Aus den Feuilletons

Der Whistleblower als Wissensvermehrer

In den Feuilletons wird die Edward Snowden zugedachte Ehrendoktorwürde diskutiert. Weitere Themen: Warum Klassikkonzerte in Konventionen erstarren und warum man den Berlinale-Chef nicht nach dem Star-Aufkommen anspricht.
Falls Sie sich ungern unter Ihrem Niveau amüsieren, liebe Hörer, sollten Sie jetzt aufmerksam weghören. Denn in der Tageszeitung DIE WELT bespricht Ulf Poschardt das Bändchen "Was ist grün und steht vor der Tür? Ein Klopfsalat", das im Eichborn Verlag erschienen ist und besonders flache Flachwitze versammelt.
Einige davon stellt Poschardt vor. Etwa diesen:
"Treffen sich zwei Kerzen. Sagt die eine: 'Was machst du heute Abend?' Darauf die andere: 'Ich gehe aus.'"
Und diesen hier:
"Wohin fliegt ein schwuler Adler? Zu seinem Horst."
Ulf Poschardts Analyse:
"Miese Witze sind Spielverderber. Wer miese Witze erzählt, will nicht geistreich sein. Er will keinen sozialen Konsens über das gemeinsame Lächeln erzeugen, er will nicht so tun, als wäre alles gut. Miese Witze verweigern die Aura des Beschwingten. Kick and rush, Sex ohne Vorspiel, Vollgas bei kaltem Motor."
Mangelnder Nachwuchs bei Klassikkonzerten
Okay. Vom Flachwitz zur Hochkultur.
"Warum meidet das junge Publikum Klassikkonzerte?", fragt sich die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG.
Reinhard Brembeck zieht zur Beantwortung eine Studie heran, die von der Körber-Stiftung in Auftrag gegeben wurde, erwähnt aber auch eigene Konzerterfahrungen – speziell in München.
"Das hier versammelte Publikum war schon vor 30 Jahren nicht jünger, als es heute ist. Alles erinnert an eine Monokultur. Hier findet sich das gehobene Bürgertum mit seinem einfallslosen Dresscode ein, das verschnupft auf Außenseiter reagiert und mit den immer gleichen Ritualen den immer gleichen Stücken in hagiographischer Andacht folgt. Im Vergleich damit geht es in einem Altenheim wie auf einer Partymeile zu."
Folgt man SZ-Autor Brembeck, liegt die Zukunft des Betriebs in der Nachahmung seiner Vergangenheit.
"Im 19. Jahrhundert waren Kraut- und Rübenkonzerte üblich, man klatschte nach Einzelsätzen und in diese hinein, man schwätzte und war primär am Neuen interessiert, weniger am Aufwärmen des Altbekannten. Da war die Konzertkultur noch lebendig, vibrierend, topaktuell. Und vermutlich wird die Jugend die Konzerte erst dann stürmen, wenn sich die Klassik dieses verloren gegangene Leben zurückerobert."
Und nun - ins Kino.
Stars in Berlin
Die BERLINER ZEITUNG kommt im Gespräch mit Berlinale-Direktor Dieter Kosslick auf Wes Andersons "Grand Hotel Budapest" zu sprechen, den Eröffnungsfilm des diesjährigen Festivals. Weil darin – und das ist wirklich allerhand! – Ralph Fiennes, Bill Murray, Tilda Swinton, Adrien Brody, Edward Norton, Willem Defoe und Owen Wilson mitspielen, fragt Anke Westphal so aufgeregt wie eine Boulevard-Klatschtante:
"Werden die alle über den roten Teppich vor dem Berlinale-Palast am Potsdamer Platz laufen?"
Antwort Kosslick:
"Das ist die Killerfrage, die man als Festivaldirektor nicht beantworten sollte. Aber ich sage voller Inbrunst: Ich glaube ja! Und wenn Bill Murray kommt, hat wirklich alles geklappt. Murray zur Berlinale zu locken, ist nämlich eine Lebensaufgabe."

Ehrendoktorwürde für Edward Snowden
Ob der Whistleblower Edward Snowden eines Tages nach Rostock kommt, das weiß man noch nicht. Sicher ist indessen, dass ihn die dortige Universität zum Ehrendoktor machen will ...
Was Gesa Mackenthun von der federführenden Philosophischen Fakultät in der TAGESZEITUNG so begründet:
"Snowden hebt sich von allen vorherigen Whistleblowern ab. Er hat eine Methode und Strategie entwickelt, wie er das Material präsentiert. Herauszuheben ist zum Beispiel die verantwortungsvolle Auswahl der Journalisten, mit denen er kooperiert. Er hat das Material auch vorsortiert und kommentiert. Das entspricht einer wissenschaftlichen Textedition. Die Relevanz dieser Enthüllungen für die Wissenschaft ist enorm."
Nicht anders sieht das die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG:
"Die Ehrendoktorwürde würde Snowdens Beitrag symbolisch dort situieren, wo er anzusiedeln ist: in der Sphäre der Produktion wirkungsmächtigen Wissens. Snowden hat mit seinem Wissen einen Paradigmenwechsel in Gang gesetzt."
Sollte Ihnen unsere heutige Artikelauswahl nicht gefallen haben, liebe Hörer, dann blättern Sie doch bitte selbst! Wir können Ihnen mit einer SZ-Überschrift garantieren:
"Es findet sich etwas für jeden Geschmack."