Abschied vom Buch aus Papier
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Nur der Inhalt von Büchern zähle, schreibt der Schriftsteller Malte Herwig in der "NZZ" und bekennt, dass seine Bibliothek nur noch digital ist. In der "Zeit" beschwört Rockveteran Neil Young dagegen das verlorengegangene Analogzeitalter.
"Es gibt wenig Schöneres, als in die Seiten eines Buches zu greifen." So stimmt uns die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG auf das Thema des Tages ein: das Buch und seine Messe in Frankfurt am Main.
In Frankfurt? - Ach was:
"Im ICE mit Kronprinzessin Mette-Marit, Prinz Haakon und 19 norwegischen Autorinnen und Autoren", nimmt uns die Tageszeitung TAZ mit auf den Weg an den Main, am Wochenende.
"Es ist der 'Literaturzug' von Köln nach Frankfurt, in dem wir in gemächlichem Tempo den Rhein entlangrollen", beschreibt Jens Uthoff: "Eine Idee Mette-Marits höchstpersönlich, die literaturbegeisterte Königstochter gründete 2014 in ihrem Heimatland den 'Litteraturtoget', eine Art Lesestube auf Schienen. Auch in der Osloer U-Bahn hat sie schon Lesungen organisiert."
Es lebe die parlamentarische Monarchie!
"Prinz Haakon ist nett, wie eigentlich alle Norweger hier. Dann ist die Zeit rum, jetzt werden Fischhäppchen und Brötchen gereicht."
Sonntagsredenatmosphäre in Frankfurt
Und damit zur Messeeröffnung.
"Selbstlob einer verunsicherten Szene", notiert die Tageszeitung DIE WELT. "Es herrschte die wohlige Sonntagsredenatmosphäre", klagte Richard Kämmerlings, "in der die Übel der Welt zwar stets benannt und beklagt werden, aber in jener vorausgesetzten Harmonie einer per se gutwilligen Buchwelt praktischerweise einem imaginären, illiteraten, kulturlosen Draußen zugeschrieben werden können".
Uff, können wir da nur sagen – und blicken lieber wieder fasziniert auf Mette-Marit, die der Berliner TAGESSPIEGEL angemessen würdigt.
"Ein sehr schöner Moment war es, als die Kronprinzessin in ihrem glamourös-schlichten blauen Kleid ein Gedicht des 1994 verstorbenen norwegischen Dichters Olaf H. Hauge vortrug, dem das diesjährige Gastland der Messe sein Motto 'Der Traum in uns' entnommen hatte."
Und was ist mit dem Buch in uns?
Zählt nur der Inhalt?
"Ich brauche keine Bücherwände mehr", lesen wir in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG. "Mit den Zeiten ändern sich auch die Räume, in denen wir leben und arbeiten", teilt uns der Schriftsteller Malte Herwig mit, in dessen Bücherwänden einst tausende von Bänden standen, angesammelt "im Laufe von Schule, Studium und Beruf".
Das war einmal: tempi passati – libri passati.
"Was Bücher angeht, habe ich unauslöschliche Schuld auf mich geladen. Ich habe Tausende entleibt, vernichtet, weggeworfen, seit ich vor sieben Jahren damit begann, meine Bücher zu digitalisieren."
Das erleichtert natürlich Umzüge, bringt für Malte Herwig aber auch noch andere Vorteile mit sich: "Das Gefäß ist mir egal, für mich zählt der Inhalt, den ich als digitalisierten Volltext leichter erschließen, vernetzen und fruchtbar machen kann. Vor allem unterwegs erweist sich meine digitale Bibliothek als unschätzbar, denn sie lässt mich unbeschwert reisen und forschen."
Wir Freunde des gedruckten Buches, die wir jedes bücherne Gefäß individuell in Händen halten müssen, sind jetzt mal ganz tolerant.
Musik, wie sie gehört werden sollte
"Die digitale Revolution hat alles verändert", steht in der Wochenzeitung DIE ZEIT. "Wer alt genug ist, dass er Alben in den Siebzigern oder Achtzigern gehört hat, weiß, was verloren gegangen ist", sagt im Interview der Rock-Veteran Neil Young.
"Ich höre Musik noch so, wie sie gehört werden sollte, nämlich mit einer angemessenen Ausstattung."
Wir Freunde der kleinen digitalen Musikspeicher, die wir den Gesamtaufnahmen von Beethoven, Bach und Mozart in jeder U-Bahn mit unseren Kopfhörern lauschen können, sind jetzt mal ganz tolerant bei Neil Young: "Wenn man sich allerdings Musik auf dem Computer anhört, dann lauscht man nur noch Schrott."