Auf Sendung im Kosmos

Von Thomas Gith |
Musik und Sprache, die einmal im Hörfunk gesendet wurden, bleiben als Radiowellen dauerhaft erhalten - theoretisch zumindest. Und so könnte man auf einem ein Lichtjahr entfernten Planten heute das Radioprogramm hören, das vor einem Jahr auf der Erde ausgestrahlt wurde.
Wir schreiben das Jahr 1930. Die Weltkraftkonferenz trifft zusammen. Teilnehmer sitzen unter anderem in San Fransisco, Berlin, London. Auf einer Schaltkonferenz verständigen sie sich per Funk.

"Hello Berlin, Hello! San Francisco greats you…" (Rauschen, Knacken)

"Hallo San Francisco. Hier ist Berlin! Weltkraftkonferenz!"

Über Radiowellen nehmen die Physiker miteinander Kontakt auf. Es ist das gleiche Prinzip, nach dem auch das damals noch neue Radio funktioniert - und es ist eine Hochphase der Physik. Ein neues Massenmedium tritt seinen Siegeszug an - und ein gigantisches Archiv aus Radiowellen entsteht. Dazu ein Gedankenexperiment: Nähmen wir einmal an, es existierte eine außerirdische Zivilisation auf einem fernen Planeten - sie könnte unser ehemaliges Radioprogramm hören. Matthias Steinmetz, Direktor des Astrophysikalischen Instituts Potsdam.

"Also, was wir gesendet haben, bleibt erhalten, also wenn wir uns diese extraterrestrische Lebensform vorstellen, die die Erde abhört, wenn die jetzt, sagen wir mal, 40 Lichtjahre entfernt ist, dann hören sie das Radioprogramm vor 40 Jahren. Flowerpower, das würde man jetzt hören, praktisch im Radio."

Der Grund: Die Radiowellen werden kugelförmig ausgestrahlt und bewegen sich dann mit Lichtgeschwindigkeit durch den Raum. Doch trotz der Unmenge an Radiowellen ist Astrophysiker Matthias Steinmetz eher skeptisch, wenn er an eine interstellare Kommunikation via Radio denkt.

"Also Radio ist eigentlich die einzige Möglichkeit, die wir überhaupt haben, um interstellare Distanzen zu überbrücken. Aber Radio kennen wir seit 100 Jahren, das heißt, die Reichweite ist hundert Lichtjahre im besten Fall. Und ob wir dort, in dem Raum, eine Lebensform finden, die dazu auch gerade jetzt in dem Radiobereich Empfänge hat und nach diesen hört - wir wissen nicht, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, aber ich halte es doch für eher unwahrscheinlich, dass man was finden wird."

Zumal diese Zivilisation ja auch noch antworten müsste. Zumindest auf irdischer Seite wird der Kosmos nach galaktischen Radiowellen ausgespäht. Das US-amerikanische Allen Telescope Array etwa horcht seit 2007 mit mehreren 100 vernetzten Teleskopen ins Weltall - auch in der Hoffnung, Radiowellen ferner Zivilisationen aufzuspüren. Doch das wir die empfangen, ist praktisch genauso unwahrscheinlich wie die Annahme, dass von irdischen Radiosendungen im All wirklich noch etwas zu hören bleibt. Denn so folgerichtig die theoretischen Überlegungen sind, so real sind auch die technischen Begrenzungen. Professor Horst Schwetlick von der Berliner Hochschule für Technik und Wirtschaft erklärt das am Beispiel eines Planeten, der ein Lichtjahr von der Erde entfernt ist.

"Radiowellen schwächen sich mit der Entfernung ab. Also ich habe das mal hier überschlagen: Der Faktor der Abschwächung der wäre ungefähr zehn hoch 30. Um diese Zahlen würden die Radiowellen verkleinert. Also man würde ein Rauschen empfangen und das würde sich möglicherweise so anhören: tssssssssssch. Das wäre das, was man mit einem üblichen Empfänger empfangen würde."

Allerdings: Würde auf diesem fernen Planeten eine möglichst große Antenne stehen, die auch noch die schwächsten Frequenzspuren nachweist, es gebe eine wiederum theoretische Möglichkeit zum Empfang. Die Antenne auf dem ein Lichtjahr entfernten Planeten müsste nach Berechnungen von Professor Horst Schwetlick dann aber bereits so groß sein wie der Mond. Horst Schwetlicks nüchternes Fazit:

"Und das würde Konstruktionen bedingen, die man mit derzeitigen Mitteln, jedenfalls irdischen Mitteln, nicht zur Verfügung hat." (lacht)

Ein weiteres Problem: Die Sender strahlen ihre Programme nur mit einer begrenzten Energie und Reichweite ab - atmosphärische Störstrahlungen erledigen das Übrige. Die verschiedenen Sender auf einer Frequenz überlagern sich dann und sie sind mit der uns bekannten Technik auch nicht mehr zu entschlüsseln. Horst Schwetlick bleibt daher bei der Vorstellung, dass auch sein Radiointerview zumindest als Spur im All erhalten bleibt, gelassen.

"Also viel schrecklicher finde ich, dass die Aussagen, die ich irgendwann mal getroffen hab und ins Internet gestellt hab, dort immer für die Ewigkeit erhalten bleiben. Ich glaube, das steht uns im Moment näher. Außerdem denke ich, solche außerirdischen Wesen, ich würde denen zunächst mal unterstellen, dass die sozial vielleicht auch etwas weiter gekommen sind als wir und die würden sicherlich darüber schmunzeln."