Auflehnen gegen die Großgrundbesitzer
In Guatemala haben große Konzerne die Landwirtschaft ganzer Regionen auf den Anbau von Ölpalmen und Zuckerrohr umgestellt – Pflanzen zur Gewinnung von Biodiesel und Ethanol. Die Kirche unterstützt die verdrängte Landbevölkerung.
„Mir macht niemand Angst. Gott sagt, dass wir kämpfen müssen, um unsere Kinder zu versorgen. Wenn ich Angst hätte, würde ich ja meine Kinder verraten. Ich werde um ein Stück Land für sie kämpfen, damit sie einen Ort haben, wo sie leben können.“
Der schmächtige Tagelöhner Julio Caál ist Anführer einer Gruppe von Landarbeitern, die im Norden Guatemalas eine Finca besetzt haben. Sie alle haben jahrzehntelang auf dieser Farm gelebt und gearbeitet. Ihnen standen kleine Parzellen zur Verfügung, auf denen sie Grundnahrungsmittel für ihre Familien anbauen konnten. Zudem ernteten sie verschiedene Gemüsesorten, die die Fincabesitzerin auf dem nationalen Markt anbot. Doch dann verkaufte sie das Land an ein großes Unternehmen, das ausschließlich Ölpalmen pflanzen will. Durch diese Monokultur gehen Arbeitsplätze verloren. Die entlassenen Arbeiter wissen nicht, wohin sie gehen sollen.
„Die Leute haben ihr Land verloren, auf dem sie früher Mais und Bohnen angepflanzt haben. In einigen Fällen haben arme Kleinbauern ihre Parzellen verkauft. Aber ohne die Grundlage für ihre Ernährung hat sich die Armut weiter verschärft, das Elend, die Arbeitslosigkeit.“
Der Priester Marco Recinos betreut eine katholische Gemeinde in Tucurú, keine drei Kilometer von der besetzten Finca entfernt. Zu seinen Gemeindegliedern zählen vor allem arme Landarbeiter, Angehörige des Volkes der Maya-Kekchi. Das fruchtbarste Land in Guatemala gehört dagegen wenigen Agrarkonzernen und Großgrundbesitzern, deren Vorfahren aus Europa gekommen sind. Dagegen lehnen sich einige Landarbeiter auf – auch der Junge Dario ist unter den Besetzern der Finca.
„Wir leben mit dem Hunger. Manchmal haben wir keinen Mais, weil wir kein Land haben. Das ist die extreme Armut, in der wir leben.“
Die Besetzer hoffen, dass sie durch ihren Widerstand eine Lösung erzwingen können. Sie wollen auf ihren eigenen, kleinen Parzellen arbeiten, nicht als Tagelöhner für Großgrundbesitzer. Der gesetzlich vorgeschriebene Mindestlohn in Guatemala liegt bei 56 Quetzales, etwa fünf Euro pro Tag. Aber das steht nur auf dem Papier. Einer der Fincabesitzer der Region, der deutlich weniger zahlt, ist Hector Monzón. Er bezeichnet die Landbesetzungen als illegal und hält ein gewaltsames Vorgehen gegen die Besetzer für notwendig.
„Der Staat muss immer den Privatbesitz verteidigen. Deshalb muss der Staat die Invasionen bekämpfen und die Landbesetzer vertreiben.“
Die meisten Großgrundbesitzer argumentieren, die Investitionen der Konzerne würden den Weg zu Fortschritt und Entwicklung ebnen. So sieht es auch der Bürgermeister des Städtchens Panzós, dem urbanen Zentrum der Gegend. Er heißt Edwin Rummler. Sein Großvater ist aus Deutschland nach Guatemala gekommen. Edwin Rummler hält es für seine Aufgabe, großen Konzernen den Weg zu bereiten, damit sie in seinem Wahlkreis investieren.
„Wir bemühen uns um die Investoren, die sich für dieses Gebiet interessieren. Wir unterstützen vor allem Unternehmen, die Ölpalmen anpflanzen wollen und Bergbaufirmen, die Minen betreiben. Sie alle empfangen wir mit offenen Armen, denn wir wissen, dass sie uns Entwicklung bringen.“
Solche Sätze kennt der Priester Marco Recinos nur zu gut.
„Die Arbeitslosigkeit ist ein großes Problem hier. Immer wieder wird gesagt, die Konzerne würden Arbeitsplätze bringen. Es würde Fortschritt geben, als ob ein Paradies entsteht. Aber in Wirklichkeit haben wir jetzt eine Hölle. Es gibt überhaupt keine Arbeit mehr. Alles Lügen. Sie haben gesagt, sie würden das Heil bringen, aber es war die Zerstörung. Die Leute haben ihre Orientierung verloren. Sie fühlen sich verloren und sie haben kein Land mehr, auf dem sie leben können.“
Der Priester nimmt kein Blatt vor den Mund, obwohl auch er selbst schon einige Todesdrohungen bekommen hat.
„Schon immer haben die Großgrundbesitzer Gott dazu benutzt, ihre eigenen Interessen zu verteidigen. Es ist traurig, aber man muss eingestehen, dass es vor allem katholische Geschäftsleute waren, die in dieser Gegend die Bauernführer oder Gewerkschafter ermorden ließen. Sie unterdrücken diejenigen, die ein gerechteres System wollen. Die Täter sind Leute, die zur Messe gehen und das heilige Abendmahl empfangen.“
In Guatemala werden täglich im Schnitt 17 Menschen ermordet. Besonders gefährdet sind Gewerkschafter und Aktivisten der Landarbeiterbewegung. Verbrechen gegen sie werden so gut wie nie aufgeklärt. Pater Marco Recinos meint, historisch betrachtet habe seine Kirche zur Ausbeutung und Unterdrückung der guatemaltekischen Landbevölkerung beigetragen.
„Wir als Kirche sind oft Komplizen gewesen, aus ökonomischen Interessen. Wir haben geschwiegen, um unsere Privilegien zu wahren, obwohl wir wissen, welche Leute hier in Guatemala die Morde in Auftrag geben. Das sind wichtige Geschäftsleute, die sich als Christen bezeichnen und die Bibel unter dem Arm tragen.“
Die Konflikte werden durch die neuen Ölpalmenplantagen weiter angeheizt. So sieht es jedenfalls der Dominikanermönch Luis Miguel Ortero, Leiter des theologischen Zentrums Ak'Kutan in der guatemaltekischen Provinzhauptstadt Cobán.
„In unseren klerikalen Gesprächskreisen haben wir früher nie über dieses Thema gesprochen. Heute ist das anders. Wann immer sich in dieser Gegend Priester treffen, kommt das Thema auf den Tisch. Das Thema der Ölpalmen. Wir unterstützen die ursprünglichen Bewohner dieser Region, die Maya-Kekchi. Sie sind Kleinbauern und haben schon immer Front gemacht gegen die großen Plantagen. Das ist geradezu ein Teil ihrer Kultur. Sie wollen ihr eigenes Land bearbeiten und bezeichnen sich als Kinder der Erde.“
„Deshalb lehnen sie sich gegen die Großgrundbesitzer auf. Deren Haltung hat nichts mit einem religiösen Bewusstsein zu tun, obwohl die meisten von ihnen Katholiken sind. Ihr Argument ist: „business is business“ – Geschäft ist Geschäft. Für sie hat die Religion nichts damit zu tun, als würde sie sich nie mit dem Geschäftsleben kreuzen.“
Der mutige Einsatz einiger Priester hat einen großen Wert für die Landbevölkerung. Viele Tagelöhner fühlen sich von der Kirche unterstützt. Aber das kann nicht darüber hinweg täuschen, dass auch die Kirche wenig in der Hand hat, um die Expansion des Ölpalmenanbaus aufzuhalten.
Der schmächtige Tagelöhner Julio Caál ist Anführer einer Gruppe von Landarbeitern, die im Norden Guatemalas eine Finca besetzt haben. Sie alle haben jahrzehntelang auf dieser Farm gelebt und gearbeitet. Ihnen standen kleine Parzellen zur Verfügung, auf denen sie Grundnahrungsmittel für ihre Familien anbauen konnten. Zudem ernteten sie verschiedene Gemüsesorten, die die Fincabesitzerin auf dem nationalen Markt anbot. Doch dann verkaufte sie das Land an ein großes Unternehmen, das ausschließlich Ölpalmen pflanzen will. Durch diese Monokultur gehen Arbeitsplätze verloren. Die entlassenen Arbeiter wissen nicht, wohin sie gehen sollen.
„Die Leute haben ihr Land verloren, auf dem sie früher Mais und Bohnen angepflanzt haben. In einigen Fällen haben arme Kleinbauern ihre Parzellen verkauft. Aber ohne die Grundlage für ihre Ernährung hat sich die Armut weiter verschärft, das Elend, die Arbeitslosigkeit.“
Der Priester Marco Recinos betreut eine katholische Gemeinde in Tucurú, keine drei Kilometer von der besetzten Finca entfernt. Zu seinen Gemeindegliedern zählen vor allem arme Landarbeiter, Angehörige des Volkes der Maya-Kekchi. Das fruchtbarste Land in Guatemala gehört dagegen wenigen Agrarkonzernen und Großgrundbesitzern, deren Vorfahren aus Europa gekommen sind. Dagegen lehnen sich einige Landarbeiter auf – auch der Junge Dario ist unter den Besetzern der Finca.
„Wir leben mit dem Hunger. Manchmal haben wir keinen Mais, weil wir kein Land haben. Das ist die extreme Armut, in der wir leben.“
Die Besetzer hoffen, dass sie durch ihren Widerstand eine Lösung erzwingen können. Sie wollen auf ihren eigenen, kleinen Parzellen arbeiten, nicht als Tagelöhner für Großgrundbesitzer. Der gesetzlich vorgeschriebene Mindestlohn in Guatemala liegt bei 56 Quetzales, etwa fünf Euro pro Tag. Aber das steht nur auf dem Papier. Einer der Fincabesitzer der Region, der deutlich weniger zahlt, ist Hector Monzón. Er bezeichnet die Landbesetzungen als illegal und hält ein gewaltsames Vorgehen gegen die Besetzer für notwendig.
„Der Staat muss immer den Privatbesitz verteidigen. Deshalb muss der Staat die Invasionen bekämpfen und die Landbesetzer vertreiben.“
Die meisten Großgrundbesitzer argumentieren, die Investitionen der Konzerne würden den Weg zu Fortschritt und Entwicklung ebnen. So sieht es auch der Bürgermeister des Städtchens Panzós, dem urbanen Zentrum der Gegend. Er heißt Edwin Rummler. Sein Großvater ist aus Deutschland nach Guatemala gekommen. Edwin Rummler hält es für seine Aufgabe, großen Konzernen den Weg zu bereiten, damit sie in seinem Wahlkreis investieren.
„Wir bemühen uns um die Investoren, die sich für dieses Gebiet interessieren. Wir unterstützen vor allem Unternehmen, die Ölpalmen anpflanzen wollen und Bergbaufirmen, die Minen betreiben. Sie alle empfangen wir mit offenen Armen, denn wir wissen, dass sie uns Entwicklung bringen.“
Solche Sätze kennt der Priester Marco Recinos nur zu gut.
„Die Arbeitslosigkeit ist ein großes Problem hier. Immer wieder wird gesagt, die Konzerne würden Arbeitsplätze bringen. Es würde Fortschritt geben, als ob ein Paradies entsteht. Aber in Wirklichkeit haben wir jetzt eine Hölle. Es gibt überhaupt keine Arbeit mehr. Alles Lügen. Sie haben gesagt, sie würden das Heil bringen, aber es war die Zerstörung. Die Leute haben ihre Orientierung verloren. Sie fühlen sich verloren und sie haben kein Land mehr, auf dem sie leben können.“
Der Priester nimmt kein Blatt vor den Mund, obwohl auch er selbst schon einige Todesdrohungen bekommen hat.
„Schon immer haben die Großgrundbesitzer Gott dazu benutzt, ihre eigenen Interessen zu verteidigen. Es ist traurig, aber man muss eingestehen, dass es vor allem katholische Geschäftsleute waren, die in dieser Gegend die Bauernführer oder Gewerkschafter ermorden ließen. Sie unterdrücken diejenigen, die ein gerechteres System wollen. Die Täter sind Leute, die zur Messe gehen und das heilige Abendmahl empfangen.“
In Guatemala werden täglich im Schnitt 17 Menschen ermordet. Besonders gefährdet sind Gewerkschafter und Aktivisten der Landarbeiterbewegung. Verbrechen gegen sie werden so gut wie nie aufgeklärt. Pater Marco Recinos meint, historisch betrachtet habe seine Kirche zur Ausbeutung und Unterdrückung der guatemaltekischen Landbevölkerung beigetragen.
„Wir als Kirche sind oft Komplizen gewesen, aus ökonomischen Interessen. Wir haben geschwiegen, um unsere Privilegien zu wahren, obwohl wir wissen, welche Leute hier in Guatemala die Morde in Auftrag geben. Das sind wichtige Geschäftsleute, die sich als Christen bezeichnen und die Bibel unter dem Arm tragen.“
Die Konflikte werden durch die neuen Ölpalmenplantagen weiter angeheizt. So sieht es jedenfalls der Dominikanermönch Luis Miguel Ortero, Leiter des theologischen Zentrums Ak'Kutan in der guatemaltekischen Provinzhauptstadt Cobán.
„In unseren klerikalen Gesprächskreisen haben wir früher nie über dieses Thema gesprochen. Heute ist das anders. Wann immer sich in dieser Gegend Priester treffen, kommt das Thema auf den Tisch. Das Thema der Ölpalmen. Wir unterstützen die ursprünglichen Bewohner dieser Region, die Maya-Kekchi. Sie sind Kleinbauern und haben schon immer Front gemacht gegen die großen Plantagen. Das ist geradezu ein Teil ihrer Kultur. Sie wollen ihr eigenes Land bearbeiten und bezeichnen sich als Kinder der Erde.“
„Deshalb lehnen sie sich gegen die Großgrundbesitzer auf. Deren Haltung hat nichts mit einem religiösen Bewusstsein zu tun, obwohl die meisten von ihnen Katholiken sind. Ihr Argument ist: „business is business“ – Geschäft ist Geschäft. Für sie hat die Religion nichts damit zu tun, als würde sie sich nie mit dem Geschäftsleben kreuzen.“
Der mutige Einsatz einiger Priester hat einen großen Wert für die Landbevölkerung. Viele Tagelöhner fühlen sich von der Kirche unterstützt. Aber das kann nicht darüber hinweg täuschen, dass auch die Kirche wenig in der Hand hat, um die Expansion des Ölpalmenanbaus aufzuhalten.