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Der Trend geht zum dicken Buch

Die Buchmesse in Leipzig zeigt es: Zunehmend kommen Bücher im XXL-Format daher mit mehr als 1000 Seiten. Ein gutes Geschäft für den Leser - viele Seiten für dasselbe Geld - ein schlechtes für den Buchhändler, sieht er doch seinen Kunden danach wochenlang nicht wieder. Sind dicke Bücher besser? Oder wurde da am Lektorat gespart?
Den "Dicken von Leipzig" widmet sich der TAGESSPIEGEL, bei den diesjährigen Neuerscheinungen gibt es nämlich einen klaren Trend zum XXL-Format, zum Buch mit mehr als tausend Seiten. "Die Dicken" taugen auch zum Sportgerät, wer sie hebt und stemmt, bleibt fit – aber lesen?
"Vielleicht sind dicke Bücher nicht trotz, sondern wegen ihres Umfangs so erfolgreich. Der Literaturfreund von heute ist schließlich Harry-Potter-gestählt, J.K. Rowlings Fans können 500 Seiten nicht schrecken", meint Susanne Kippenberger, die offen lässt, wieviel Neuerscheinungen und wieviel Harry Potter sie schon gewuppt hat.
Dem Trend frönen jedenfalls auch Großschriftsteller, T.C. Boyle, Zsuzsa Bánk und Juli Zeh sind mit vielen Seiten dabei, und Paul Auster bietet gar 1264 für 29,95 Euro. Das ist für den Leser doch auch ein gutes Geschäft. Für die Buchhändler nicht unbedingt, "dann sehe ich den Kunden drei, vier Wochen nicht wieder", klagt einer dem TAGESSPIEGEL.
Verleger Heinrich von Berenberg aber ist überzeugt: "In jedem dicken Buch steckt ein dünnes, das schreit: Ich will raus!" und mancher Schmöker kommt wohl auch deshalb so übergewichtig daher, weil die Verlage am Lektorat sparen - aber möchten wir wirklich Thomas Mann oder Dostojewski mundgerecht abgespeckt? Eben! Versuch macht kluch, sagt man im Norden, welcher Wälzer sich lohnt und welcher nur das Regal zumüllt, das muss eben jeder immer wieder neu für sich herausfinden. Die Leipziger Buchmesse bietet dazu allerhand Gelegenheit.
Der Methusalem der deutschen Literatur feiert Geburtstag
Bilder sind fixer in den Blick zu nehmen, sie lassen sich dünn zusammenrollen und sind ganz gut zu verstecken, wenn man sie klaut. Amsterdam feiert die Rückkehr zweier Gemälde von van Gogh, die 2002 bei einem spektakulären Kunstraub gestohlen wurden. Die FRANKFURTER ALLGEMEINE erzählt - "mit besten Grüßen von der Camorra" - von abenteuerlichen Wegen der beiden van Goghs quer durch Mafiakreise, die sich mit Kunst offenbar beinahe so gut auskennen wie mit Kokainschmuggel und Kidnapping. Wenn man denn dem Ganoven Glauben will, der den entscheidenden Tipp zum Versteck der Raubkunst gab – um die gegen ihn ermittelnden Behörden gnädig zu stimmen.
Rodins Skulpturen sind wohl sicherer als van Goghs Gemälde, einfach zu schwer, um sie mal eben weg zu schleppen. Die ZEIT erinnert an den Bildhauer, der vor 100 Jahren starb. Für Hanno Rauterberg, sind die "muskelbepackten", "innerlich vibrierenden" Rodin-Männer bis heute modern, der Denker etwa – Rodins wohl berühmteste Skulptur – "will eigentlich nicht denken, er will ganz dringend zur Tat schreiten", beobachtet die ZEIT, und damit träte uns "genau jene tollkühne Ratlosigkeit entgegen, die Rodins Kunst oft ausmacht. In gewissem Sinne ist es die Ratlosigkeit des frühen 21. Jahrhunderts, das vollgepumpt wird mit Bedeutsamkeiten, ohne das recht zu erkennen wäre, worauf sie gründen und wohin sie führen". Knappes Fazit von Hanno Rauterberg über die Kunst des Bildhauers, dem derzeit sowohl das Grand Palais in Paris als auch die Bremer Kunsthalle Ausstellungen widmen: "Außen nackt, innen auch".
90. Geburtstag feiert dieser Tage der Methusalem der deutschsprachigen Literatur, Martin Walser, wahrscheinlich haben sich alle Zeitungen bemüht, ein Interview mit ihm zu führen, die ZEIT und die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG können damit aufwarten.
"Das Schönste, Walsers alemannischer Singsang, lässt sich auf Zeitungspapier leider nicht wiedergeben", stapelt die ZEIT tief, also gleich weiter zu den Kollegen der NZZ, die den Jubilar mit dem ersten Satz seines letzten Buches begrüßen – "Mir geht es ein bisschen zu gut" – und dann den beinahe 90-jährigen Martin Walser fragen, ob er ein Glückskind sei. Protest: "Diese Frage ist jenseits der Verständlichkeit für mich, ich weiß gar nicht, was das ist." Aber was Glück sein könnte, darüber hat Martin Walser in seinem langen Schriftstellerleben immer wieder nachgedacht. Glückwunsch!