Asyldebatte

Krisengipfel wird vorverlegt

Ein Flüchtlingskind sitzt in Berlin auf dem Gelände des Landesamtes für Gesundheit und Soziales (LaGeSo) auf einem Bordstein.
Was tun angesichts der steigenden Anzahl an Flüchtlingen? Das wollen Bund und Länder in einem Monat beraten. © picture alliance / dpa / Paul Zinken
Von Katharina Hamberger · 09.08.2015
Ursprünglich wollten Bund und Länder offene Fragen in der Asylpolitik im November klären. Doch da in diesem Jahr vermutlich noch mehr Asylbewerber nach Deutschland kommen werden als prognostiziert, wächst der Handlungsdruck.
Im November wollte man sich eigentlich treffen – nun soll der Flüchtlingsgipfel von Bund und Ländern laut Kanzleramt bereits am 9. September stattfinden. Das berichtet die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung". An diesem Termin sollen viele der noch offenen Fragen geklärt werden. Geld wird ein großes Thema sein.
Die Länder fordern seit Wochen, der Bund müsse ihnen mehr zur Verfügung stellen. Der Bund hatte eine Entscheidung dazu bislang vertagt, mit dem Argument, er würde den Ländern bereits in diesem Jahr die eigentlich erst für 2016 in Aussicht gestellten 500 Millionen Euro zur Verfügung stellen. Insgesamt 2015 damit eine Milliarde Euro.
Vermutlich noch mehr Asylanträge als erwartet
Die Frage ist allerdings, wie viel Geld die Länder in der kommenden Zeit noch brauchen werden, denn es ist wahrscheinlich, dass die vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge prognostizierte Zahl von 450.000 Asylanträgen in diesem Jahr noch nach oben korrigiert wird. Die Flüchtlingsbeauftragte der Bundesregierung Aydan Özoguz (SPD) hat bereits eine Verdopplung der Mittel des Bundes gefordert – wenn es eine entsprechende Struktur gibt, damit das Geld auch zielgerichtet eingesetzt wird.
Auch Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) sieht das ähnlich. In der "Welt am Sonntag" sagte er, das, was der Bund bislang gegeben habe, reiche offenkundig nicht aus. Aber das Geld müsse auch bei den Kommunen ankommen.
Keine Mehrheit bei den Grünen für Erweiterung der Liste sicherer Herkunftsstaaten
Die zweite Frage ist die, ob weitere Länder zu sicheren Herkunftsstaaten erklärt werden sollen. Ja, sagen CDU und CSU. Ihr Argument: Die Anträge der Menschen aus Montenegro, Albanien und dem Kosovo könnten schneller bearbeitet werden. Der "Bild am Sonntag" sagte CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer, aus diesen Ländern gäbe es einen massiven Anstieg der Flüchtlingszahlen, der gebremst werden müsse.
Der Einstufung dreier weiterer Staaten als sichere Herkunftsländer öffnet sich mittlerweile auch die SPD. Allerdings ist im Bundestag auch die Stimme der Grünen notwendig. Bislang signalisiert nur Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann Zustimmung. Der Großteil der Partei lehnt das ab. Einstufung bestimmter Länder auf dem Papier ändere nichts, sagte Anton Hofreiter, Fraktionschef der Grünen der "Bild am Sonntag". Das sei armselige Symbolpolitik.
Gysi: Flüchtlings- und Asypolitik eine gesamteuropäische Aufgabe
Relativ einig ist man sich in Deutschland, dass es sich hier auch um eine europäische Gesamtaufgabe handelt. So sagte Gregor Gysi, Fraktionschef der Linken im Bundestag, im ZDF:
"Dass die ganze Menschheit in Deutschland keinen Platz hat, wissen auch wir. Natürlich brauchen wir Gerechtigkeit innerhalb Europas. Wenn wir das zahlenmäßig nicht hinkriegen, dann auch vielleicht mit Geldern. Dass die Länder, die weniger haben, als sie aufnehmen könnten, andere Länder bezahlen, die sie aufnehmen."
Im EU-Innenministerrat herrschen nationale Egoismen
Im Moment ist eine Änderung der Verteilung der Flüchtlinge innerhalb Europas aber nicht in Sicht, da sich einige Länder dagegen sperren, mehr Flüchtlinge aufzunehmen. Etwas, das CSU-Politiker und Chef der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament, Manfred Weber, kritisiert:
"Wir haben nämlich eine EU-Kommission, die ambitionierte Vorschläge auf den Tisch gelegt hat. Zum Beispiel zur inneren Gerechtigkeit der Lastenverteilung eine Quote für Europa vorgelegt hat, aber auch die Rückführung zu verbessern, abgelehnte Asylbewerber auch wirklich wieder zurückzuführen in ihre Heimatstaaten. Da hat die Kommission einen balancierten, einen sehr guten, umfassenden Vorschlag vorgelegt. Und was erleben wir? Wir erleben im Innenministerrat, dass dort der nationale Egoismus sich durchsetzt – bei der Quote zum Beispiel – und wir deswegen feststecken und keine Antworten geben können."
Sagte Europapolitiker Weber im Interview der Woche im Deutschlandfunk.
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