Aufstieg und Fall eines Kaisers

Caligula ist die Tragödie des Kampfes um unumschränkte Macht. In einer Bilderfolge werden die Stationen dieser sich zum Größenwahn auswachsenden Obsession gezeigt. Immer mehr isoliert sich der Kaiser, bis er erkennt, dass die Welt keine Bedeutung besitzt. Gerade dieses Wissen ist der Weg in die Freiheit. Auf dem Höhepunkt seiner Tyrannei wird Caligula vom Hofstaat ermordet.
Albert Camus’ gleichnamiges Schauspiel ist Grundlage der Oper, in diesem wird die Absurdität des Daseins beschrieben – die Welt kennt Wahrheit nur als eine sich stets wandelnde fiktive Größe, in Wirklichkeit aber ist sie ohne jede wirkliche Bedeutung.
Caligula ist das Porträt eines Despoten, der dem Traum von Wahrheit nicht mehr folgen will, ein Mann aber auch, der aus Treue zu sich und zu dieser Erkenntnis den Menschen untreu wird. Nach dem Tod seiner im Inzest geliebten Schwester stellt er fest: „Die Menschen sterben und sie sind nicht glücklich!“ Diese Sätze des Kaisers sind eine Art Leitmotiv, ziehen sich durch alle vier Akte. Am Schluss der Oper ruft er aus: „Noch lebe ich!“ – dann treffen ihn die Dolchstöße der Verschwörer. Caligula erkennt zu spät, dass kein Mensch sich allein zu retten vermag.
Glanert dringt musikalisch in den Leib und das Gehirn der Titelfigur tief ein, zeichnet Atmung, Puls und Erregungskurven nach, zieht den Zuhörer in dessen Wahrnehmungsstrom hinein. Die Musik zu Caligula entsteht aus seinem Inneren – Chemie und Seele, Gefühl und Kontraktion, Kreislauf und Gedanke. Alles Äußere, die ganze Welt wird durch sein imaginäres Ohr gesehen und geschmeckt, sein Gehirn scheint zu klingen.


Live aus der Oper Frankfurt

Detlev Glanert
„Caligula“, Oper in vier Akten
Libretto: Hans-Ulrich Treichel, frei nach Albert Camus


Caligula – Ashley Holland
Caesonia – Michaela Schuster
Helicon – Martin Wölfel
Cherea – Gregory Frank
Scipio – Jurgita Adamonyte
Mucius – Hans-Jürgen Lazar
Merea, Lepidus – Dietrich Volle
Livia – Barbara Zechmeister

Opernchor Frankfurt
Frankfurter Museumsorchester
Leitung: Markus Stenz


ca. 20:40 Uhr Konzertpause mit Nachrichten