Aufklärung tut Not
Die Schau "Aufklärung! - Ein Erbe für morgen" in der Bibliothèque Nationale de France in Paris bringt dem Besucher die Errungenschaften der damaligen Epoche näher, die bis heute für aktuelle Diskussionen sorgen: Laizismus, Sitten, Ethik, Kriminalität, Irrwege der Wissenschaften. Und vor dem Hintergrund von brennenden Autos in französischen Vorstädten oder gewalttätigen Demonstrationen gegen die Mohammed-Karikaturen wird die Aktualität der Aufklärung für das heutige Europa beleuchtet.
Die Schau in der Bibliothèque Nationale de France in Paris bringt uns die Errungenschaften der damaligen Epoche näher, die bis heute für aktuelle Diskussionen sorgen: Laizismus, Sitten, Ethik, Kriminalität, Irrwege der Wissenschaften. Mit Hilfe von Büchern, Gemälden, Drucken, wissenschaftlichen Instrumenten, zeitgenössischen Zeichnungen berühmter Autoren und Künstler (Rousseau, Mozart, Montesquieu, Kant, Watteau, Chardin, Fragonard, Reynolds...), audiovisuellen Auftragsarbeiten wird die Aktualität der Aufklärung für das heutige Europa beleuchtet.
Brennende Autos in französischen Vorstädten, gewalttätige Demos gegen Mohammed-Karikaturen in westlichen Medien, Folter in Gefängnissen demokratischer Länder, Glaubenskriege und Terrorismus... Aufklärung tut Not. Die Pariser Schau hält mit Büchern, Bildern, Bahn brechenden Ideen dagegen, verheißt "Aufklärung (!)" im besten Sinne des Wortes - und mit einem Ausrufezeichen versehen. Eine "engagierte Ausstellung" proklamiert Kurator Yann Fauchois:
"Ich weiß nicht, ob man hier von engagiert sprechen kann, wie wir das heute im Sinne 'engagierter Philosophen' verstehen. Die Ausstellung sieht sich auf jeden Fall als Aufforderung, Werke der Aufklärung zu lesen oder wieder zu lesen und seinen eigenen kritischen Geist auszuüben."
Eine Gemäldegalerie dient dem Parcours als Achse, davon zweigen Kabinette ab mit Zeichnungen, wissenschaftlichen Instrumenten, originalen Schriften und Partituren. Aufklärung als weit verzweigte Angelegenheit. Angesichts der heutigen hitzigen Debatten rund um Meinungs- und Pressefreiheit, präsentiert Kurator Fauchois am liebsten eine Gravur des Engländers William Hogarth: " The sleeping congregation". Ein Beweis, zu wie viel Toleranz die damalige Gesellschaft fähig gewesen sei. Hogarth machte sich 1732 über die sonntägliche Predigt lustig. Der Pastor predigt auf seiner Kanzel, aber die Kirchengemeinde schläft.
"... Die Philosophen der Aufklärung mussten sich damals mit den christlichen Kirchen auseinandersetzen. Der englische Zeichner Hogarth zeigt uns, dass er damals in einem extrem toleranten Land lebte, mit religiöser Glaubensvielfalt, Pressefreiheit, er kann sogar die kirchlichen Institutionen angreifen, ohne deshalb gewalttätige Reaktionen auszulösen, wie dies heute der Fall ist."
Über zwei Jahrhunderte sind vergangen, seit Kant uns die Aufklärung als "Ausweg des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit" schilderte. Doch der Weg ist noch weit. Die Ausstellung führt uns von der Historie ins Heute, zeigt mit Hilfe zeitgenössischer Karikaturisten auf, dass nicht selten allzu fortschrittsgläubige Anhänger einer Aufklärungsdoktrin über das Ziel hinausschießen: in Form von Atomraketen, Kreuzzügen gegen das Böse, Klontechniken oder ganz einfach einem Schleierverbot. Gegen radikalen Islamismus hilft es nicht, kopftuchtragende Mädchen von der Schule zu verweisen – wie in Frankreich der Fall –, sondern Schulbildung, meint die in Paris lebende Iranerin Marjane Satrapi, die mit ihrem Comic über die iranischen Verhältnisse weltweite Anerkennung erlangte.
"Wenn es Eltern gibt, die dumm genug sind, ihre Töchter zu zwingen, einen Schleier zu tragen, dann sind sie doch erst recht zufrieden, ihre Töchter mit 16 nicht mehr auf die Schule zu schicken, sondern mit irgendeinem Cousin zu verheiraten, der ihr dann sechs Kinder macht. Während die Jungen - die diese Mädchen als 'Huren' beschimpfen, wenn sie keinen Schleier tragen - weiter zur Schule gehen können… Die Mädchen werden also doppelt bestraft, wieder als Frauen unterdrückt. Wenn es für diese Mädchen überhaupt eine Chance gibt, dann nur dank einer einzigen Sache, an die ich noch glaube, nämlich Erziehung und Kultur, also die Schule."
Brennende Autos in französischen Vorstädten, gewalttätige Demos gegen Mohammed-Karikaturen in westlichen Medien, Folter in Gefängnissen demokratischer Länder, Glaubenskriege und Terrorismus... Aufklärung tut Not. Die Pariser Schau hält mit Büchern, Bildern, Bahn brechenden Ideen dagegen, verheißt "Aufklärung (!)" im besten Sinne des Wortes - und mit einem Ausrufezeichen versehen. Eine "engagierte Ausstellung" proklamiert Kurator Yann Fauchois:
"Ich weiß nicht, ob man hier von engagiert sprechen kann, wie wir das heute im Sinne 'engagierter Philosophen' verstehen. Die Ausstellung sieht sich auf jeden Fall als Aufforderung, Werke der Aufklärung zu lesen oder wieder zu lesen und seinen eigenen kritischen Geist auszuüben."
Eine Gemäldegalerie dient dem Parcours als Achse, davon zweigen Kabinette ab mit Zeichnungen, wissenschaftlichen Instrumenten, originalen Schriften und Partituren. Aufklärung als weit verzweigte Angelegenheit. Angesichts der heutigen hitzigen Debatten rund um Meinungs- und Pressefreiheit, präsentiert Kurator Fauchois am liebsten eine Gravur des Engländers William Hogarth: " The sleeping congregation". Ein Beweis, zu wie viel Toleranz die damalige Gesellschaft fähig gewesen sei. Hogarth machte sich 1732 über die sonntägliche Predigt lustig. Der Pastor predigt auf seiner Kanzel, aber die Kirchengemeinde schläft.
"... Die Philosophen der Aufklärung mussten sich damals mit den christlichen Kirchen auseinandersetzen. Der englische Zeichner Hogarth zeigt uns, dass er damals in einem extrem toleranten Land lebte, mit religiöser Glaubensvielfalt, Pressefreiheit, er kann sogar die kirchlichen Institutionen angreifen, ohne deshalb gewalttätige Reaktionen auszulösen, wie dies heute der Fall ist."
Über zwei Jahrhunderte sind vergangen, seit Kant uns die Aufklärung als "Ausweg des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit" schilderte. Doch der Weg ist noch weit. Die Ausstellung führt uns von der Historie ins Heute, zeigt mit Hilfe zeitgenössischer Karikaturisten auf, dass nicht selten allzu fortschrittsgläubige Anhänger einer Aufklärungsdoktrin über das Ziel hinausschießen: in Form von Atomraketen, Kreuzzügen gegen das Böse, Klontechniken oder ganz einfach einem Schleierverbot. Gegen radikalen Islamismus hilft es nicht, kopftuchtragende Mädchen von der Schule zu verweisen – wie in Frankreich der Fall –, sondern Schulbildung, meint die in Paris lebende Iranerin Marjane Satrapi, die mit ihrem Comic über die iranischen Verhältnisse weltweite Anerkennung erlangte.
"Wenn es Eltern gibt, die dumm genug sind, ihre Töchter zu zwingen, einen Schleier zu tragen, dann sind sie doch erst recht zufrieden, ihre Töchter mit 16 nicht mehr auf die Schule zu schicken, sondern mit irgendeinem Cousin zu verheiraten, der ihr dann sechs Kinder macht. Während die Jungen - die diese Mädchen als 'Huren' beschimpfen, wenn sie keinen Schleier tragen - weiter zur Schule gehen können… Die Mädchen werden also doppelt bestraft, wieder als Frauen unterdrückt. Wenn es für diese Mädchen überhaupt eine Chance gibt, dann nur dank einer einzigen Sache, an die ich noch glaube, nämlich Erziehung und Kultur, also die Schule."