Arturo Pérez-Reverte: "Der Tod, den man stirbt"

Francos "charmanter" Killer

Cover von Arturo Pérez-Revertes Thriller "Der Tod, den man stirbt". Im Hintergrund sieht man Jugendliche, die am 17. März 1938, nachdem Franco Barcelona hat bombardieren lassen, in den Trümmern nach Überlebenden und Toten suchen.
Nachdem General Franco Barcelona bombardierte, suchen Jugendliche am 17. März 1938 nach Überlebenden. © Inse-Verlag / dpa / picture-alliance
Von Johannes Kaiser · 29.12.2018
Dramatische Verfolgungsjagden, raffinierte Täuschungsmanöver und eine Portion Sex. "Der Tod, den man stirbt" ist ein veritabler Spionagethriller, findet Johannes Kaiser und erklärt, warum der mordende Agent Falcó unsere Sympathie gewinnt.
Der Roman beginnt mit einem Paukenschlag, so wie es sich für einen veritablen Spionagethriller gehört. Falcó heißt der Protagonist, der es in Lissabon mit zwei Verfolgern aufnehmen muss. Nachdem Falcó dem einen kaltblütig die Kehle durchschnitten hat, kann er entkommen. Der kühle, clevere Killer arbeitet im Auftrag der Franco-Nationalisten. Zwar stand er ehemals auf Seiten der Republik, hat sich mittlerweile aber an die Putschisten verkauft.
Gut bezahlt kann er sich ein angenehmes Leben leisten. Er liebt luxuriöse Hotels, elegante Kleidung, gutes Essen und amouröse Abenteuer. Dieser gutaussehende, charmante Frauenheld mit perfekten Umgangsformen ist einem zunächst nicht unbedingt sympathisch, denn Falcó ist ein skrupelloser, zynischer Söldner ohne Moral. Er liebt die Gefahr. Seine politische Agenda: Fehlanzeige.

Respekt für einen Mörder

Dennoch schafft es der spanische Autor Arturo Pérez-Reverte, uns in Falcós Geschichte hineinzuziehen, so dass wir dem Agenten allmählich widerwillig Respekt zollen, ja schließlich sogar hoffen, dass er seine Aufgabe erfüllt und mit dem Leben davonkommt.
"Der Tod, den man stirbt" erfüllt zudem alle Erwartungen eines Agenten- und Spionageromans: Dramatische Verfolgungsjagden, Finten und Hinterhalte, raffinierte Täuschungsmanöver, unerwartete Wendungen, Rettung in letzter Minute, Verrat und auch eine Portion Sex. Die Mischung stimmt. Arturo Pérez-Reverte kann erzählen, meidet Klischees, offenbart uns in kurzen Rückblicken das Leben seines Protagonisten.

Thriller im spanischen Bürgerkrieg

Der Roman spielt 1937. Auf den Schlachtfeldern Spaniens tobt ein erbitterter Bürgerkrieg. Francos Truppen drängen die Soldaten der spanischen Republik und die internationalen Brigaden immer weiter zurück. Auf der Gegenseite zerfleischt sich die Republik selbst. Anarchisten, Kommunisten, Kommunarden fallen übereinander her. Die Sowjetunion liefert Waffen und Kommissare. Dafür beansprucht sie einen Teil des Goldschatzes der Republik. Das Frachtschiff Mount Castle wird mit rund siebenhundert Tonnen Gold auf Russlandreise geschickt. Francos Flotte nimmt die Jagd auf. Der Kapitän rettet sich in den neutralen Hafen Tanger. Doch der Aufenthalt ist von begrenzter Dauer. Ein Zerstörer Francos wartet nur darauf, den Frachter bei Ausfahrt zu kapern oder zu versenken.

Eine Frau wird ihm fast zum Verhängnis

Hier setzt Falcós Auftrag an. Er soll in Tanger dem Kapitän für die Übergabe des Schiffs Geld, freies Geleit, Pässe für sich und seine Familie bieten. Doch das geht gründlich schief, nicht zuletzt wegen Eva, der russischen Kommissarin, in die sich Falcó einst in der Republik verliebt hatte. Sie wird ihm fast zum Verhängnis.
Und jetzt bekommt der Spion auch eine sympathische Seite. Er ist offenkundig nicht ganz gefühllos, auch wenn er von sich behauptet: "Letzten Endes ist es ein Privileg, ohne emotionale Bindungen durchs Leben zu gehen. Nichts zu verlieren zu haben." Das erweist sich mit Evas Erscheinen als Trugschluss. Ein historischer Agententhriller der Sonderklasse.

Arturo Pérez-Reverte: "Der Tod, den man stirbt"
Aus dem Spanischen Petra Zickmann
Insel Verlag, Berlin 2018
476 Seiten, 22,00 Euro

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