "1,8 Millionen Vinyl-Alben verkauft – so viele wie seit 1992 nicht mehr. 2006 waren nur 300.000 Exemplare verkauft worden."
Und in der SÜDDEUTSCHEN setzt der Schriftsteller Nick Hornby – durch den Plattensammler-Roman "High Fidelity" bekannt geworden – sein eigenes Denkmal den Plattenladentypen von damals und er erinnert dabei auch an die, die bis zur Wiederauferstehung der schwarzen Scheibe nicht durchgehalten haben, wie er bei seinen Facebook- und Vinyl-Freunden in der ganzen Welt recherchiert hat:
"Sie waren Postbote geworden, Winzer, Porno-Schriftsteller, Psychotherapeut, Schlagzeuger, Assistent in einer Buchhandlung, Kellner, und einer züchtete sogar tropische Fische."
13 Seiten über Grass
Wir dürfen auch heute den großen Kollegen von Nick Hornby nicht ganz vergessen, der seit Dienstag die Feuilletons prägt und immer noch zum Nachrufen bewegt – der "unter den Toten der Republik" "hervorragt wie Adenauer und Brandt in der Politik, wie Adorno und Heidegger in der Philosophie", so Volker Hage im neuen SPIEGEL, der Günter Grass 13 Seiten gewidmet hat.
Darunter auch fast eine ganze mit Zitaten aus SPIEGEL-Gesprächen im Laufe der Jahrzehnte. "Beim Festessen habe ich mich dann doch etwas danebenbenommen", erinnerte sich Günter Grass 2009 an die Nobelpreis-Feierlichkeiten.
"Ich hob einfach mein Glas und sagte: 'Zum Wohle, Herr König' – schon die Anrede war falsch, weil ich nicht 'Majestät' gesagt hatte. Und natürlich hätte er zuerst das Glas erheben müssen."
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