Aus den Feuilletons

Die Aliens verlassen den Dancefloor

04:13 Minuten
Daft Punk bei einem Auftritt in Melbourne auf der Bühne.
Daft Punk haben sich aufgelöst. Jeder Dancefloor trage Trauer, schreibt die "Süddeutsche Zeitung". © Imago / ZUMA Press / Martin Philbey
Von Gregor Sander · 23.02.2021
Audio herunterladen
Daft Punk haben sich aufgelöst und das verleitet die Feuilletons zu wahren Elogen auf das Elektro-Duo. Die Welt würdigt sie als Gesamtkunstwerk, das den Eindruck erweckte, „Außerirdische aus der Zukunft seien im Club gelandet“.
"Jeder Dancefloor zwischen São Paulo und Tübingen trägt Trauer", titelt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG und bedauert das Ende des Elektro-Duos Daft Punk.
Und obwohl Joachim Hentschel dem Rhythmus der Franzosen etwas ausgesprochen Unelegantes bestätigt, löste sich dieses Gefühl bei ihm auf, wenn "man den eigenen Körper dazu addierte, sich einhängte in den abgehackten Swing und der quäkenden Entenschnabel-Melodie erlaubte, sich durchzufressen, von einem Ohr zum anderen, einmal quer durchs Hirn".

Perfekte Illusionen

In der Tageszeitung DIE WELT würdigt Max Dax Daft Punk als Gesamtkunstwerk: "Ihre zum Markenzeichen gewordenen retrofuturistischen Outfits samt Robotermasken sind im Vitra-Designmuseum ebenso als stilprägende Artefakte ausstellbar, wie sie auf der Bühne verlässlich die willkommene Illusion erweckten, Außerirdische aus der Zukunft seien im Club gelandet."
Und im Tonfall einer Bedienungsanleitung für ein technisches Gerät erklärt Max Dax dann die Feinheiten des nun aufgelösten Elektro-Duos:
"Dank der Nutzung kleiner, in komplexer Musik-Software versteckter Innovationen wie der sogenannten Sidechain Kompression, mithilfe derer in synthetischen Hallräumen entscheidende, für das menschliche Ohr als Kick empfundene Dynamiksprünge in größter Lautstärke hörbar und spürbar gemacht werden können, erfanden Daft Punk den ausdifferenzierten Clubsound von heute."
Die Berlinale in Pandemiezeiten haben Carlo Chatrian und Mariette Rissenbeek erfunden. Das Festival wurde geteilt: Im März sieht die Jury und das Fachpublikum die Filme, im Juni soll das Publikum ins Kino gehen. Was Andreas Busche und Christiane Peitz vom Berliner TAGESSPIEGEL zu folgender Frage brachte: "Das Publikum kann nicht zum Festival kommen, warum geht das Festival nicht zum Publikum?"
Woraufhin Chatrian antwortet: "Sind Sie sicher, die Leute wollen noch mehr Filme online gucken? Wenn sie das Festival vermissen, dann das Gefühl, etwas gemeinsam im Kino erleben zu können."

Berlinale Jury in einem Hotel

Vermutlich ist das richtig, aber immerhin wurde die in den Mai verlegte Leipziger Buchmesse auch schon abgesagt. Gibt es also einen Plan B für die Juni-Berlinale, fragen die TAGESSPIEGEL-Autoren, und Rissenbeek erklärt: "Das Juni-Event ist doch unser Plan B, Sie fragen nach Plan C. Wenn im Juni die Kinos geschlossen sind, hat die Filmwelt noch ganz andere Probleme."
Die Jury besteht diesmal aus sechs ehemaligen Goldene-Bären Gewinnern, von denen der Vorjahressieger, der Iraner Mohammad Rasoulof, auch noch unter Hausarrest in Teheran steht. Mariette Rissenbeek beschreibt deren Arbeit in der nächsten Woche so:
"Die Jury ist im Hotel untergebracht, sie wird keinen Kontakt zu anderen Menschen haben und die Filme gemeinsam in einem Kino anschauen, das groß genug ist. Es werden sechs Personen sein, fünf Juror:innen und eine Verbindungsperson für Rasoulof, der die Filme bei sich zu Hause im Heimkino in Teheran sieht."

Podcast mit Ex-US-Präsidenten

Wie viel einfacher erscheint einem da doch die Produktion eines Podcasts. Zwei Personen und ein Mikrofon, mehr brauchten auch Barack Obama und Bruce Springsteen für ihre Spotify-Rederunde "Renegades – Born in The USA" nicht. Susan Vahabzadeh erklärt für die SZ das Verbindende des Ex-Präsidenten mit dem Rockstar:
"Es ist fast unmöglich, innerhalb der USA weiter voneinander entfernt aufzuwachsen als in New Jersey und Hawaii. Aber die beiden arbeiten recht mühelos heraus, warum die Erfahrungen dann doch viel miteinander zu tun haben. Sie haben, erzählen sie, innerhalb ihrer Gemeinden eine Außenseiterrolle eingenommen."
Was Jan Wiele von der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG dann doch etwas eigenartig vorkommt: "Manchmal wirkt das in der ersten Folge ‚Outsiders‘ wie ein kurioser Überbietungswettbewerb zwischen zwei weltberühmten Persönlichkeiten, wer irgendwann früher der größere Außenseiter war."
Und so empfiehlt Wiele eine einfache Alternative: "Ohnehin ist es nicht nur effizienter, sondern auch angenehmer, sich einen Springsteen-Song oder eine Obama-Rede anzuhören als deren Nacherzählungen und Exegesen in acht Stunden Podcast."
Mehr zum Thema