Arte-Doku über jüdischen Humor

Zwischen Klischee und Grenzüberschreitung

07:55 Minuten
Auf ein Blatt schreibt jemand "Juifs Préhisto...". Weiter unten sind die Karikatur eines orthodoxen Juden und ein Affe zu sehen.
Sich selber auf die Schippe zu nehmen, ist ein Merkmal jüdischen Humors. © Florianfilm, Jean-Thomas Renaud
Jascha Hannover im Gespräch mit Liane von Billerbeck · 03.11.2021
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Jüdischer Humor gehe an Grenzen und darüber hinweg, sagt Regisseur Jascha Hannover. In "Jüdisches Leben, Jüdischer Humor" zeigt er, wie sich der jüdische Witz in der Bundesrepublik und Europa entwickelt hat. Das sei nicht immer zum Lachen gewesen.
Die Einstellung der meisten Juden zu ihrem Humor sei zwiespältig, sagt der Regisseur Jascha Hannover. Seine zweiteilige Serie "Jüdisches Leben, Jüdischer Humor" ist derzeit auf Arte zu sehen.
Auf der einen Seite sei der Humor identitätsstiftend, so Hannover: "Gleichzeitig sind aber auch alle ein bisschen genervt von diesem Klischee und von dieser Erwartungserhaltung, dass sie als Juden immer gute Witze parat haben müssen."

Lachen oder weinen?

Der jüdische Humor gehe an Grenzen und darüber hinaus, sagt Hannover: "Man kommt immer wieder an Stellen, wo man fragt: Lacht man oder weint man?".
Besonders in der Bundesrepublik der 1960er-Jahre sei die Geschichte des jüdischen Witzes spannungsreich, sagt Hannover. Der Holocaust sei noch nicht so lange her gewesen und das Angebot an die deutsche Mehrheitsgesellschaft verlockend: "Wenn wir mit den Juden über die Juden lachen, dann lachen wir damit auch unsere Verbrechen ein bisschen weg."

Verkitschte Bilder jüdischer Kultur

Allerdings setzten sich seit geraumer Zeit mehr und mehr jüdische Stimmen dagegen zur Wehr; sie wollten nicht als Figuren zur deutschen "Wiedergutwerdung" missbraucht werden, sagt Hannover: "Das gilt für das Abfeiern von jüdischem Humor genauso wie für Klezmermusik." Sowie für "verkitschte Bilder von vermeintlich jüdischer Kultur, die aber oft mit dem Alltag von Jüdinnen und Juden heute in Deutschland kaum etwas zu tun haben."
Bei der Frage, wer über wen und über was lachen darf, gehe es immer um den Zusammenhang, betont der Regisseur: "Das ist immer eine Frage von Kontext. In welchen Beziehungen stehen Menschen zueinander? Wer macht die Witze? Klar ist, dass Jüdinnen und Juden erst mal berechtigt sind andere Witze zu machen als Nichtjuden."

Die zweiteilige Dokumentation "Jüdisches Leben, Jüdischer Humor" läuft am 3. November 2021 ab 22 Uhr auf Arte oder ist in der Arte-Mediathek zu finden.

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