Atomabkommen mit dem Iran

Wie die Europäer sich selbst zu Zwergen machen

Ein Gartenzwerg vor Bergkulisse steht mit dem Rücken zum Betrachter und blickt über einen Bretterzaun
Blick über den Zaun: Sind die Bretter zu hoch? Droht die Verzwergung? © imago/Photocase
Ferdos Forudastan im Gespräch mit Anke Schaefer · 14.05.2018
US-Präsident Trump hat den Atomdeal mit dem Iran aufgekündigt. Werden sich die Europäer jetzt zusammentun und den USA Paroli bieten? Die SZ-Journalistin Ferdos Forudastan hat erhebliche Zweifel.
Die Amerikaner kündigen das Atomabkommen mit dem Iran - und niemand in Europa weiß anscheinend derzeit, wie es weitergehen kann. Das ist der Eindruck, der sich verfestigt.
Der Iran hat der Europäischen Union nun eine Frist von 60 Tagen gesetzt, um die Umsetzung des Abkommens zu garantieren. Morgen trifft sich der deutsche Außenminister Maas mit seinen französischen und britischen Kollegen in Brüssel - mit dabei ist auch der iranische Amtsinhaber Mohammed Dschawad Sarif.
Europa werde nun versuchen zu retten, was zu retten ist, sagte die SZ-Journalistin Ferdos Forudastan im Deutschlandfunk Kultur.

"Wenn ihr euch jetzt nicht zusammentut, wann dann?"

"Man denkt tatsächlich: Wenn ihr euch jetzt nicht zusammentut, wann dann?" fragte Forudastan: "Wenn ihr euch jetzt nicht erhebt und sagt, 'wir sind nicht der Zwerg, der vor den USA kuscht', dann könnt ihr es ganz vergessen, die ganze Idee der Gemeinschaft."
Alle wüssten aber: "Es gibt so viele Punkte, in denen sich die Europäer uneinig sind." Und die Prozesse bis hin zu einem gemeinsamen Beschluss dauerten wahnsinnig lange. Deshalb sei sie im Moment skeptisch, betonte Forudastan.
Ferdos Forudastan: Ehemals Sprecherin von Ex-Bundespräsident Gauck, jetzt in leitender Funktion bei der Süddeutschen Zeitung
Ferdos Forudastan: Ehemals Sprecherin von Ex-Bundespräsident Gauck, jetzt in leitender Funktion bei der Süddeutschen Zeitung© picture alliance / dpa / Kay Nietfeld
Es sei nicht ausgemacht, dass Europa weiterhin zu seinen Werten stehen wolle, und es gebe viele Beispiele aus den letzten Jahren, wo genau das Gegenteil von dem getan worden sei, was man hätte tun müssen: "Nämlich sich zusammentun." Als Beispiel nannte Forudastan die Flüchtlingskrise.

Durchwurschteln statt Stellung beziehen

"Ich kann mir vorstellen, dass man versucht, sich irgendwie durchzuwurschteln", sagte die Journalistin. Für das "große Aufbäumen" sehe sie im Moment noch keine Indizien.
Die Situation im Iran selbst beschreibt Forudastan, die dort Familie hat, als angespannt. Trumps Entscheidung spiele den Hardlinern in die Hände und habe diese gestärkt, sagte sie. (ahe)
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