Asylpolitik

Arbeitsamt eröffnet Filiale in Flüchtlingsunterkunft

Blick in ein Jobcenter: im Vordergrund das Logo der Bundesagentur für Arbeit, im Hintergrund verschwommen zwei Frauen, die miteinander reden
Schnelle Beratung von Flüchtlingen ist wichtig. © dpa / picture alliance
Von Christoph Richter · 18.09.2015
Um Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt integrieren zu können, müssen ihre beruflichen Kompetenzen schnell erfasst werden. Daher hat das Arbeitsamt in Sachsen-Anhalt eine Filiale in einer Flüchtlingsunterkunft in der Nähe von Halberstadt eröffnet. Ein Projekt mit Modellcharakter.
"Kannst Du mal fragen, wie die Deutschkenntnisse sind, ob er schon welche hat."
Im Harzvorland am Rand von Halberstadt, im Erdgeschoss eines früheren Plattenbaus, der Zentralen Erstaufnahmestelle für Flüchtlinge in Sachsen-Anhalt, hat sich die Arbeitsagentur eingerichtet. Mit einem kleinen - provisorisch eingerichteten – Büro. Mittels Befragungen versucht der 38-jährige Arbeitsvermittler Michael Krebs zusammen mit einem Dolmetscher herauszufinden, was für Qualifikationen, Abschlüsse und Berufserfahrungen jeder einzelne Flüchtling mitbringt. Gerade sitzt ein syrischer junger Mann vor ihm, der lieber anonym bleiben will. Ein angehender Elektromonteur.
"Wir machen eine Kompetenzfeststellung. Das heißt, Leute, die hierherkommen, dass die auch die Leute für Sachsen-Anhalt sind. Dazu nehmen wir die berufliche Kompetenz auf, was haben sie gemacht, was haben sie für ein Studium, was haben sie für Kenntnisse. Welche Fähigkeiten bringen sie mit, welche Berufserfahrungen haben sie. Um zu schauen, wo man sie später auch einsetzen kann."
Jobvermittler Michael Krebs hat sich freiwillig gemeldet, um in der Flüchtlingsunterkunft zu arbeiten. Er nennt es eine wunderbare Herausforderung, auch weil er die Schicksale der Flüchtlinge so mal ganz persönlich kennenlerne.
Integration schnellstens voranbringen
"Nah dran sein an den Flüchtlingen", so nennt der Chef der Regionaldirektion Sachsen-Anhalt Kay Senius das Credo des Pilotprojekts. Mittels geschulten Mitarbeitern, die direkt in der Zentralen Aufnahmestelle präsent sind, könne man die Integration der Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt schnellstens voranbringen, unterstreicht Arbeitsamtler Kay Senius und erläutert das Prozedere.
"Diese Daten und Informationen werden in unser Datenverarbeitungssystem der Bundesagentur für Arbeit eingeben. Und wir geben gleichzeitig der Zentralen Aufnahmestelle eine Empfehlung, in welchen Regionen des Landes – insbesondere die Kompetenzprofile, die hier auflaufen – besonders nachgefragt sind."
Es wird deutlich: Die Integration der Flüchtlinge ist nur eine Sache. Denn was Sachsen-Anhalt besonders drückt, ist der Fachkräftemangel. Ein Problem, das nun die Flüchtlinge mit lösen sollen.
"Und wenn wir hier im Endeffekt eine Win-Win-Situation organisieren können. Auf der einen Seite den Menschen hier Heimat und Beschäftigung zu geben, auf der anderen Seite die heimische Wirtschaft im Fachkräftebedarf mit zu unterstützen. Dann ist es etwas, wo wir uns gerne einbringen. Ich glaube da treffen sich zwei verschiedene Interessenlagen zu einem gemeinsamen Guten."
In der Filiale des Arbeitsamtes in der Flüchtlingsunterkunft Halberstadt gibt es keine festen Sprechzeiten. Mit drei Mitarbeitern ist man rollierend im Einsatz.
"Die Flüchtlinge, die hierher kommen, die kommen ja im Endeffekt, weil sie ihr Leben in die Hand nehmen wollen. Die wollen sich in die Gesellschaft einbringen, die suchen eine neue Heimat. Und die wissen, dass man in der neuen Heimat natürlich arbeiten muss. Und sie wollen auch arbeiten. Und kommen deshalb auch hierher. Das erklärt auch, dass sie im Endeffekt aufgeladen mit guten Ideen, Kompetenzen und ihren Wünschen bei uns aufschlagen."
Seit zwei Wochen gibt es das Arbeitsamt in der Asylunterkunft in Halberstadt schon. Wenn das Projekt ein Erfolg wird, will man es auch auf weitere Unterkünfte ausweiten.
Doch wie lange es vom ersten Gespräch dauert, bis der Flüchtling dann auch eine Arbeit hat, das kann keiner sagen. Es hänge von vielen Faktoren ab, heißt es nur. Das Wichtigste sind natürlich die Sprachkenntnisse, aber auch die Anerkennung der Berufs- und Studienabschlüsse wird naturgemäß geraume Zeit beanspruchen. Denn Originalunterlagen wird kaum ein Flüchtling bei sich haben. Weshalb man bereits jetzt schon sagen kann, dass der Berufseinstieg in Deutschland – trotz aller Wünsche - für so manchen Flüchtling künftig eine große Hürde sein wird.
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