Aus den Feuilletons

007 jagt Dr. No

04:22 Minuten
Sean Connery als 007 überreicht Eunice Gaysson als Sylvia in dem britischen Film "James Bond - 007 jagt Dr. No" Casino-Chips.
1962 kam der erste von insgesamt 25 James-Bond-Filmen in die Kinos. 2020 läuft "Keine Zeit zu sterben" an. © dpa - Bildarchiv
Von Paul Stänner · 11.12.2019
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"Aus der peitschenden Geliebten wurde eine brave Ehefrau", lesen wir in der "Süddeutschen Zeitung" über Ian Flemmings Partnerin Anne. Und weil ihn fortan die Ehe so sehr langweilte, habe er die titanische Popfigur James Bond erfunden, heißt es.
In den Feuilletons vom 12.12. geht es, gleichsam die Schnapszahl würdigend, sehr lustig zu. Die TAZ bespricht das derzeit letzte Album des 2016 verstorbenen Leonard Cohen, herausgebracht von dessen Sohn Adam. Um es kurz zu machen – es ist ein knackiger Verriss, enthält aber viele lustige Formulierungen. Geht es um das letzte, von Leonard selbst gemischte Album, textet der Kritiker:
"Musikalisch bleibt es halbwegs pietätvoll, nekrophiler Edelkitsch und souveräne Todesverachtung halten sich die Waage." Zum Gedenkalbum des Sohnes dagegen heißt es, es habe bei der Produktion der "bullshit detector" gefehlt, also habe man "Geschmacksverstärker großzügig gestreut". Dann stellt der TAZ-Mann die grundsätzliche Frage zu diesem Album: "Wer ergötzt sich aus welchen Gründen an Nippeln, die sich hinter feinen Stickereien aufrichten wie Brot?" Zum Beweis werden diese Textzeilen aus dem englischen Original zitiert. Nippel wie Brot – das ist auch für Freunde des abartigen Humors ein verstörendes Bild.

Von der peitschenden Geliebten zur braven Ehefrau

Die SÜDDEUTSCHE fragt, ob er sie oder sie ihn gepeitscht habe? Die Rede ist von Ian Flemming, dem James-Bond-Erfinder, und seiner Sadomaso-Geliebten Anne. Deren Briefe wurden eben teuer versteigert, nämlich "356.000 Euro für 500 Seiten aufgepeitschte Literatur." Dann gibt es noch unterhaltsam Geschriebenes aus der Biografie, nämlich dass Ian Flemming unglücklich wurde, als "aus der peitschenden Geliebten eine brave Ehefrau wurde". Also habe er die "titanische Popfigur des James Bond vor allem deshalb erfunden, weil er sich erstens in seiner Ehe langweilte; und zweitens, weil er seiner an vermögende Verhältnisse gewöhnten Frau ein artgerechtes Habitat schaffen wollte. Man muss dem lustigen Schicksal dankbar sein dafür", schreibt die SZ und wir stimmen zu.
In Stockholm wurde der Literaturnobelpreis dem notorischen Völkermord-Leugner Peter Handke verliehen. Der TAGESSPIEGEL erwähnt, dass der serbische Präsident Handke würdigte, weil er "unübertroffene moralische Qualitäten" habe und dass die Serben diesen Nobelpreis "als von uns gewonnen" ansehen würden, was den Preis quasi zur Massenware macht.

Ein Handke ohne Meinung?

Die WELT erstellt ein "Psychogramm der Kritik" und geht mit den Handke-Gegnern ins Gericht. "Die moralischen Richter des Guten und Vorzüglichsten haben Peter Handke für schuldig erklärt", heißt es. Aber solches würde das Opfer nicht berühren, denn: "Meinung zählt. Und die hasst Handke. Wie Hunde. Wie Journalisten." Ein Handke ohne Meinung – hat die Kollegin noch nie ein Interview mit ihm gelesen? Oder versucht sie, einen Witz zu machen?
Die FAZ liefert einen hübschen Erlebnisbericht à la "Meine schönste Ferienfahrt nach Stockholm", und zitiert Handkes lustig-wirren Satz, inspiriert von den Wildgänsen aus Selma Lagerlöfs Roman: "Wild geese forever, strawberry fields forever, wild strawberries forever!" Was - denken wir - wohl so zu deuten ist, dass Handke sich als ein nicht zu verstehender, allenfalls zu erahnender Dichter inszeniert, dessen Worte nicht wörtlich genommen werden dürfen, die über Serbien schon gar nicht – das ist nicht einmal unfreiwillig lustig, das ist nur gespenstisch.

Campino schwört auf die Queen

Lustig dagegen ist, dass ausgerechnet jetzt, wo so viele Briten versuchen, einen europäischen Pass zu bekommen, Campino von den Toten Hosen einen britischen bekommen hat. Es sei eine Freude und Ehre für ihn gewesen, den Eid auf die Queen zu schwören, sagt er und erwähnt, dass er Fan der Queen war, noch bevor er Punk wurde. Nachdenklich wird er, als die Sprache auf den Brexit kommt: "Wer weiß, vielleicht wird Großbritannien am Ende besser aufgestellt sein als jene Länder, die weiterhin an etwas festhalten, was in der gegenwärtigen Form der EU große Überlebensprobleme hat." An dieser Stelle ist Schluss mit lustig!
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