Auf der Suche nach innerem und äußerem Frieden
Das 16. Jahrhundert ist ein Jahrhundert der Neuerungen und Entdeckungen. Die Konturen einer veränderten gesellschaftlichen und politischen Ordnung verbünden sich mit einer Zukunfts- und Glaubensgewissheit, die den Menschen eine ruhige Seele und Sicherheit im Handeln gibt. Um 1700 jedoch ist der Optimismus verflogen. Die Schatten der Konjunktur ziehen herauf: Konkurrenzdruck, Zusammenbrüche berühmter Handelshäuser, Ernährungsnöte, Vagabondage, Verarmung der Mittelschicht. Als 1618 drei Kometen ihre Bahn um die Erde ziehen, kommt Endzeitstimmung auf; Kometenpredigten werden überall gehalten; man glaubt, dass der prophezeite Weltuntergang jetzt käme.
Die Krise um die Jahrzehnte vor und nach 1700 ist ein umfassendes Phänomen und ergreift alle Lebensbereiche: Ökonomische Stagnation, zwischen- und innerstaatliche Turbulenzen, Konfessionsstreitigkeiten, selbst das Klima verschlechtert sich ("kleine Eiszeit"), schlechte oder gar Missernten, Teuerungswellen, welche wiederum Arbeitslosigkeit produzieren. Andererseits floriert das Luxusgewerbe mit Goldschmiedekunst, Möbelschreinerei, Uhrmacherhandwerk. In den Augsburger Steuerlisten machen in jenen Jahren die „Habenits“ und die unterste Steuerklasse zusammen rund 3/4 der Einwohner aus. Das Bevölkerungswachstum in deutschen Landen stagniert, wird sogar durch Epidemien (Pest) rückläufig. Bauernrevolten, Bürgerunruhen, brutaler Antisemitismus, Hexenjagd breiten sich aus. Ein weltanschaulich-militärischer Konfrontationskurs endet in der Totaleskalation und im Kollabieren eines ganzen Reiches (30jähriger Krieg).
Alle diese Faktoren führen zu einem neuen Bewusstsein der Menschen. Theologie und alltägliche Religiosität, die jahrhundertelang zusammengehört hatten, dividieren sich auseinander. Vor allem das Luthertum bahnt den Weg zu einer inneren Herzensfrömmigkeit. Protest gegen Äußerlichkeit und Veräußerlichung bildet zunehmend die Grundlage wahrer Christlichkeit. Die „Stille im Lande“ beginnt ihr Werk; eine Stille, die letztendlich im Pietismus ihre strengste Ausdrucksform findet.
Die „Geistliche Chormusik 1648“ von Heinrich Schütz fällt nicht nur datumsmäßig mit dem Westfälischen Frieden und dem Ende eines mehr als drei Jahrzehnte dauernden, gegenseitigen Zermürbungsprozesses zusammen, sie ist auch Ausdruck dieser neuen, inneren Frömmigkeit. In ihr sendet ein weiser und hochgebildeter Mann, der in seinem siebten Lebensjahrzehnt steht, in die Stille hinein eine Botschaft, die durch das Wort Gottes zu mehr Toleranz und Kompromissbereitschaft aufruft.
„Verleih uns Frieden, genädiglich“ – darin kommt nicht nur der Wunsch nach Beendigung des Krieges zum Ausdruck, sondern es ist ein Aufruf an jeden Einzelnen, seinen Frieden zu finden und seinen Frieden zu machen; ein höchst aktueller Appell.
Nachklang
Schinkelkirche Straupitz
Aufzeichnung vom 5. 8. 2006
Heinrich Schütz: „Geistliche Chormusik 1648“
Heinrich Schütz
Motetten zu fünf Stimmen und Generalbass:
Es wir das Scepter von Juda nicht entwendet werden SWV 369
Er wird sein Kleid in Wein waschen SWV 370
Es ist erschienen die heilsame Gnade Gottes SWV 371
Verleih uns Frieden SWV 372
Gib unseren Fürsten und aller Obrigkeit SWV 373
Unser keiner lebt ihm selber SWV 374
Viel werden kommen von Morgen und von Abend SWV 375
Sammelt zuvor das Unkraut SWV 376
Girolamo Frescobaldi
Canzona Quarta für Orgel
Heinrich Schütz
Herr auf dich traue ich SWV 377
Die mit Tränen säen SWV 378
So fahr ich hin zu Jesu Christ SWV 379
Also hat Gott die Welt geliebt SWV 380
ca. 21:00 Uhr Konzertpause mit Nachrichten
Heinrich Schütz
Motetten zu sechs Stimmen und Generalbass:
O lieber Herre Gott SWV 381
Tröstet, tröstet mein Volk SWV 382
Ich bin eine rufende Stimme SWV 383
Samuel Scheidt
Toccata und Choralbearbeitung „Allein Gott in der Höh‘ sei Ehr“ für Orgel
Heinrich Schütz
Ein Kind ist uns geboren SWV 384
Das Wort ward Fleisch SWV 385
Die Himmel erzählen die Ehre Gottes SWV 386
Ich bin ein rechter Weinstock SWV 389
Unser Wandel ist im Himmel SWV 390
Das ist je gewisslich wahr SWV 388
Dresdner Kammerchor
Lynn Tabbert, Orgel
Mitglieder des Ensembles „Alte Musik Dresden“
Leitung: Hans-Christoph Rademann
Alle diese Faktoren führen zu einem neuen Bewusstsein der Menschen. Theologie und alltägliche Religiosität, die jahrhundertelang zusammengehört hatten, dividieren sich auseinander. Vor allem das Luthertum bahnt den Weg zu einer inneren Herzensfrömmigkeit. Protest gegen Äußerlichkeit und Veräußerlichung bildet zunehmend die Grundlage wahrer Christlichkeit. Die „Stille im Lande“ beginnt ihr Werk; eine Stille, die letztendlich im Pietismus ihre strengste Ausdrucksform findet.
Die „Geistliche Chormusik 1648“ von Heinrich Schütz fällt nicht nur datumsmäßig mit dem Westfälischen Frieden und dem Ende eines mehr als drei Jahrzehnte dauernden, gegenseitigen Zermürbungsprozesses zusammen, sie ist auch Ausdruck dieser neuen, inneren Frömmigkeit. In ihr sendet ein weiser und hochgebildeter Mann, der in seinem siebten Lebensjahrzehnt steht, in die Stille hinein eine Botschaft, die durch das Wort Gottes zu mehr Toleranz und Kompromissbereitschaft aufruft.
„Verleih uns Frieden, genädiglich“ – darin kommt nicht nur der Wunsch nach Beendigung des Krieges zum Ausdruck, sondern es ist ein Aufruf an jeden Einzelnen, seinen Frieden zu finden und seinen Frieden zu machen; ein höchst aktueller Appell.
Nachklang
Schinkelkirche Straupitz
Aufzeichnung vom 5. 8. 2006
Heinrich Schütz: „Geistliche Chormusik 1648“
Heinrich Schütz
Motetten zu fünf Stimmen und Generalbass:
Es wir das Scepter von Juda nicht entwendet werden SWV 369
Er wird sein Kleid in Wein waschen SWV 370
Es ist erschienen die heilsame Gnade Gottes SWV 371
Verleih uns Frieden SWV 372
Gib unseren Fürsten und aller Obrigkeit SWV 373
Unser keiner lebt ihm selber SWV 374
Viel werden kommen von Morgen und von Abend SWV 375
Sammelt zuvor das Unkraut SWV 376
Girolamo Frescobaldi
Canzona Quarta für Orgel
Heinrich Schütz
Herr auf dich traue ich SWV 377
Die mit Tränen säen SWV 378
So fahr ich hin zu Jesu Christ SWV 379
Also hat Gott die Welt geliebt SWV 380
ca. 21:00 Uhr Konzertpause mit Nachrichten
Heinrich Schütz
Motetten zu sechs Stimmen und Generalbass:
O lieber Herre Gott SWV 381
Tröstet, tröstet mein Volk SWV 382
Ich bin eine rufende Stimme SWV 383
Samuel Scheidt
Toccata und Choralbearbeitung „Allein Gott in der Höh‘ sei Ehr“ für Orgel
Heinrich Schütz
Ein Kind ist uns geboren SWV 384
Das Wort ward Fleisch SWV 385
Die Himmel erzählen die Ehre Gottes SWV 386
Ich bin ein rechter Weinstock SWV 389
Unser Wandel ist im Himmel SWV 390
Das ist je gewisslich wahr SWV 388
Dresdner Kammerchor
Lynn Tabbert, Orgel
Mitglieder des Ensembles „Alte Musik Dresden“
Leitung: Hans-Christoph Rademann