Schweden auf Endlager-Suche
Ein privates Unternehmen testet in Schweden in einem unterirdischen Felslabor, ob sich Granit als Gestein für ein atomares Endlager eignet. Sie muss unter anderem klären, ob die Kupferbehälter, die den Atommüll umhüllen, lange genug halten. Umweltschützer sind skeptisch.
Das Büro der Umweltorganisation MKG in Göteborg liegt mitten in der Stadt. Johan Swahn wacht hier darüber, dass der schwedische Staat hochradioaktiven Atommüll möglichst sicher unter die Erde bringt. Gegen die Idee der Finnen und Schweden, den Strahlenmüll in Kupferbehältern verpackt im Granit zu beerdigen, hat er viele Vorbehalte. Deswegen ist er enttäuscht, dass die finnische Atomindustrie schon jetzt grünes Licht für den Endlagerbau bekommen hat.
"Es war ziemlich traurig, diese Nachricht zu bekommen. Aber sie kam auch nicht unerwartet. Wir wussten, dass Finnland diese Entscheidung eines Tages fällen wird."
Bereits 2011 hat auch Schwedens Atomindustrie bei der Regierung beantragt, ein Endlager im Granit zu bauen. Doch die Behörden forderten Nachbesserungen, erzählt Johan Swahn. Nun muss der private Betreiber unter anderem beweisen, dass die Kupferbehälter, die den Atommüll umhüllen, wirklich 100.000 Jahre lang halten werden. Schwedische Wissenschaftler hatten berechnet, dass der Kupfermantel, in den der Atommüll verpackt werden soll, wesentlich schneller korrodiert als von der Betreiberfirma berechnet.
"Es muss erst klar bewiesen werden, dass die künstlichen Barrieren wirklich funktionieren und uns vor dem Atommüll schützen. In Finnland wird gesagt: Das Problem mit der Korrosion lösen wir, wenn es auftritt. Sie wissen also, dass es dieses Problem gibt und ich finde es höchst problematisch, den Bau des Endlagers anzufangen und dann womöglich wieder zu stoppen, weil Probleme auftreten."
Der Tunnel soll vor allem Besuchern die Angst vor der Strahlenkraft nehmen
Welche Probleme mit Kupferkanistern entstehen können, testet die schwedische Atommüll-Beseitigungsgesellschaft SKB in einem unterirdischen Fels-Labor. Am Eingang zum Lift, der in das Tunnelsystem hinabführt, steht Öffentlichkeitsreferentin Brita Freudenthal. Auch eine Gruppe Wissenschaftler in Bauarbeiterkluft steigt mit in den engen Fahrstuhl.
420 Meter tief unter der Erdoberfläche bleibt der Aufzug stehen. Brita Freudenthal öffnet eine riesige Stahltür, dahinter liegt ein ganzes Tunnelsystem. Die Tür gibt den Blick frei auf eine zweispurige Straße, die hier durch den Fels führt. In Felsnischen entlang der Straße laufen wissenschaftliche Experimente. Sie sollen beweisen, dass die Kupferbehälter, in die später der hochradioaktive Abfall eingelagert werden soll, geologischen Veränderungen standhalten können:
"Der Tunnel war fertig in 1995. Wir sagen: Das ist unsere große Küche, wo wir alles experimentieren. Eine Generalrepetition kann man auch sagen. Hier müssen wir alle Irrtümer machen , alles was falsch geht richtig machen können bevor wir zu den Behörden, zu der Regierung alle unsere Papiere einliefern können und sagen: Wir wollen ein Endlager bauen und wir wollen es dort und so machen."
Wissenschaftler simulieren im Tunnel Eiszeiten und ahmen Gebirgsbewegungen nach. Das Äspö Labor ist aber vor allem dazu da, Besuchern die Angst vor dem Strahlenmüll zu nehmen. Pro Jahr kommen mehrere Tausend Besucher, um sich das Labor anzusehen. Schulklassen, aber auch Atomkraftgegner und Wissenschaftler.
Umweltschützer hoffen auf weitere Möglichkeiten zur Lagerung
Brita Freudenthal deutet auf ein Loch im Felsboden, in dem eine Kupferkapsel versenkt ist. Sie misst etwa vier Armlängen im Umfang. Umhüllt wird der Behälter von einer Art Tonmaterial, das den Kupfer vor Wasser schützen und damit verhindern soll, dass er korrodiert. Mindestens 100.000 Jahre müssen diese Barrieren verhindern, dass hochgiftige Radionuklide austreten und mit dem Grundwasser in die Umwelt gelangen.
Ein Endlagerkonzept und der Standort sollten deshalb nicht leichtfertigt gewählt werden, meint Johan Swahn von der schwedischen Umweltorganisation MKG. Er kämpft dafür, dass in Schweden auch nach anderen Möglichkeiten gesucht wird, den Atommüll sicher zu lagern. Viel Hoffnung hat er jedoch nicht: Die Atomindustrie sei mit ihren Plänen schon zu weit fortgeschritten.
"Wenn sich eine Firma seit vielen Jahren auf einen Ort für das Endlager festgelegt hat, wurde oft auch schon viel Geld investiert. Und auch deshalb gibt es eine Tendenz, dass man am Ende einer ergebnisoffenen Suche wieder dort landet, wo man am Anfang war."