Aus den Feuilletons

Cowboyliebe auf der Bühne

Die Opernfassung des Liebesdramas "Brokeback Mountain" um zwei schwule Cowboys ist am 28.01.2014 in Madrid mit Beifall aufgenommen worden. Die beiden Hauptdarsteller, der US-Tenor Tom Randle (v.) und der kanadische Bassbariton Daniel Okulitch in der Opernfassung von "Brokeback Mountain"
Die beiden Hauptdarsteller des Liebesdramas "Brokeback Mountain" in Madrid. © EPA/KIKO HUESCA
Von Gregor Sander · 29.01.2014
Die "Welt" und die "FAZ" berichten über die Operninszenierung von "Brokeback Mountain", der als Kinofilm bekannten Liebesgeschichte zwischen zwei Cowboys. Und die "Zeit" sprach mit der Pop-Sängerin Judith Holofernes.
"Die Judith macht nicht auf Hochglanz. Die Judith erzählt aus dem Alltag."
So beschreibt Thomas Gross in der Wochenzeitung DIE ZEIT sein Treffen mit der Sängerin Judith Holofernes. Die Frontfrau der Band "Wir sind Helden" hatte eine dreijährige Pause eingelegt und ist nun mit einem Soloalbum zurückgekehrt.
"Es ist ein angenehm selbst gebasteltes Werk geworden, ihr erstes Soloalbum, spontan im Angang, grundiert von den Themen, die sie in ihrem Sabbatical beschäftigt haben. 'Nichtsnutz' feiert die Freuden eines pflichtfrei vergammelten Tags. 'Danke, ich hab schon' ist eine munter voranpreschende Konsumverzichtshymne wie aus alten Helden-Tagen. 'Ein leichtes Schwert', der Titelsong, gibt der Hoffnung Ausdruck, exakt gesetzte Schläge mögen im Leben zielführender sein als tumbe Kraftakte."
Bei Apfelsaftschorle und Sojamilchtee habe man sich in Berlin-Kreuzberg gut unterhalten, teilt Thomas Gross mit und schwärmt:
"Ihre Fähigkeit, das Private politisch zu interpretieren, hat sie zu einer begehrten Spezialistin für Zeitgeistfragen erhoben. Ob es um Magersucht, Ökostrom oder den Handel mit der Dritten Welt geht - fragen Sie Frau Holofernes!"
"Brokeback Mountain" auf der Opernbühne
Das machen wir nicht und blättern lieber in der Tageszeitung DIE WELT, in der Manuel Brug von einer Opernuraufführung in Madrid berichtet, denn dort...
"...wurde eine der berühmtesten schwulen Liebesgeschichten unserer Zeit vertont: Annie Proulx' 1997 erstmals im 'New Yorker' erschienene, 2005 von Ang Lee verfilmte Short Story 'Brokeback Mountain'. Und am Ende der am Madrider Teatro Real uraufgeführten Oper von Charles Wuorinen (Wohrennen), zu der Proulx selbst das Libretto kondensiert hat, steht wieder ein verzweifelter Mann, der Cowboy Ennis, allein da auf einer schwarzen, leeren Szene und singt sich sein Unglück von der Seele: weil Jack gestorben ist, ebenfalls Cowboy und seine große Liebe."
Nur leider funktioniere diese Opernfassung nicht, meint Brug:
"Der pflichtschuldige Applaus offenbarte: Im liberalen Madrid vermochte 'Brokeback Mountain' als Musiktheater kein Herz zu rühren, kein Auge feucht werden zu lassen."
Das sieht Eleonore Büning in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG aber ganz anders. Für sie kommt Regisseur Ivo van Hove den Figuren näher als der Hollywoodfilm:
"Atemraubend zu beobachten, wie in diesem Ambiente der warm timbrierte, dunkle Bariton Daniel Okulitch (als Ennis del Mar) sich vom großen Schweiger zum in Jähzorn Verzweifelnden verwandelt. Auch das Rollenporträt des Jack (von dem hell leuchtenden Tenor Tom Randle), aufblühend in kurzem Glück, ist eine großartige Leistung. Das Beste aber geschieht kurz vor Schluss: Wie da Jane Henschel als kleingeschrumpfte, alte Mutter von Jack, als Einzige, die alles versteht und begreift, ihre wenigen weisen Worte verströmt in einem schwarz gewordenen Guckkasten: Das ist dann plötzlich doch wieder ganz großes Kino."
Emanzipation in deutschen Kulturorchestern
Ein altes Lied singt Frederik Hanssen im Berliner TAGESSPIEGEL:
"Derzeit ist der Altersbaum der deutschen Kulturorchester noch eine ziemlich windschiefe Tanne: Linkerhand, wo die Statistik die männlichen Mitglieder verzeichnet, wachsen die Äste weit in den Himmel hinauf, rechterhand sind die Spitzen dagegen dünn und spirrelig. Rentnerinnen gibt es unter den ehemaligen Mitgliedern der Profiklangkörper kaum."
Wer dieser Statistik nicht glauben will, dem erklärt es Hanssen am konkreten Beispiel:
"Bei den Wiener Philharmonikern musste gar das Jahr 1997 ins Land gehen, ehe sie ihren Männerbund aufbrachen und eine Harfenistin engagierten."
Doch das ändere sich nun. Rund 30 Prozent Frauen sitzen inzwischen in Deutschen Orchestern am Notenpult. Tendenz steigend. "Klingt gut - nur woran liegt's?",fragt Frederik Hanssen im "Tagesspiegel":
"'Das hat wohl mit Fleiß zu tun', mutmaßen die beiden Chefs der Orchestergewerkschaft. Mädchen übten konsequenter, zeigten sich auch unter den Bedingungen der Lehrstoffverdichtung in den verkürzten schulischen wie universitären Ausbildungen stressresistenter, kurz, seien einfach strenger mit sich selber."