Beispiel FC Gütersloh
Der FC Gütersloh (in den grünen Trikots) spielt in der kommenden Saison in der Regionaliga (hier eine Szene aus dem Testspiel gegen den SC Verl). © Imago / Jens Dünhölt
Wie Vereine mit einem Aufstieg umgehen
06:26 Minuten
Was verbindet Heribert Bruchhagen, Oliver Ruhnert und Michael Henke? Sie alle waren beim FC Gütersloh. Der Verein ist wieder in der Regionalliga - und muss, wie andere Klubs auch, Erinnerungen an alte Zeiten mit der Realität in Einklang bringen.
27 lange Jahre hat es gedauert, bis man beim FC Gütersloh wieder einen Aufstieg feiern konnte. Nun ging es von der Oberliga hoch in die viertklassige Regionalliga.
Das Stadion sieht aus wie in den 90er-Jahren
Manch einer der 2700 Zuschauer beim entscheidenden Heimspiel gegen Lotte im Mai mag von alten Zweitliga-Zeiten Ende der 90er-Jahre geträumt haben. Denn das Heidewaldstadion steht schließlich noch nahezu genauso da wie damals.
Was dem Verein bei der Lizenzierung entgegenkommt, sagt Vorstand Helmut Delker: „Wenn man in den 70er-Jahren zweite Liga gespielt hat, dann ist das sicherlich schwierig. Der FC Gütersloh hat in den 90er-Jahren zuletzt zweite Bundesliga gespielt, das ist nicht ganz so lange her. Zwar auch lange, aber nicht ganz so lange. Das reicht dann schon. Da hat man dann schon sehr gute Chancen - und deswegen war das bei uns kein ganz großes Thema.“
Sicherheitsaspekte für Lizenzierung wichtig
Hinsichtlich der Lizenzierung für die Regionalliga kommt es beim Stadion vor allem auf Sicherheitsaspekte an. Gibt es Blocktrennung, eigene Zugänge für Gästefans und sind diese Bereiche auch gepflastert?
Letzteres ist nicht selbstverständlich.
Ligakonkurrent 1.FC Bocholt etwa muss in diesem Bereich nachbessern. Die Erdwälle im Stadion „Am Hünting“, auf denen man zu seligen Zweitligazeiten Anfang der 80er-Jahre stand, sind passé. Der Verein arbeitet an einer Lösung, hat daher auch die Lizenz erhalten.
Ausweichstadien nur für bestimmte Spiele sieht der Westdeutsche Fußballverband nicht mehr vor. Das 110 Kilometer entfernte Lotte war im Gespräch.
In Bocholt hat man im Zuge des Stadionumbaus dessen Kapazität reduziert. Denn auch das ist Regionalliga: gemessen am heutigen Zuspruch überdimensionierte Stadien mit jedoch der erforderlichen Infrastruktur.
Spiele oft vor halbleeren Rängen
Allzu oft heißt das: Kicken vor halbleeren Rängen, die Zuschauer verlieren sich - auch die im Schnitt Zehntausend in Aachen, wo der Tivoli Platz für 30.000 Zuschauer bietet. Anderen Vereinen geht es ähnlich, etwa in Ahlen, Kassel oder Homburg.
Nicht nur beim FC Gütersloh versucht man, das Beste draus zu machen.
Wir präsentieren neuen Spielern, die wir verpflichten wollen, das Stadion. Wir präsentieren das unseren Sponsoren. Und auch in der Zeit, als es dem FCG schlecht ging, war das Stadion, schon auch Merkmal der Identität des Vereins. Also, das Stadion spielt bei uns schon eine ganz wichtige Rolle, hilft uns auch. Aber natürlich, klar, es kostet Geld - und auf Dauer wird man natürlich auch investieren müssen, vermutlich.
Die Regionalliga-Staffeln im Westen und im Südwesten wurden während der Corona-Pandemie zu Profifußball-Ligen erklärt. Durften deshalb auch mit dem Spielbetrieb weitermachen.
Verband fordert mehr Professionalität der Klubs
Nun verlangt der Westdeutsche Fußballverband mehr Professionalität von den Vereinen. Dazu gehören auch Presseplätze mit Internetzugang sowie Tribünen, bei denen keine Stützpfeiler die Kamerasicht stören.
Der Aufstieg in die Regionalliga ist für manch einen Verein ein Quantensprung, in Gütersloh haben sie im Wortsinn vorgebaut.
„Wir refinanzieren das natürlich über unsere Sponsoren in erster Linie. Wir haben schon vor Jahren ein Vereinsheim gebaut, das Hagedorn's im Heidewald, das nutzen wir als VIP-Raum. Wir werden mit einer LED-Bande in die neue Saison gehen, das ist natürlich auch ein gutes Argument für die Sponsoren. Und wir sind froh, dass nach dem Aufstieg unsere Sponsoren bereit sind, mehr Unterstützung zu geben.“
Der Aufstieg als Abenteuer
Der Aufstieg stellt für alle Ebenen eines Vereins ein Abenteuer dar. Auch deshalb verzichten alljährlich Oberligameister auf die Teilnahme an der nächsthöheren Klasse - mangels Geld oder Infrastruktur, der Sport steht dann hinten an.
Einer der Vorjahresaufsteiger im Westen, der 1. FC Kaan-Marienborn, hatte vorwiegend in die Mannschaft investiert und Spiele mit großem Zuschaueraufkommen beim Stadtrivalen in Siegen ausgetragen.
Investieren in Steine oder Beine?
Zur neuen Saison hätte man komplett dorthin umziehen müssen. Also zog der letztjährige Tabellenfünfte die Konsequenzen, meldete seine Mannschaft ab und startet nun in der Kreisliga C. Ganz unten. Man habe die sportliche Heimat nicht aufgeben können, so der erste Vorsitzende Florian Leipold, der fragte, ob eine Tribünen-Überdachung wichtiger sei als ansehnlicher Fußball.
Wie aber macht man es richtig? Investieren in Steine oder Beine? Zeitgleich oder nacheinander?
Helmut Delker vom FC Gütersloh: „Ja, ich denke schon, Steine und Beine. Anders geht es nicht. Das geht nicht alles von heute auf morgen. Man muss schon bereit sein, auch in das Stadion zu investieren, um da das Stadion Stück für Stück wieder auf den neuesten Stand zu bringen. Wenn man das nicht kann, dann wird es schwierig auf Dauer mit den sportlichen Zielen, zumindest wenn man eine höhere Liga anstrebt.“
Ein Etat von 1,8 Millionen Euro
Dieses Thema dürfte auch beim FC Gütersloh unter den Fans ganz sicherlich schneller diskutiert werden als bei den Verantwortlichen. Für die ist es bislang nur Theorie, aber die hat man schon verinnerlicht für den Fall, dass die Mannschaft und Trainer Julian Hesse den eigenen Vorstand sportlich überraschen sollten.
Denn der Etat von 1,8 Millionen deutet eher auf einen Platz im gesicherten Mittelfeld hin, weit weg von der 3. Liga.
„Das wäre sicherlich für den FC Gütersloh ein richtig großer Sprung, auch für unser Stadion. Die Tribüne wäre zu klein, wir bräuchten eine Rasenheizung und verschiedene Dinge mehr. Da reden wir schon über einen großen Betrag, der da investiert werden müsste von der Stadt Gütersloh, sicherlich auch vom Verein. Natürlich müsste dann auch geklärt werden, ob das überhaupt möglich ist an dem Standort. Aber wie gesagt, die Frage stellt sich jetzt auch nicht. Wir sind froh, dass wir es geschafft haben und endlich in der Regionalliga spielen dürfen.“