Attentäter von London waren offenbar britische Staatsbürger
Die möglichen Attentäter aus der muslimischen britischen Bevölkerung könnten das Konzept der Integration in Frage stellen, meint die britische Labour-Abgeordnete Gisela Stuart. Einen primären Zusammenhang zwischen den Attentaten und der britischen Beteiligung am Irak-Krieg wies sie zurück.
Sagenschneider: Wie beunruhigend ist das, dass es sich möglicherweise um Selbstmordattentäter mit britischem Pass handelt?
Stuart: Das ist unwahrscheinlich beunruhigend. Erstens mal dieses ganze Konzept dieser Selbstmordattentäter - wir wissen, wo die vorkommen, dass der Staat da eigentlich keine Sanktionen hat, es ist unwahrscheinlich schwer, mit denen wirklich zu arbeiten. Und das Zweite ist, dass sie in Großbritannien geboren sind, obwohl wir dieses Phänomen der zu Hause gewachsenen Attentäter schon von Irland kennen. Aber jetzt mit der Moslempopulation stellt das natürlich dieses ganze Konzept der Integration in Frage.
Sagenschneider: Das heißt, es muss sich auch die Politik fragen, was sie vielleicht falsch gemacht hat, wenn junge Menschen sich auf diese Art gegen die Gesellschaft wenden, in der sie aufgewachsen sind und offenbar mit den demokratischen, freiheitlichen Werten gar nichts anfangen können oder sie sogar ablehnen.
Stuart: Und was wir auch noch nicht genau wissen, in der Vergangenheit haben wir immer Attentäter und Gesellschaftsgegner mit Armut und solchen Sachen verbunden. Was man in Saudi-Arabien zum Beispiel sah, waren junge Leute, die aus guten Verhältnissen kamen. Wir wissen noch nicht, wie das hier in Großbritannien ist, ob es auch mit Armut etwas zu tun hat, ob wir einen Fehler machten, dass wir in diesen Moslemschulen nicht mehr von außen gesehen haben, was die Lehrer ihre Kindern gelehrt haben. All diese Sachen werden jetzt in Frage gestellt. Für die Briten ist dieses Potenzial ein großes Problem. Wir sind stolz auf die Integration. Mein Wahlbezirk ist in Birmingham. Wir glauben, dass wir da richtig gehandelt haben. Ich hoffe, dass wir jetzt nicht dastehen und das alles in Frage stellen müssen.
Sagenschneider: Wenn ich Sie richtig verstanden habe, und es ist ja auch nach so ein paar Tagen für Konsequenzen oder für Überlegungen, welche Konsequenzen man daraus ziehen könnte, ist es noch zu früh?
Stuart: Im Augenblick, glaube ich, ist es noch zu früh. Erstens wissen wir jetzt noch nicht, inwieweit diese Gruppe eine ganz kleine Gruppe war, wie weit dieses Netz geworfen wurde. Gestern wurden in anderen Teilen des Landes Sprengstoffe in Autos gefunden. Das ist das eine. Das zweite ist, inwieweit sie internationale Verbindungen hatten, das wissen wir auch noch nicht. Also, erstmal abwarten für eine kurze Zeit.
Sagenschneider: Wir wissen noch zu wenig über die Gruppe. Aber natürlich wird täglich wiederholt: Solche Anschläge können sich jederzeit wiederholen. Und derzeit hören wir viel von der sprichwörtlichen britischen Gelassenheit. Wie belastbar ist die denn?
Stuart: Man ist nicht gelassen. Aber man ist sich immer der Grenzen des Möglichen bewusst, was kann man machen und wann haben diese Terroristen gewonnen. Und die haben gewonnen, wenn wir aufhören, unserem täglichen Leben nachzugehen. Man muss manchmal historische Parallelen sehen. Wir haben ja etwas Ähnliches in den 70er Jahren gesehen. Ich war als Studentin in München während der Olympiade, schwarzer September, Baader-Meinhof, Rot Armee Fraktion; Züge wurden in Holland festgehalten, Flugzeuge wurden in die Luft geflogen. Eine Gesellschaft muss dann so darauf reagieren, dass man findet, wer das macht. Man muss ruhig darauf reagieren, man darf einen Staat nicht zu einem Polizeistaat werden lassen, denn dann haben die Terroristen ja gewonnen.
Sagenschneider: Die Frage ist, wo ist die Grenze. Die Regierung Blair, also Ihre Regierung, die berät ja derzeit, ob die Anti-Terror-Gesetze noch verschärft werden sollen. Wie ist Ihre Haltung dazu?
Stuart: Ich glaube, in manchen Bezügen haben wir hier in Großbritannien nicht die Gesetze, die uns erlauben, früher einzugreifen. Wir haben ja zum Beispiel überhaupt keine Personalausweise hier. Wenn man hier irgendwo lebt, muss man sich nicht registrieren. Es gibt also bestimmte Sachen, die das Land Großbritannien vor vielen Jahren für mich attraktiv machten, weil man eben diese Freiheit hat. Und das wird jetzt oft in Frage gestellt.
Sagenschneider: Wird es auch von der Regierung Blair in Frage gestellt. Also diskutiert man ernsthaft, zum Beispiel Personalausweise einzuführen?
Stuart: Ja, wir haben Legislationen hier, die diese biometrischen Ausweise über eine Periode sogar pflichtmäßig machen würden. Ich glaube, das ist jetzt eine Bewegung, die schwer aufzuhalten ist.
Sagenschneider: Diese Anschläge - das wissen wir inzwischen - die müssen ja auch immer im Zusammenhang mit dem Irakkrieg gedacht werden. Tony Blair war und ist ein treuer Verbündeter von George Bush eben auch im Irakkrieg. Im nachhinein gesehen - war das ein Fehler?
Stuart: Ich bin immer noch davon überzeugt, dass wir das Richtige gemacht haben. Ob wir in dem Verfahren alle keine Fehler machten, ist eine andere Frage. Im Prinzip war die Entscheidung meiner Meinung nach die richtige. Aber man muss hier auch sagen, die Angriffe in New York kamen vor Irak. Man hatte Angriffe in Russland, zum Beispiel in Beslan. Diese fanatischen Angriffe sind nicht nur auf Irak bezogen. Ich glaube, es ist zu einfach zu sagen, die kommen da aus Irak heraus.
Sagenschneider: Das stimmt, aber der Irak ist ein Hort des Terrorismus geworden.
Stuart: Aber es war vielleicht nur ein Zeichen einer tieferen Malaise.
Sagenschneider: Die britische Labour-Abgeordnete Gisela Stuart.
Stuart: Das ist unwahrscheinlich beunruhigend. Erstens mal dieses ganze Konzept dieser Selbstmordattentäter - wir wissen, wo die vorkommen, dass der Staat da eigentlich keine Sanktionen hat, es ist unwahrscheinlich schwer, mit denen wirklich zu arbeiten. Und das Zweite ist, dass sie in Großbritannien geboren sind, obwohl wir dieses Phänomen der zu Hause gewachsenen Attentäter schon von Irland kennen. Aber jetzt mit der Moslempopulation stellt das natürlich dieses ganze Konzept der Integration in Frage.
Sagenschneider: Das heißt, es muss sich auch die Politik fragen, was sie vielleicht falsch gemacht hat, wenn junge Menschen sich auf diese Art gegen die Gesellschaft wenden, in der sie aufgewachsen sind und offenbar mit den demokratischen, freiheitlichen Werten gar nichts anfangen können oder sie sogar ablehnen.
Stuart: Und was wir auch noch nicht genau wissen, in der Vergangenheit haben wir immer Attentäter und Gesellschaftsgegner mit Armut und solchen Sachen verbunden. Was man in Saudi-Arabien zum Beispiel sah, waren junge Leute, die aus guten Verhältnissen kamen. Wir wissen noch nicht, wie das hier in Großbritannien ist, ob es auch mit Armut etwas zu tun hat, ob wir einen Fehler machten, dass wir in diesen Moslemschulen nicht mehr von außen gesehen haben, was die Lehrer ihre Kindern gelehrt haben. All diese Sachen werden jetzt in Frage gestellt. Für die Briten ist dieses Potenzial ein großes Problem. Wir sind stolz auf die Integration. Mein Wahlbezirk ist in Birmingham. Wir glauben, dass wir da richtig gehandelt haben. Ich hoffe, dass wir jetzt nicht dastehen und das alles in Frage stellen müssen.
Sagenschneider: Wenn ich Sie richtig verstanden habe, und es ist ja auch nach so ein paar Tagen für Konsequenzen oder für Überlegungen, welche Konsequenzen man daraus ziehen könnte, ist es noch zu früh?
Stuart: Im Augenblick, glaube ich, ist es noch zu früh. Erstens wissen wir jetzt noch nicht, inwieweit diese Gruppe eine ganz kleine Gruppe war, wie weit dieses Netz geworfen wurde. Gestern wurden in anderen Teilen des Landes Sprengstoffe in Autos gefunden. Das ist das eine. Das zweite ist, inwieweit sie internationale Verbindungen hatten, das wissen wir auch noch nicht. Also, erstmal abwarten für eine kurze Zeit.
Sagenschneider: Wir wissen noch zu wenig über die Gruppe. Aber natürlich wird täglich wiederholt: Solche Anschläge können sich jederzeit wiederholen. Und derzeit hören wir viel von der sprichwörtlichen britischen Gelassenheit. Wie belastbar ist die denn?
Stuart: Man ist nicht gelassen. Aber man ist sich immer der Grenzen des Möglichen bewusst, was kann man machen und wann haben diese Terroristen gewonnen. Und die haben gewonnen, wenn wir aufhören, unserem täglichen Leben nachzugehen. Man muss manchmal historische Parallelen sehen. Wir haben ja etwas Ähnliches in den 70er Jahren gesehen. Ich war als Studentin in München während der Olympiade, schwarzer September, Baader-Meinhof, Rot Armee Fraktion; Züge wurden in Holland festgehalten, Flugzeuge wurden in die Luft geflogen. Eine Gesellschaft muss dann so darauf reagieren, dass man findet, wer das macht. Man muss ruhig darauf reagieren, man darf einen Staat nicht zu einem Polizeistaat werden lassen, denn dann haben die Terroristen ja gewonnen.
Sagenschneider: Die Frage ist, wo ist die Grenze. Die Regierung Blair, also Ihre Regierung, die berät ja derzeit, ob die Anti-Terror-Gesetze noch verschärft werden sollen. Wie ist Ihre Haltung dazu?
Stuart: Ich glaube, in manchen Bezügen haben wir hier in Großbritannien nicht die Gesetze, die uns erlauben, früher einzugreifen. Wir haben ja zum Beispiel überhaupt keine Personalausweise hier. Wenn man hier irgendwo lebt, muss man sich nicht registrieren. Es gibt also bestimmte Sachen, die das Land Großbritannien vor vielen Jahren für mich attraktiv machten, weil man eben diese Freiheit hat. Und das wird jetzt oft in Frage gestellt.
Sagenschneider: Wird es auch von der Regierung Blair in Frage gestellt. Also diskutiert man ernsthaft, zum Beispiel Personalausweise einzuführen?
Stuart: Ja, wir haben Legislationen hier, die diese biometrischen Ausweise über eine Periode sogar pflichtmäßig machen würden. Ich glaube, das ist jetzt eine Bewegung, die schwer aufzuhalten ist.
Sagenschneider: Diese Anschläge - das wissen wir inzwischen - die müssen ja auch immer im Zusammenhang mit dem Irakkrieg gedacht werden. Tony Blair war und ist ein treuer Verbündeter von George Bush eben auch im Irakkrieg. Im nachhinein gesehen - war das ein Fehler?
Stuart: Ich bin immer noch davon überzeugt, dass wir das Richtige gemacht haben. Ob wir in dem Verfahren alle keine Fehler machten, ist eine andere Frage. Im Prinzip war die Entscheidung meiner Meinung nach die richtige. Aber man muss hier auch sagen, die Angriffe in New York kamen vor Irak. Man hatte Angriffe in Russland, zum Beispiel in Beslan. Diese fanatischen Angriffe sind nicht nur auf Irak bezogen. Ich glaube, es ist zu einfach zu sagen, die kommen da aus Irak heraus.
Sagenschneider: Das stimmt, aber der Irak ist ein Hort des Terrorismus geworden.
Stuart: Aber es war vielleicht nur ein Zeichen einer tieferen Malaise.
Sagenschneider: Die britische Labour-Abgeordnete Gisela Stuart.