Auf der Flucht - und endlich angekommen?
Die Bundesländer setzen das Bleiberecht für geduldete Ausländer, welches im Herbst 2006 beschlossen wurde, recht unterschiedlich um. Die besten Chancen auf Bleiberecht haben Flüchtlinge im Süden der Republik, allen voran in Bayern. Niedersachsen nun hatte die Schäuble-Pläne als noch zu lasch kritisiert. Und das Saarland bewilligte in den vergangenen Monaten besonders wenige Anträge auf Bleiberecht.
Bayern
Von Barbara Roth
Gut integrierte Familien mit Kindern, die seit sechs Jahren, Alleinstehende, die seit acht Jahren in Deutschland leben, erhalten bis Ende 2009 eine Aufenthaltserlaubnis. Mit der dürfen sie ohne Einschränkung eine Arbeit aufnehmen. Vorausgesetzt, sie sind nicht straffällig geworden und sprechen passabel deutsch. Ibrahim kam als 14-Jähriger aus der Türkei nach München; das war vor zwölf Jahren.
"Der Beschluss bedeutet für mich zunächst, dass ich einen Arbeitsplatz finden muss. Wenn ich die Aufenthaltserlaubnis habe, darf ich auch weiterstudieren und arbeiten, mich freizügig bewegen. Das heißt, ich würde hier ein einigermaßen normales Leben weiterführen können."
Bei den langjährig nur geduldeten Ausländern in Bayern kommt das Angebot an: Bis Ende Juni hatten über 3000 von ihnen entsprechende Anträge gestellt. Das sind weit mehr als 50 Prozent der Flüchtlinge, die aufgrund ihrer Verweildauer für das begehrte Bleiberecht infrage kommen. Doch der als Hardliner unter den Innenministern bekannte Günther Beckstein ist nicht etwa plötzlich milde gestimmt.
"Für mich ist es nicht überraschend, dass bei uns die Chancen größer sind als woanders, denn diejenigen, die uns an der Nase herumgeführt haben, die haben wir schon in der Vergangenheit versucht mit Konsequenz außer Landes zu bringen. Derjenige, der uns getäuscht hat über seine Identität, der ganz bewusst seine Nationalität falsch angegeben hat, hat bei uns weniger Chancen als in jedem anderen Land gehabt, weil wir dann gesagt haben, wer sich besonders unverschämt aufführt, bei dem wird mit hoher Energie der Behörden daran gearbeitet, ihn auch außer Landes zu bringen."
Der CSU-Politiker hat bei der Innenministerkonferenz im vergangenen November die Bedingungen für ein Bleiberecht entscheidend mitgeprägt.
"Bei denjenigen, die zum Beispiel aus dem Irak gekommen sind, oder auch aus Ländern, wo eine Rückführung nicht möglich ist, oder wo aus persönlichen Gründen die Rückführung nicht möglich ist, da haben wir immer gesagt, wenn der Betreffende arbeiten kann, soll er arbeiten. Und wenn jemand über lange Jahre hier ist und dann auch für sich selbst sorgen kann, dann wollen wir das auch ermöglichen."
1123 Personen hatten bis Ende Juni die begehrte Aufenthaltserlaubnis mittlerweile erhalten; sie haben Arbeit gefunden. Knapp 1200, in der Regel abgelehnte Asylbewerber haben noch bis Ende September Zeit, eine Stelle vorzuweisen.
"Gerade die Ausländer in Bayern haben mir abgenommen, dass ich das durchsetze. Und haben sich um Arbeit bemüht. Weil sie auch wussten, wenn die Arbeit nicht gefunden wird, dann werde ich auch nicht zögern, die Konsequenz zu ziehen und die Rückführung auf den Weg zu bringen."
Daran zweifelt auch Claudia Vollmer nicht. Sie leitet die Ausländerbehörde in München. Sie ist sicher, dass der überwiegende Teil der Anträge positiv beschieden wird.
"Es liegt vor allem an der günstigen Arbeitsplatzsituation, an der günstigen Wirtschaftslage, die es schon in der Vergangenheit vielen Flüchtlingen, vielen Geduldigen ermöglicht hat zu arbeiten. Und das wirkt sich jetzt auch auf die Bleiberechtsregelung aus."
Weshalb Beckstein bereits eine Zuwanderungswelle nach Bayern fürchtet. Für den Arbeit suchenden Ausländer ist die Residenzpflicht nämlich aufgehoben. Er darf auch in ein anderes Bundesland gehen:
"Ich weiß, dass die Chancen in München Arbeit zu kriegen, sicher besser sind als in Magdeburg. Aber eine laufende deutliche Erhöhung ist nicht das Ziel. Weil wir haben eh erhebliche Probleme, die Migrantenkinder hier zu integrieren. Wenn ich sehe, wie hoch die Zahl der Ausländerkinder in Augsburg, Nürnberg, München ist, und wie teuer und schwierig es ist, nicht nur die zweite, sondern auch die dritte, auch die vierte Generation wirklich so mit Deutschkenntnissen zu versehen, dass die Kinder beste Lebenschancen haben, dann sage ich, wir haben alle Hände voll zu tun. Wenn wir das schaffen, haben wir eine Riesenleistung bewältigt."
Die Ablehnungsquote ist niedrig. Sie liegt Bayernweit bei rund elf Prozent, das sind bislang exakt 337 Fälle. Haupthinderungsgrund in solchen Fällen sind etwa nicht mangelnde Deutschkenntnisse, sondern Bedenken des Landesamts für Verfassungsschutz, vor allem aber Straftaten. Da kennt der Innenminister kein Pardon:
"Insbesondere weil sie entweder Straftaten begangen haben oder sonst die Behörden systematisch in die Irre geführt haben - und in den Fällen muss die Abschiebung auch durchgeführt werden."
Oft aber liegen die Straftaten schon Jahre zurück. Und in allen den Fällen ist nicht nur der Straftäter von der Abschiebung betroffen, sondern seine ganze Familie, kritisiert Hubert Heinold, Anwalt bei Pro Asyl:
"Das ist Sippenhaft. Wenn ein Familienangehöriger eine Straftat begangen hat, zum Beispiel Schwarzfahren, zum Beispiel den Landkreis verlassen hat und dafür bestraft wurde mit mehr als 50 Tagessätzen, das ist nicht viel, dann fällt die ganze Familie raus, dann müssen alle zurück, nur weil einer, zum Beispiel der 16-jährige Sohn, die Dummheit gemacht hat."
Unterm Strich sieht Beckstein sein Credo "Arbeit vor Aufenthalt" beim neuen Bleiberecht jedoch erfüllt. Was der CSU-Politiker nie haben wollte, war eine Zuwanderung in die sozialen Sicherungssysteme.
"Wer verfolgt ist, bleibt hier, auch wenn er viel Geld kostet. Wer in sein Land nicht zurückgebracht werden kann, weil er dort nicht behandelt werden kann, weil er krank ist oder weil er eine Traumatisierung hat, die dort nicht behandelt werden kann, muss hier bleiben, auch wenn es viel Geld kostet. Aber ich halte es in der Tat nicht für akzeptabel, dass wir Menschen dauerhaft in Deutschland lassen, wenn sie etwa für Jahre oder Jahrzehnte auf den Taschen auf Sozialkassen liegen, ohne dass es humanitär notwendig ist."
Niedersachsen
Von Frank Politz
Ich war letztens da, erzählt sie und meint damit Serbien. Aber ich hab' mich dort schlecht gefühlt und hab' auch keine Erinnerungen mehr an früher. Meine Heimat, sagt die resolute junge Frau nachdrücklich, meine Heimat ist hier:
"Deutschland ist mein Ein und Alles, und ich werde in Deutschland bleiben. Ich bin hier in Deutschland aufgewachsen, und ich werde in Deutschland sterben, obwohl ich in Serbien halt geboren bin. Aber für Deutschland würde ich nichts aufgeben."
Meliha Üjkanovic, 19, aus Hildesheim. Vor rund zwölf Jahren, 1995, war sie als kleines Mädchen vor dem Balkan-Krieg geflohen; zusammen mit der Mutter und ihren Geschwistern. Kindheit und Jugend hier in der Bundesrepublik waren dann für sie zwar sicher, aber keineswegs unbeschwert. Grund: das Ausländerrecht und der psychische Druck durch die entsprechende Behörde. Das sei so gewesen, erinnert sich Meliha Üjkanovic:
"… dass wir jedes Mal immer geduldet wurden, für ein paar Wochen, für drei Monate. Und mir hat's dann langsam gereicht, weil sie zu mir immer gesagt haben: Es sieht schlecht aus für sie. Sie werden abgeschoben, Frau Üjkanovic, der Tag wird kommen. Man konnte schon gar nicht mehr richtig in Ruhe schlafen. Wenn man morgens zur Schule gegangen ist, hat man immer Angst gehabt. Man konnte sich gar nicht konzentrieren auf den Unterricht."
Die Angst war nicht unbegründet. Im vorigen Jahr, kaum dass sie 18 war, ist die junge Frau nur haarscharf der Abschiebung entgangen. Gerettet wurde sie durch großen öffentlichen Protest in Hildesheim. Und inzwischen hat Meliha Üjkanovic eine zweijährige Aufenthaltserlaubnis. Hintergrund dazu ist eben der Beschluss der Innenminister-Konferenz aus dem November vorigen Jahres zum Bleiberecht. Diese Vokabel täuscht allerdings. Auf immer, also unbefristet hier leben zu können, heißt das vorerst nämlich nicht. Aber die Betroffenen haben nun zumindest etwas mehr Ruhe. Vorausgesetzt, sie haben zuvor entsprechende Anträge gestellt, die auch genehmigt wurden. In Niedersachsen jedoch, kritisiert Andrea Kothen von Pro Asyl, sehe es da nicht gut aus:
"Die Regelung war tief angesetzt und ist auch im Ergebnis sehr, sehr enttäuschend. Es ist einfach so, dass die Behördenpraxis vielen Flüchtlingen ein Bleiberecht verwehrt. Das funktioniert nicht, und so sehen die Zahlen leider auch aus."
Stichwort Zahlen: Da kommt's schon darauf an, wer sie wie liest beziehugnsweise welche Ausgangsgröße zugrunde gelegt wird. Basis für Kai Weber, den Geschäftsführer des Flüchtlingsrates Niedersachsen, ist eine Menge von über 12.700 geduldeten Personen. So viele nämlich lebten per 30.6. als Familienangehörige mindestens schon - wie von der Politik gefordert - sechs Jahre in Niedersachsen. Wenigstens acht müssen es bei Singles sein. Voraussetzung ist ferner, dass man nicht straffällig geworden ist und ohne staatliche Hilfe per Arbeit über die Runden kommt. Dann ist eine Aufenthaltserlaubnis möglich. Rund 1600 wurden - ebenfalls per 30.06. - bisher in Niedersachsen erteilt. Macht nach der Rechnung von Kai Weber, also bezogen auf die mehr als 12.700, lediglich 12,5 Prozent. Die Regelung habe ihr Ziel verfehlt, kritisiert daher der Geschäftsführer des Flüchtlingsrates - und kreidet das den Ausländerbehörden im Lande an sowie dem hannoverschen Innenminister, dem CDU-Politiker Uwe Schünemann:
"Der Herr Schünemann hatte von Anfang an kein Interesse an einer großzügigen Umsetzung dieses Bleiberechts. Er hat die Umsetzung weitgehend den Ausländerbehörden selber überlassen, was die Interpretation des Verhaltens der Betroffenen angeht. Und hier haben wir ein sehr heterogenes Bild. Darin gibt es einige Ausländerbehörden, die relativ großzügig das Bleiberecht angewandt haben, andere wenden es kaum oder gar nicht an. Beide Praxen werden vom Innenministerium gedeckt, und es fehlt hier an einer Handlungsanleitung des Innenministeriums, die die kruden, restriktiven Ablehnungsbegründungen aufhebt und den Ausländerbehörden eine progressivere Praxis vorgibt."
Frank Rasche weist die Vorwürfe samt und sonders zurück. Sie seien haltlos, so der Sprecher des niedersächsischen Innenministers, der auch mit einer anderen Zahl operiert. Als Bezugsgröße nimmt er die Menge der bislang gestellten Anträge auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis: etwas über 6000. Davon wurden, wie schon erwähnt, rund 1600 genehmigt. Macht nach Rasches Rechnung mehr als 25 Prozent. Und das bringt ihn zu der Aussage:
"Es ist eindeutig so, dass die Bleiberechtsregelung der Innenministerkonferenz zieht. Von daher kann ich auch die Kritik von Herrn Weber überhaupt nicht verstehen. Hier sind unsere Zahlen ja eindeutig auch nachvollziehbar, und mit 25-prozentiger Anerkennung - muss ich sagen - tun die Ausländerbehörden das hier sehr gewissenvoll."
Aber: Aufenthaltserlaubnisse, und um die geht es ja wohlgemerkt, bedeuten vorerst eben kein unbefristetes Bleiberecht. Dass die Politik ihr das selbst nach zwölf Jahren noch nicht geben will, darüber kann sich die anfangs gehörte Meliha Üjkanovic ziemlich aufregen. Abschließend schimpft die junge Frau, die jüngst, am 1. August, eine Lehre zur Arzthelferin begonnen hat:
"Die wollten ´nen Ausbildungsplatz; ich hab 'nen Ausbildungsplatz bekommen. Die wollten, dass ich mich integriere; ich erkenne Deutschland als mein Heimatland an. Ich bin niemals kriminell aufgefallen, war die Allerbeste der Klasse - und trotzdem bekommt man nichts. Also, man hat die Sicherheit nicht. Zwei Jahre schon, natürlich, obwohl die Ausbildung aber drei Jahre dauert. Dann sagt man: Irgendwo wollen sie einen verarschen, oder nicht?"
Saarland
Von Tonia Koch
Red.: C. Perez
Es ist ein warmer, sonniger Tag in Lebach. Kinder spielen draußen, einige Männer stehen in kleinen Gruppen zusammen. Marouan Abijomaa wartet bereits. Er lebt mit seiner Famiglie seit sechs Jahren im Lager Lebach, der zentralen Aufnahmestelle für Flüchtlinge im Saarland. Der ständige Mitarbeiter des Diakonischen Werkes vor Ort, Ishac Badawi, wie Abijomaa gebürtiger Libanese, hat ihn ausgewählt, damit er über seine Situation und seine Wünsche berichten kann. Das Wichtigste hat sich Marouan Abijomaa auf einem kleinen Zettel notiert.
"Ich möchte arbeiten und für meine Familie das Geld ausgeben. Ich möchte nicht immer von Sozialhilfe leben."
Die Arbeitssuche gestaltet sich jedoch schwierig. Das hat mehrere Ursachen. Zum einen biete der saarländische Arbeitsmarkt kaum Chancen für jene, die im Lager leben und die Voraussetzungen erfüllen, in Deutschland bleiben zu dürfen, sagt Ishac Badawi.
"Wir haben viele unqualifizierte Asylbewerber und in ihren Berufen werden wenige Arbeit finden."
Zum anderen ist Marouan Abijomaa körperlich eingeschränkt. Vor vier Jahren war er in der Industrie eine Zeit lang als Helfer tätig, als er einen Arbeitsunfall erlitt. Ein tonnenschweres Werkstück fiel vom Stapler und zertrümmerte seinen Fuß.
"Ich suche eine leichte Arbeit, weil ich kann nicht den ganzen Tag auf meinem Fuß stehen, ich habe Schmerzen, aber bis jetzt habe ich nichts gefunden."
Solange der Bundespräsident die bundeseinheitliche Regelung über das Bleiberecht abgelehnter Asylbewerber nicht unterzeichnet hat, gelten die Beschlüsse der Innenministerkonferenz. Und gemäß den saarländischen Bestimmungen muss ein erwachsenes Mitglied der Familie Abijomaa, also entweder der Vater, die Mutter oder der Sohn, bis Ende September eine Beschäftigung finden, sonst droht die Abschiebung. Dabei reicht es nicht aus, nur beschäftigt zu sein. Sondern es muss ein auskömmliches Einkommen erwirtschaftet werden, um den Lebensunterhalt selbst bestreiten zu können. Die Familie Abijomaa muss netto 1200 Euro zusammenbringen. Eine hohe Hürde.
"Niemand bietet mir eine 'Full-Arbeit', um dieses Geld zu kriegen."
Theoretisch ist die Arbeitssuche für geduldete Asylbewerber nicht mehr eingeschränkt. Findet Marouan Abijomaa einen potenziellen Arbeitgeber und bescheinigt dieser ihm, dass er ihn einstellt, dann kann sich der Geduldete mit dieser Bescheinigung an die Ausländerbehörde wenden. Denn wer Arbeit hat, bekommt eine Aufenthaltserlaubnis. Arbeitgeber aber scheuen diese Praxis, weil sie – so argumentieren die Flüchtlingsorganisationen – mit dem Status der Duldung nichts anzufangen wissen. Diese Form der Zurückhaltung bekam auch Marouan Abijomaa zu spüren.
"Wenn der Geschäftsführer sagt, wir brauchen deine Aufenthaltgenehmigung oder deine Arbeitserlaubnis und Du hast keines von beiden, sondern du hast eine Duldung von drei Monaten, dann sagt der Geschäftsführer, wir brauchen keine."
Dieses Problem, sagt die saarländische Innenministerin, Annegret Kramp-Karrenbauer, erledige sich bald von selbst.
"Das ist aus meiner Sicher, sobald die gesetzliche Bleiberechtsregelung in Kraft ist, unerheblich, weil es gerade per Gesetz aufgehoben worden ist, diese Problematik."
Darauf hofft auch Marouan Abijomaa. Die neue Regelung würde ihm Zeit lassen, sich bis 2009 einen Job zu suchen. Das Gesetz sieht bis dahin eine befristete Aufenthaltserlaubnis auf Probe vor. Und damit kann Abijomaa auch die Dienste der Agenturen für Arbeit in Anspruch nehmen. Die Jobsuche würde erleichtert, die Chancen stiegen, in Deutschland bleiben zu dürfen. Abijomaa aber hat noch ein weiteres Problem. Er besitzt für die Familie keine Pässe. Und solange er diese nicht vorlegt, kann über seinen Antrag nicht entschieden werden. Die libanesische Botschaft aber verlangt für die Papiere Geld; Geld, das er nicht hat. Ishac Badawi:
"1200 Euro für eine vierköpfige Familie. Das ist ein Monatseinkommen, wo soll das denn herkommen."
Im Saarland haben viele Betroffene, die einen Antrag gestellt haben, dauerhaft in der Bundesrepublik zu bleiben, noch keine Pässe vorgelegt. Deshalb sei die saarländische Anerkennungsquote im Vergleich zu anderen Bundesländern bislang auch sehr niedrig. Innenministerin Annegret Kramp-Karrenbauer:
"Zum einen haben wir die Situation, dass wir Fälle haben, die sich in der Vergangenheit schon nicht bemüht haben um ihre Passersatzpapiere, weil damit auch ein gewisser Schutz vor Abschiebung verbunden war. Wir haben aber auch Fall-Konstellationen., wo es mit großem Aufwand verbunden ist, entsprechende Passersatzpapiere zu beschaffen."
Die Wohlfahrtsverbände sehen das Land in der Pflicht. Es sollte die Kosten für die Beschaffung der Papiere übernehmen. Die Verbände selbst wollen nicht in die Bresche springen. Martin Horzella vom Diakonischen Werk an der Saar:
"Hier bedarf es einer generellen Lösung, wer a sagt muss auch b sagen. Das ist eine originär staatliche Aufgabe, sich um das Problem der Pass-Kosten zu kümmern, das kann nicht auf die Wohlfahrtspflege abgewälzt werden."
Das Land will erst überprüfen, ob die Pass-Problematik an Staaten-Gruppen festgemacht werden kann. Allein an der Finanzierung fehlender Ausweispapiere, werde – so verspricht die Innenministerin – ein dauerhafter Aufenthalt nicht scheitern.
Von Barbara Roth
Gut integrierte Familien mit Kindern, die seit sechs Jahren, Alleinstehende, die seit acht Jahren in Deutschland leben, erhalten bis Ende 2009 eine Aufenthaltserlaubnis. Mit der dürfen sie ohne Einschränkung eine Arbeit aufnehmen. Vorausgesetzt, sie sind nicht straffällig geworden und sprechen passabel deutsch. Ibrahim kam als 14-Jähriger aus der Türkei nach München; das war vor zwölf Jahren.
"Der Beschluss bedeutet für mich zunächst, dass ich einen Arbeitsplatz finden muss. Wenn ich die Aufenthaltserlaubnis habe, darf ich auch weiterstudieren und arbeiten, mich freizügig bewegen. Das heißt, ich würde hier ein einigermaßen normales Leben weiterführen können."
Bei den langjährig nur geduldeten Ausländern in Bayern kommt das Angebot an: Bis Ende Juni hatten über 3000 von ihnen entsprechende Anträge gestellt. Das sind weit mehr als 50 Prozent der Flüchtlinge, die aufgrund ihrer Verweildauer für das begehrte Bleiberecht infrage kommen. Doch der als Hardliner unter den Innenministern bekannte Günther Beckstein ist nicht etwa plötzlich milde gestimmt.
"Für mich ist es nicht überraschend, dass bei uns die Chancen größer sind als woanders, denn diejenigen, die uns an der Nase herumgeführt haben, die haben wir schon in der Vergangenheit versucht mit Konsequenz außer Landes zu bringen. Derjenige, der uns getäuscht hat über seine Identität, der ganz bewusst seine Nationalität falsch angegeben hat, hat bei uns weniger Chancen als in jedem anderen Land gehabt, weil wir dann gesagt haben, wer sich besonders unverschämt aufführt, bei dem wird mit hoher Energie der Behörden daran gearbeitet, ihn auch außer Landes zu bringen."
Der CSU-Politiker hat bei der Innenministerkonferenz im vergangenen November die Bedingungen für ein Bleiberecht entscheidend mitgeprägt.
"Bei denjenigen, die zum Beispiel aus dem Irak gekommen sind, oder auch aus Ländern, wo eine Rückführung nicht möglich ist, oder wo aus persönlichen Gründen die Rückführung nicht möglich ist, da haben wir immer gesagt, wenn der Betreffende arbeiten kann, soll er arbeiten. Und wenn jemand über lange Jahre hier ist und dann auch für sich selbst sorgen kann, dann wollen wir das auch ermöglichen."
1123 Personen hatten bis Ende Juni die begehrte Aufenthaltserlaubnis mittlerweile erhalten; sie haben Arbeit gefunden. Knapp 1200, in der Regel abgelehnte Asylbewerber haben noch bis Ende September Zeit, eine Stelle vorzuweisen.
"Gerade die Ausländer in Bayern haben mir abgenommen, dass ich das durchsetze. Und haben sich um Arbeit bemüht. Weil sie auch wussten, wenn die Arbeit nicht gefunden wird, dann werde ich auch nicht zögern, die Konsequenz zu ziehen und die Rückführung auf den Weg zu bringen."
Daran zweifelt auch Claudia Vollmer nicht. Sie leitet die Ausländerbehörde in München. Sie ist sicher, dass der überwiegende Teil der Anträge positiv beschieden wird.
"Es liegt vor allem an der günstigen Arbeitsplatzsituation, an der günstigen Wirtschaftslage, die es schon in der Vergangenheit vielen Flüchtlingen, vielen Geduldigen ermöglicht hat zu arbeiten. Und das wirkt sich jetzt auch auf die Bleiberechtsregelung aus."
Weshalb Beckstein bereits eine Zuwanderungswelle nach Bayern fürchtet. Für den Arbeit suchenden Ausländer ist die Residenzpflicht nämlich aufgehoben. Er darf auch in ein anderes Bundesland gehen:
"Ich weiß, dass die Chancen in München Arbeit zu kriegen, sicher besser sind als in Magdeburg. Aber eine laufende deutliche Erhöhung ist nicht das Ziel. Weil wir haben eh erhebliche Probleme, die Migrantenkinder hier zu integrieren. Wenn ich sehe, wie hoch die Zahl der Ausländerkinder in Augsburg, Nürnberg, München ist, und wie teuer und schwierig es ist, nicht nur die zweite, sondern auch die dritte, auch die vierte Generation wirklich so mit Deutschkenntnissen zu versehen, dass die Kinder beste Lebenschancen haben, dann sage ich, wir haben alle Hände voll zu tun. Wenn wir das schaffen, haben wir eine Riesenleistung bewältigt."
Die Ablehnungsquote ist niedrig. Sie liegt Bayernweit bei rund elf Prozent, das sind bislang exakt 337 Fälle. Haupthinderungsgrund in solchen Fällen sind etwa nicht mangelnde Deutschkenntnisse, sondern Bedenken des Landesamts für Verfassungsschutz, vor allem aber Straftaten. Da kennt der Innenminister kein Pardon:
"Insbesondere weil sie entweder Straftaten begangen haben oder sonst die Behörden systematisch in die Irre geführt haben - und in den Fällen muss die Abschiebung auch durchgeführt werden."
Oft aber liegen die Straftaten schon Jahre zurück. Und in allen den Fällen ist nicht nur der Straftäter von der Abschiebung betroffen, sondern seine ganze Familie, kritisiert Hubert Heinold, Anwalt bei Pro Asyl:
"Das ist Sippenhaft. Wenn ein Familienangehöriger eine Straftat begangen hat, zum Beispiel Schwarzfahren, zum Beispiel den Landkreis verlassen hat und dafür bestraft wurde mit mehr als 50 Tagessätzen, das ist nicht viel, dann fällt die ganze Familie raus, dann müssen alle zurück, nur weil einer, zum Beispiel der 16-jährige Sohn, die Dummheit gemacht hat."
Unterm Strich sieht Beckstein sein Credo "Arbeit vor Aufenthalt" beim neuen Bleiberecht jedoch erfüllt. Was der CSU-Politiker nie haben wollte, war eine Zuwanderung in die sozialen Sicherungssysteme.
"Wer verfolgt ist, bleibt hier, auch wenn er viel Geld kostet. Wer in sein Land nicht zurückgebracht werden kann, weil er dort nicht behandelt werden kann, weil er krank ist oder weil er eine Traumatisierung hat, die dort nicht behandelt werden kann, muss hier bleiben, auch wenn es viel Geld kostet. Aber ich halte es in der Tat nicht für akzeptabel, dass wir Menschen dauerhaft in Deutschland lassen, wenn sie etwa für Jahre oder Jahrzehnte auf den Taschen auf Sozialkassen liegen, ohne dass es humanitär notwendig ist."
Niedersachsen
Von Frank Politz
Ich war letztens da, erzählt sie und meint damit Serbien. Aber ich hab' mich dort schlecht gefühlt und hab' auch keine Erinnerungen mehr an früher. Meine Heimat, sagt die resolute junge Frau nachdrücklich, meine Heimat ist hier:
"Deutschland ist mein Ein und Alles, und ich werde in Deutschland bleiben. Ich bin hier in Deutschland aufgewachsen, und ich werde in Deutschland sterben, obwohl ich in Serbien halt geboren bin. Aber für Deutschland würde ich nichts aufgeben."
Meliha Üjkanovic, 19, aus Hildesheim. Vor rund zwölf Jahren, 1995, war sie als kleines Mädchen vor dem Balkan-Krieg geflohen; zusammen mit der Mutter und ihren Geschwistern. Kindheit und Jugend hier in der Bundesrepublik waren dann für sie zwar sicher, aber keineswegs unbeschwert. Grund: das Ausländerrecht und der psychische Druck durch die entsprechende Behörde. Das sei so gewesen, erinnert sich Meliha Üjkanovic:
"… dass wir jedes Mal immer geduldet wurden, für ein paar Wochen, für drei Monate. Und mir hat's dann langsam gereicht, weil sie zu mir immer gesagt haben: Es sieht schlecht aus für sie. Sie werden abgeschoben, Frau Üjkanovic, der Tag wird kommen. Man konnte schon gar nicht mehr richtig in Ruhe schlafen. Wenn man morgens zur Schule gegangen ist, hat man immer Angst gehabt. Man konnte sich gar nicht konzentrieren auf den Unterricht."
Die Angst war nicht unbegründet. Im vorigen Jahr, kaum dass sie 18 war, ist die junge Frau nur haarscharf der Abschiebung entgangen. Gerettet wurde sie durch großen öffentlichen Protest in Hildesheim. Und inzwischen hat Meliha Üjkanovic eine zweijährige Aufenthaltserlaubnis. Hintergrund dazu ist eben der Beschluss der Innenminister-Konferenz aus dem November vorigen Jahres zum Bleiberecht. Diese Vokabel täuscht allerdings. Auf immer, also unbefristet hier leben zu können, heißt das vorerst nämlich nicht. Aber die Betroffenen haben nun zumindest etwas mehr Ruhe. Vorausgesetzt, sie haben zuvor entsprechende Anträge gestellt, die auch genehmigt wurden. In Niedersachsen jedoch, kritisiert Andrea Kothen von Pro Asyl, sehe es da nicht gut aus:
"Die Regelung war tief angesetzt und ist auch im Ergebnis sehr, sehr enttäuschend. Es ist einfach so, dass die Behördenpraxis vielen Flüchtlingen ein Bleiberecht verwehrt. Das funktioniert nicht, und so sehen die Zahlen leider auch aus."
Stichwort Zahlen: Da kommt's schon darauf an, wer sie wie liest beziehugnsweise welche Ausgangsgröße zugrunde gelegt wird. Basis für Kai Weber, den Geschäftsführer des Flüchtlingsrates Niedersachsen, ist eine Menge von über 12.700 geduldeten Personen. So viele nämlich lebten per 30.6. als Familienangehörige mindestens schon - wie von der Politik gefordert - sechs Jahre in Niedersachsen. Wenigstens acht müssen es bei Singles sein. Voraussetzung ist ferner, dass man nicht straffällig geworden ist und ohne staatliche Hilfe per Arbeit über die Runden kommt. Dann ist eine Aufenthaltserlaubnis möglich. Rund 1600 wurden - ebenfalls per 30.06. - bisher in Niedersachsen erteilt. Macht nach der Rechnung von Kai Weber, also bezogen auf die mehr als 12.700, lediglich 12,5 Prozent. Die Regelung habe ihr Ziel verfehlt, kritisiert daher der Geschäftsführer des Flüchtlingsrates - und kreidet das den Ausländerbehörden im Lande an sowie dem hannoverschen Innenminister, dem CDU-Politiker Uwe Schünemann:
"Der Herr Schünemann hatte von Anfang an kein Interesse an einer großzügigen Umsetzung dieses Bleiberechts. Er hat die Umsetzung weitgehend den Ausländerbehörden selber überlassen, was die Interpretation des Verhaltens der Betroffenen angeht. Und hier haben wir ein sehr heterogenes Bild. Darin gibt es einige Ausländerbehörden, die relativ großzügig das Bleiberecht angewandt haben, andere wenden es kaum oder gar nicht an. Beide Praxen werden vom Innenministerium gedeckt, und es fehlt hier an einer Handlungsanleitung des Innenministeriums, die die kruden, restriktiven Ablehnungsbegründungen aufhebt und den Ausländerbehörden eine progressivere Praxis vorgibt."
Frank Rasche weist die Vorwürfe samt und sonders zurück. Sie seien haltlos, so der Sprecher des niedersächsischen Innenministers, der auch mit einer anderen Zahl operiert. Als Bezugsgröße nimmt er die Menge der bislang gestellten Anträge auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis: etwas über 6000. Davon wurden, wie schon erwähnt, rund 1600 genehmigt. Macht nach Rasches Rechnung mehr als 25 Prozent. Und das bringt ihn zu der Aussage:
"Es ist eindeutig so, dass die Bleiberechtsregelung der Innenministerkonferenz zieht. Von daher kann ich auch die Kritik von Herrn Weber überhaupt nicht verstehen. Hier sind unsere Zahlen ja eindeutig auch nachvollziehbar, und mit 25-prozentiger Anerkennung - muss ich sagen - tun die Ausländerbehörden das hier sehr gewissenvoll."
Aber: Aufenthaltserlaubnisse, und um die geht es ja wohlgemerkt, bedeuten vorerst eben kein unbefristetes Bleiberecht. Dass die Politik ihr das selbst nach zwölf Jahren noch nicht geben will, darüber kann sich die anfangs gehörte Meliha Üjkanovic ziemlich aufregen. Abschließend schimpft die junge Frau, die jüngst, am 1. August, eine Lehre zur Arzthelferin begonnen hat:
"Die wollten ´nen Ausbildungsplatz; ich hab 'nen Ausbildungsplatz bekommen. Die wollten, dass ich mich integriere; ich erkenne Deutschland als mein Heimatland an. Ich bin niemals kriminell aufgefallen, war die Allerbeste der Klasse - und trotzdem bekommt man nichts. Also, man hat die Sicherheit nicht. Zwei Jahre schon, natürlich, obwohl die Ausbildung aber drei Jahre dauert. Dann sagt man: Irgendwo wollen sie einen verarschen, oder nicht?"
Saarland
Von Tonia Koch
Red.: C. Perez
Es ist ein warmer, sonniger Tag in Lebach. Kinder spielen draußen, einige Männer stehen in kleinen Gruppen zusammen. Marouan Abijomaa wartet bereits. Er lebt mit seiner Famiglie seit sechs Jahren im Lager Lebach, der zentralen Aufnahmestelle für Flüchtlinge im Saarland. Der ständige Mitarbeiter des Diakonischen Werkes vor Ort, Ishac Badawi, wie Abijomaa gebürtiger Libanese, hat ihn ausgewählt, damit er über seine Situation und seine Wünsche berichten kann. Das Wichtigste hat sich Marouan Abijomaa auf einem kleinen Zettel notiert.
"Ich möchte arbeiten und für meine Familie das Geld ausgeben. Ich möchte nicht immer von Sozialhilfe leben."
Die Arbeitssuche gestaltet sich jedoch schwierig. Das hat mehrere Ursachen. Zum einen biete der saarländische Arbeitsmarkt kaum Chancen für jene, die im Lager leben und die Voraussetzungen erfüllen, in Deutschland bleiben zu dürfen, sagt Ishac Badawi.
"Wir haben viele unqualifizierte Asylbewerber und in ihren Berufen werden wenige Arbeit finden."
Zum anderen ist Marouan Abijomaa körperlich eingeschränkt. Vor vier Jahren war er in der Industrie eine Zeit lang als Helfer tätig, als er einen Arbeitsunfall erlitt. Ein tonnenschweres Werkstück fiel vom Stapler und zertrümmerte seinen Fuß.
"Ich suche eine leichte Arbeit, weil ich kann nicht den ganzen Tag auf meinem Fuß stehen, ich habe Schmerzen, aber bis jetzt habe ich nichts gefunden."
Solange der Bundespräsident die bundeseinheitliche Regelung über das Bleiberecht abgelehnter Asylbewerber nicht unterzeichnet hat, gelten die Beschlüsse der Innenministerkonferenz. Und gemäß den saarländischen Bestimmungen muss ein erwachsenes Mitglied der Familie Abijomaa, also entweder der Vater, die Mutter oder der Sohn, bis Ende September eine Beschäftigung finden, sonst droht die Abschiebung. Dabei reicht es nicht aus, nur beschäftigt zu sein. Sondern es muss ein auskömmliches Einkommen erwirtschaftet werden, um den Lebensunterhalt selbst bestreiten zu können. Die Familie Abijomaa muss netto 1200 Euro zusammenbringen. Eine hohe Hürde.
"Niemand bietet mir eine 'Full-Arbeit', um dieses Geld zu kriegen."
Theoretisch ist die Arbeitssuche für geduldete Asylbewerber nicht mehr eingeschränkt. Findet Marouan Abijomaa einen potenziellen Arbeitgeber und bescheinigt dieser ihm, dass er ihn einstellt, dann kann sich der Geduldete mit dieser Bescheinigung an die Ausländerbehörde wenden. Denn wer Arbeit hat, bekommt eine Aufenthaltserlaubnis. Arbeitgeber aber scheuen diese Praxis, weil sie – so argumentieren die Flüchtlingsorganisationen – mit dem Status der Duldung nichts anzufangen wissen. Diese Form der Zurückhaltung bekam auch Marouan Abijomaa zu spüren.
"Wenn der Geschäftsführer sagt, wir brauchen deine Aufenthaltgenehmigung oder deine Arbeitserlaubnis und Du hast keines von beiden, sondern du hast eine Duldung von drei Monaten, dann sagt der Geschäftsführer, wir brauchen keine."
Dieses Problem, sagt die saarländische Innenministerin, Annegret Kramp-Karrenbauer, erledige sich bald von selbst.
"Das ist aus meiner Sicher, sobald die gesetzliche Bleiberechtsregelung in Kraft ist, unerheblich, weil es gerade per Gesetz aufgehoben worden ist, diese Problematik."
Darauf hofft auch Marouan Abijomaa. Die neue Regelung würde ihm Zeit lassen, sich bis 2009 einen Job zu suchen. Das Gesetz sieht bis dahin eine befristete Aufenthaltserlaubnis auf Probe vor. Und damit kann Abijomaa auch die Dienste der Agenturen für Arbeit in Anspruch nehmen. Die Jobsuche würde erleichtert, die Chancen stiegen, in Deutschland bleiben zu dürfen. Abijomaa aber hat noch ein weiteres Problem. Er besitzt für die Familie keine Pässe. Und solange er diese nicht vorlegt, kann über seinen Antrag nicht entschieden werden. Die libanesische Botschaft aber verlangt für die Papiere Geld; Geld, das er nicht hat. Ishac Badawi:
"1200 Euro für eine vierköpfige Familie. Das ist ein Monatseinkommen, wo soll das denn herkommen."
Im Saarland haben viele Betroffene, die einen Antrag gestellt haben, dauerhaft in der Bundesrepublik zu bleiben, noch keine Pässe vorgelegt. Deshalb sei die saarländische Anerkennungsquote im Vergleich zu anderen Bundesländern bislang auch sehr niedrig. Innenministerin Annegret Kramp-Karrenbauer:
"Zum einen haben wir die Situation, dass wir Fälle haben, die sich in der Vergangenheit schon nicht bemüht haben um ihre Passersatzpapiere, weil damit auch ein gewisser Schutz vor Abschiebung verbunden war. Wir haben aber auch Fall-Konstellationen., wo es mit großem Aufwand verbunden ist, entsprechende Passersatzpapiere zu beschaffen."
Die Wohlfahrtsverbände sehen das Land in der Pflicht. Es sollte die Kosten für die Beschaffung der Papiere übernehmen. Die Verbände selbst wollen nicht in die Bresche springen. Martin Horzella vom Diakonischen Werk an der Saar:
"Hier bedarf es einer generellen Lösung, wer a sagt muss auch b sagen. Das ist eine originär staatliche Aufgabe, sich um das Problem der Pass-Kosten zu kümmern, das kann nicht auf die Wohlfahrtspflege abgewälzt werden."
Das Land will erst überprüfen, ob die Pass-Problematik an Staaten-Gruppen festgemacht werden kann. Allein an der Finanzierung fehlender Ausweispapiere, werde – so verspricht die Innenministerin – ein dauerhafter Aufenthalt nicht scheitern.