Aufräumen mit Vorurteilen

Literaturkritikerin Sigrid Löffler im Gespräch · 12.09.2012
Der Deutsche Buchpreis geht in die heiße Phase. Sechs Bücher hat die Jury am Mittwoch in Frankfurt benannt, die den begehrten Preis unter sich ausmachen werden. Wie Sigrid Löffler meint, bietet die Shortlist nicht nur einige Überraschungen, sondern räumt auch mit weit verbreiteten Vorurteilen auf.
Unter der Leitung von Andreas Isenschmid von der "Neuen Zürcher Zeitung" hat die Jury des Deutschen Buchpreises sechs Bücher in die engere Wahl genommen, herausdestilliert aus der 20 Werke umfassenden Longlist. Diese wiederum speiste sich aus einer noch längeren Liste von 162 Titeln, die sich um den Deutschen Buchpreis beworben hatten.

Aus Sicht von Sigrid Löffler räumt die diesjährige Shortlist mit drei weit verbreiteten Vorurteilen auf. Zum einen heiße es immer, dass Frühjahrsbücher auf der im Herbst veröffentlichten Liste keine Chance hätten - dies werde durch Ernst Augustin und Wofgang Herrndorf widerlegt. Das zweite Vorurteil laute, dass die zweiten Bücher erfolgreicher Debütanten auf der Shortlist nicht auftauchen würden - was durch die Romane von Stephan Thome und Ursula Krechel entkräftet werde. Außerdem, so Löffler, zeige die Shortlist 2012, dass es dem Buchpreis nicht immer nur um den "leicht lesbaren Publikumsroman" gehe. In diesem Jahr seien alle sechs Titel sehr anspruchsvoll, zum Teil sogar recht avanciert.

Dass drei der sechs Finalisten im Suhrkamp-Verlag erschienen sind, hat für die renommierte Literaturkritikerin keinen negativen Beigeschmack:

"In erster Linie schaut doch eine Jury auf die Qualität der Bücher und nicht auf die Verlagshäuser, aus denen diese Bücher kommen. In einem Jahr sind es vielleicht mehrere Bücher von Hanser, in einem anderen ist es der S.Fischer-Verlag, der starke Bücher hat, in diesem Fall ist es Suhrkamp. Und warum sollte man nicht, wenn es drei interessante Autoren mit wichtigen Büchern gibt, nicht drei Suhrkamp-Autoren einmal auf die Shortlist nehmen? Ich sehe darin überhaupt kein Problem."


Das vollständige Gespräch mit Sigrid Löffler können Sie mindestens bis zum 11.03.2013 als MP3-Audio in unserem Audio-on-Demand-Player nachhören.

Und dies sind die sechs für die Shortlist nominierten Bücher:

Ernst Augustin: Robinsons blaues Haus
C.H. Beck, München 2012
319 Seiten, 19,95 Euro

Wolfgang Herrndorf: Sand
Rowohlt, Berlin 2011
480 Seiten, 19,95 Euro

Ursula Krechel: Landgericht
Jung und Jung, Salzburg 2012
480 Seiten, 29,90 Euro

Clemens J. Setz: Indigo
Suhrkamp, Berlin 2012
479 Seiten, 22,95 Euro

Stephan Thome: Fliehkräfte
Suhrkamp, Berlin 2012
474 Seiten, 22,95 Euro

Ulf Erdmann Ziegler: Nichts Weißes
Suhrkamp, Berlin 2012
259 Seiten, 19,95 Euro


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Sigrid Löffler
Sigrid Löffler© AP
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