Asienforscher Sven Anders Hedin

Politisch fehlgeleiteter Entdecker

Schwarz-weiß-Aufnahme von einer Gruppe Tibetaner, in deren Mitte Sven Hedin in deren traditioneller Kleidung steht.
Sven Anders Hedin (Mitte, stehend) bei einer seiner Reisen in Tibet, wahrscheinlich im Jahr 1908. © imago/stock&people/The Sven Hedin Foundation
Von Günther Wessel · 19.02.2015
Er war ein gefeierter Entdecker: In den 1880er-Jahren brach Sven Anders Hedin zu seiner ersten Reise durch Asien auf. Seine Welterfahrung schützte ihn allerdings nicht vor einer Zusammenarbeit mit den deutschen Nationalsozialisten. Vor 150 Jahren wurde er geboren.
"Ich hatte ein unerhört Großes erlebt und eine Erfahrung gesammelt, die mein ganzes Leben bestimmen sollte."
So erinnerte sich Sven Hedin an jenen 28. April 1880, als er am Straßenrand steht und sieht, wie Adolf Nordenskiöld umjubelt nach Stockholm zurückkehrt - der Polarforscher hatte als erster die Nordostpassage bezwungen. Tief beeindruckt, fasst der 15-Jährige einen Entschluss. Die Sven-Hedin-Expertin Astrid Mehmel:
"Er hat sich sehr früh vorgenommen, er möchte ein berühmter, bekannter Mann werden."
Sven Anders Hedin, am 19. Februar 1865 in Stockholm geboren, bricht gleich nach dem Abitur nach Asien auf. Er arbeitet zunächst in Baku, zieht weiter nach Teheran, besucht Ishfahan, fährt den Tigris flussaufwärts bis Bagdad und kehrt von dort über Teheran, den Kaukasus, das Schwarze Meer und Konstantinopel im Herbst 1886 nach Schweden zurück. 21 Jahre ist er alt, als er seine erste große Reise beendet. Ein Jahr später veröffentlicht er sein erstes Buch. Einen Reisebericht mit dem Titel "Durch Persien, Mesopotamien und Kaukasien".
Mit dem Buch macht sich Hedin einen Namen, doch ihm fehlt die wissenschaftliche Anerkennung. In Berlin beginnt er deshalb im November 1889 ein Geografie-Studium. Aber schon ein halbes Jahr später reist er erneut nach Persien und bis an den Westrand der Wüste Taklamakan. Zwei Bücher folgen, und - wegen des Titels - eine Promotion:
"Er wollte möglichst schnell und möglichst einfach promovieren. Und er ist dann letztendlich promoviert worden mit einem Aufsatz, den er schon mal woanders publiziert hatte, der 16 Seiten hatte."
Zitat Sven Hedin:
"Ich war zu früh auf die wilden Wege Asiens hinausgekommen, ich hatte zuviel von der Pracht und Herrlichkeit des Orients, von der Stille der Wüsten und der Einsamkeit der langen Wege verspürt. Ich konnte mich mit dem Gedanken nicht befreunden, wieder für längere Zeit auf der Schulbank zu sitzen."
Hedin: "Betrachte Hitler als einen der größten Menschen"
Schon bald gilt Hedin als Held, der keine Gefahren scheut. Besonders, nachdem er zwischen 1893 und 1897 das Pamir Gebirge, die Wüste Taklamakan und Nord-Tibet durchquerte. Tagelang irrte er durch die Wüste, verdurstete fast und konnte sich doch retten:
"Dann trank ich und trank und trank. Das Wasser war kalt, kristallklar und süß wie das beste Quellwasser. Ich fühlte mich erquickt und neubelebt. Dann trank ich wieder und streichelte das Wasser dieses gesegneten Tümpels, den ich Choda-verdi-köll taufte, 'den von Gott geschenkten See'."
Die Zeitgenossen bewundern ihn für seine Entdeckungen in Zentralasien: bislang unbekannte Seen, das Transhimalaya-Gebirge, das ihm zu Ehren auch Hedin-Gebirge genannt wird, Ruinen versunkener Städte wie die ehemalige chinesische Königsstadt Loulan. Oder sein Besuch des Berges Kailash in Tibet, des heiligen Berges der Hindus und Buddhisten als erster Europäer: In diesem Gebiet entdeckt er auch die Quellen der Flüsse Indus und Brahmaputra. Er sammelt Gesteinsproben, entdeckt auf späteren Expeditionen Lagerstätten von Erzen, Kohle und Gold und vermisst das Land so exakt, dass auf dieser Grundlage die chinesische Regierung später Straßen baut und Siedlungen anlegt.
"Er hat ganz viele Ethnografika gesammelt und die nach Schweden gebracht. Es gibt im ethnografischen Museum in Schweden eine große Sven Hedin Ausstellung, aber auch in den Magazinen, er hat wunderschön gemalt und gezeichnet die Menschen in Asien, in Tibet und auf der Seidenstraße."
Seine Welterfahrung schützt Hedin allerdings nicht vor einer Zusammenarbeit mit den deutschen Nationalsozialisten. Er verehrt Adolf Hitler, der in seinen Augen Deutschland die Größe zurückgibt, die es im Kaiserreich besessen hatte und nach dem Ersten Weltkrieg verlor. Zu Hitlers Tod schreibt Hedin am 2. Mai 1945 in einer schwedischen Zeitung:
"Heute bewahre ich eine tiefe und unauslöschliche Erinnerung an Adolf Hitler und betrachte ihn als einen der größten Menschen, den die Weltgeschichte besessen hat."
Doch überstrahlt der Ruf des Entdeckers bald wieder seine politischen Fehlurteile.
Am 26. November 1952 stirbt der weltberühmte Asienreisende Sven Hedin hochgeehrt in Stockholm.