Auf den Spuren der Weise "O Haupt voll Blut und Wunden“

Im Rausch einer alten Melodie

Die vier MusikerInnen mit ihren Instrumenten
Juri Vallentin (Oboe) und Trio d'Iroise © Foto: Magnus Maas
Moderation: Carola Malter · 19.06.2020
Es gibt Musik, die einen ein Leben lang begleiten. Für Bach war es das schlichte Kirchenlied: "O Haupt voll Blut und Wunden". Der Oboist Juri Vallentin und das Trio d‘lroise verfolgen die Spuren dieses Liedes von der Urfassung bis in unsere Zeit.
Musik kann hoffnungsvoll stimmen oder in schwierigen Zeiten trösten. Manche Melodien graben sich tief in unsere Seele ein und begleiten uns ein Leben lang.
Für Johann Sebastian Bach war es das Kirchenlied "O Haupt voll Blut und Wunden". Es gelangte auf unterschiedlichsten Wegen immer wieder auch in seine Musik. Die "Matthäuspassion" sowie das "Weihnachtsoratorium" sind Beispiele dafür - dort wird die Melodie mit dem ebenfalls von Paul Gerhardt stammenden Text "Wie soll ich dich empfangen" unterlegt.
Die Musikerinnen unseres Spontankonzertes haben sich auf Spurensuche dieser alten Melodie begeben und daraus einen spannenden musikalisch-literarischen Abend entwickelt.

Die Geschichte eines Liedes

"O Haupt voll Blut und Wunden" ist DAS Lied des Karfreitags. Doch der Melodie des Passionsliedes liegt das weltliche Liebeslied von Hans Leo Hassler "Mein G’müt ist mir verwirret" zugrunde.
Hassler veröffentlichte es 1601 in seinem "Lustgarten neuer teutscher Gesäng". Eine Liebe wird hier besungen, die stärker als alles andere im Leben ist, stärker noch als der Tod selbst. Dieses Liebeslied traf die Menschen mitten ins Herz und es verbreitete sich um 1600 in Windeseile.
Eine schwarz-weiße Zeichnung zeigt einen Mann mit großem Kragen um den Hals.
Eine historische Zeichnung des 19. Jahrhunderts zeigt Hans Leo Hasslerder Komponist, Uhrmacher und Musikinstrumentenbauer war.© imago images / imagebroker
Aus der frühbarocken Urfassung wurde rasch ein Lied, das sich in vielen Liederbüchern jener Zeit mit immer wieder neuen Texten finden lässt. Der protestantische Pfarrer Paul Gerhardt war es dann, der die Melodie in die lutherischen Gemeinden brachte.
Bach verwendete schließlich einzelne Strophen daraus in seiner Matthäuspassion und auch in verschiedenen anderen Kantaten.

Der Melodie auf der Spur

Juri Vallentin und das Trio d’Iroise haben Werke von Komponisten wie Johann Gottlieb Janitsch ausgewählt, die sich einerseits explizit auf das Passionslied beziehen und andererseits Aspekte des frühbarocken Gedichtes "Mein Gemüt ist mir verwirret" beleuchten.
Der Oboist steht mit seinem Instrument vor einer großen Scheibenfront, in der sich ein Park spiegelt.
Juri Vallentin fand erst am Gesang Gefallen, bevor er sich für die Oboe entschied.© Juri Vallentin / Uwe Mühlhäuser
Entstanden ist eine musikalisch-literarische Reise u.a. mit Werken von Johann Sebastian Bach, einer Erstaufführung von Charles Bochsa und Frederick Septimus Kelly.
Live aus der Jesus-Christus-Kirche in Berlin-Dahlem
"O Haupt voll Blut und Wunden" in den Werken von Bach, Hassler, Janitsch u.a.
Ein literarisch-musikalisches Programm
Hans Leo Hassler
Diminutionen über das Madrigal
"Mein G'müth ist mir verwirret"

Johann Gottlieb Janitsch
"Quadro g-moll über O Haupt voll Blut und Wunden"
Johann Sebastian Bach
"Erkenne mich, mein Hüter" Choral, BWV 244, Nr. 21
Frederick Septimus Kelly
"Romance" für Streichtrio
Johann Sebastian Bach
"O Haupt voll Blut und Wunden" Choral, BWV 244 Nr. 63
Charles Bochsa
Quatuor en ré mineur
Johann Sebastian Bach
"Wenn ich einmal soll scheiden" Choral, BWV 244 Nr. 72
Theo Verbey
"4 Preludes to Infinity" (2013)
Johann Sebastian Bach
"Wie soll ich dich empfangen" Choral, BWV 248 Teil I / Nr. 5
Johann Sebastian Bach
"Fuga à 3 Soggetti"
Schlussfuge aus "Die Kunst der Fuge" BWV 1080

Juri Vallentin, Oboe
Trio d’lroise:
Sophie Pantzier, Violine
François Lefèvre, Viola
Johann Caspar Wedell, Violoncello

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