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100 Prozent Martin Schulz: Die SPD ist euphorisch angesichts der Beliebtheit ihres Kandidaten - die CDU wittert prompt Populismus. Martin Schulz sei Populist in einem positiven Sinne, meint Armin Nassehi. Enttäuscht ist er vom neuen SPD-Chef dennoch.
Charismatisch, populär - oder doch nur populistisch? Das jedenfalls werfen führende CDU-Politiker wie Julia Klöckner dem neuen SPD-Chef und Kanzlerkandidaten Martin Schulz vor. Schulz habe durchaus etwas Populistisches, sagte der Münchner Soziologe Armin Nassehi im Deutschlandradio Kultur. Aber er sei Populist in einem positiven Sinne, indem er die Menschen tatsächlich anspreche.
Der Populismus hat eine schlechte Presse im Moment, aber zur Politik gehört eigentlich auch immer, dass man politisch mehr verspricht, als man am Ende dann tatsächlich halten kann. Man muss gewissermaßen die Leute bei der Stange halten, und das läuft natürlich nicht mit Argumenten wie in einem universitären Hauptseminar oder in komplizierten Büchern."
Er, Nassehi, sei Schulz' Charisma allerdings nicht verfallen. "Ich bin sogar eher ein bisschen enttäuscht, weil ich mir doch vorgestellt habe, dass man jetzt durchaus auch an Inhalte denken muss", sagte er.
"Was mir schon fehlt, das ist, was man unter sozialer Gerechtigkeit denn eigentlich verstehen will. Ich bin sehr enttäuscht darüber, dass jemand so tun kann, als sei er der erste Sozialdemokrat, der etwas über soziale Gerechtigkeit sagt", so Nassehi. "Das Label gibt es ja schon etwas länger, da brauchen wir womöglich intelligentere Lösungen als zu sagen: wir nehmen jeden mit, und dann glauben die Leute wieder an uns. Das ist für ein Politikkonzept sicherlich zu wenig."
Auch die von Schulz ins Feld geführten Begriffe "Respekt" und "Würde", seien respektabel, aber noch keine politischen Konzepte. Wahrscheinlich sei es derzeit politisch klug von der SPD, auf Schulz' Charisma zu setzen. "Aber wenn es tatsächlich bei – ich sage es tatsächlich negativ – bei Worthülsen bleibt, dann wird davon nicht viel übrig bleiben."
Der deutsche Soziologe Armin Nassehi. (dpa / picture alliance / Erwin Elsner)
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