Armin Laschet betont besonderen Status von Ehe und Familie

Moderation: Ute Welty |
Der nordrhein-westfälische CDU-Vorsitzende Armin Laschet will das Ehegattensplitting zu einem Familiensplitting erweitern und so Kinder steuerlich stärker berücksichtigen. Für homosexuelle Paare soll es nicht gelten, sagt er. Ein solcher Schritt hätte "nichts mit Gleichstellung zu tun".
Ute Welty: Jahrelang hat sie sich geweigert, überhaupt darüber nachzudenken, und jetzt reicht ein Urteil aus Karlsruhe, um das Gesetz quasi schon unterzeichnungsreif zu machen. Bis zum Juli will die Union das Ehegattensplitting auch auf gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften ausdehnen. In einem solchen Tempo wurden bisher nur die Rettungspakete für Griechenland und Spanien abgesegnet. CDU-Bundesvize Armin Laschet will eigentlich etwas ganz anderes, nämlich weniger Ehegattensplitting und mehr Familiensplitting, dann verteilt sich das zu versteuernde Einkommen auf alle Familienmitglieder, also auch auf die Kinder. Guten Morgen, Herr Laschet!

Armin Laschet: Guten Morgen!

Welty: Für Sie wäre ja das mit dem Familiensplitting auch super, weil sich dann Ihre zu versteuernden Einkommen nicht auf zwei, sondern auf fünf Personen verteilen würden. Aber insgesamt würde das womöglich einen zweistelligen Milliardenbetrag kosten. Woher soll das Geld kommen?

Laschet: In der Tat sind kinderreiche Familien natürlich durch ein Familiensplitting begünstigt. In Frankreich haben wir ein solches Modell, und ich glaube, dieses Signal, dass das Ja zu Kindern auch steuerlich gefördert werden soll, das muss im Mittelpunkt der steuerpolitischen Diskussion stehen. Wir haben jetzt für das Wahlprogramm vorgesehen einen Grundfreibetrag, das ist ein Freibetrag, wie er dann auch für Erwachsene vorgesehen ist. Und das ist ein Schritt in diese Richtung, dass Kinder in Zukunft im Steuerrecht stärker berücksichtigt werden, als das heute der Fall ist.

Welty: Aber so am Ende dieser Idee, soll denn das Familiensplitting für heterosexuelle Paare gelten oder auch für homosexuelle Paare?

Laschet: Ja, das ist die Grunddiskussion natürlich seit diesem Urteil von dieser Woche. Es gab dadurch darüber natürlich in der Union eine breite Diskussion, auch auf einem Bundesparteitag, mit vollem Respekt getragen. Die Mehrheit hatte gesagt: Ehegattensplitting soll für heterosexuelle Paare vorgesehen sein, das Bundesverfassungsgericht hat nun gesagt, das ist nicht vereinbar mit dem Grundgesetz. Es gab ein Minderheitenvotum einiger Richter, die gesagt haben: Doch, der Staat darf auch Ehe und Familie besonders fördern. Aber die Entscheidung ist gefallen, und daraus leitet sich natürlich alles Weitere jetzt ab, in dieser steuerrechtlichen Frage darf man gleichgeschlechtliche Partnerschaften nicht anders behandeln als die Ehe, und das muss jetzt auch ins Gesetz umgesetzt werden.

Welty: Das gilt ja jetzt erst mal nur für das Ehegattensplitting?

Laschet: Ja, das gilt nur fürs Ehegattensplitting, aber alles, was sich aus dem Ehegattensplitting ableitet, beispielsweise höhere Beträge für Kinder …

Welty: Beispielsweise auch ein Familiensplitting?

Laschet: … wird dann auch für gleichgeschlechtliche Paare natürlich in der steuersystematischen Logik gelten müssen.

Welty: Dieses Familiensplitting für Schwule und Lesben, das ist ja schon für rund 30 Millionen Euro zu bekommen. Verfährt die CDU jetzt nach dem Motto: Augen zu und durch?

Laschet: Nein, was Sie meinen, ist das Ehegattensplitting, das wird zirka 30 Millionen Euro kosten.

Welty: Ja, genau, Entschuldigung. Jetzt komme ich auch schon durcheinander.

Laschet: Genau, das ist eine sehr komplizierte Sache. Ja, was heißt, nach dem Motto: Augen zu und durch? Ein Gericht ist ein Gericht, und ein Verfassungsgericht hat nun mal eine besondere Bedeutung, und wenn das Gericht sagt, rückwirkend zur Einführung der nichtehelichen Lebensgemeinschaften im Jahre 2001 muss das jetzt steuerrechtlich anerkannt werden, dann ist der Gesetzgeber verpflichtet, das umzusetzen, und dann ist er auch klug beraten, das sehr schnell zu machen.

Welty: Wie hoch dürfte der Kollateralschaden ausfallen? Wie hoch dürfte der Anteil der Unionswähler sein, die im Prinzip, wie Sie auch, gegen die Gleichstellung von heterosexuellen und homosexuellen Paaren sind?

Laschet: Ich möchte noch mal, auch für mich selbst, sagen, ich bin nicht gegen die Gleichstellung. Ich halte es nur für richtig, dass der Staat in bestimmten Dingen sagen kann, ich will etwas anderes fördern. Ich bin jedes Mal dabei, wenn es gegen Antidiskriminierung geht. Es gibt viele Tatbestände, wo man sagen kann, hier gibt es eine Diskriminierung von homosexuellen Paaren, aber …

Welty: Nur noch mal zu meinem Verständnis: Aber Sie haben sich doch dagegen ausgesprochen, das Familiensplitting für homosexuelle Paare auch einzuführen?

Laschet: Ja, weil ich sage, das hat nichts mit Gleichstellung zu tun. Ich finde, der Staat darf – das steht ja auch im Grundgesetz: besonderer Schutz von Ehe und Familie –, also besondere Tatbestände darf er auch besonders fördern. Und die Beziehungen, aus denen Kinder entstehen können, die darf er anders fördern als andere Formen, wo das nicht der Fall ist. Den Staat soll nichts angehen, wie Menschen leben, das ist eine freie Entscheidung von jedem Menschen, aber er darf besondere Fördertatbestände fördern. Das war meine Position – das Gericht hat gesagt, das ist aber nicht haltbar, du musst gleich fördern, und das wird jetzt auch passieren.

Welty: Das ist ja so kurz vor der Wahl eine eher unangenehme Situation: Das, was man tut, will man eigentlich nicht. Und das, was man will, ist zu teuer beziehungsweise wird einem höchstwahrscheinlich höchstrichterlich dann wieder um die Ohren gehauen. Sieht so zeitgemäße Familienpolitik aus?

Laschet: Na ja, aber diese Schwierigkeit geht ja nicht uns so. Ich meine, Rot-Grün kämpft leidenschaftlich für die Gleichbehandlung im Ehegattensplitting, man hat im Wahlprogramm aber stehen, man will das ganze Ehegattensplitting abschaffen. Die Grünen: total, die SPD: für alle neuen Ehen, die geschlossen werden. Und insofern ist das natürlich auch ein nicht allzu glaubwürdiger Kampf. Nun mit Leidenschaft hier für homosexuelle Paare zu fechten, aber gleichzeitig als Zielsetzung zu haben, alle Ehen in Zukunft nicht mehr in den Splittingvorteil kommen zu lassen – so ist manchmal Politik. Ich finde, wir müssen einfach in diesem Wahlkampf deutlich machen: Das Leben mit Kindern und Familien zu fördern, das ist das, was der Staat stärker machen muss als bisher. Und das muss sich auch in der Programmatik wiederfinden.

Welty: Müsste man nicht noch viel radikaler denken? Denn beide Splittingmodelle gehen ja von einem Hauptverdiener aus, der die Familie ernährt. Die Eheleute, die sich Job und Familie teilen, bleiben ebenso außen vor wie die zunehmende Anzahl von unverheirateten Paaren mit Kindern.

Laschet: Ja, was ist die Frage jetzt?

Welty: Ob man nicht da noch mal verstärkt ansetzen sollte, weil einfach die Lebenswirklichkeit inzwischen eine ganz andere ist.

Laschet: Na gut, man setzt bei Kindern an, und das Ehegattensplitting soll Nachteile ausgleichen, wenn ein Partner nicht arbeitet oder sich ganz der Kindererziehung widmet oder sich vielleicht später pflegebedürftigen Eltern widmet und aus dem Beruf aussteigt. Da soll Anerkennung für Familienarbeit geleistet werden. Der, der Kinder erzieht, sitzt ja nicht nur zu Hause, sondern leistet auch einen Beitrag, und dieser findet sich in diesem Ehegattensplitting wieder. Dass insgesamt das Leben mit Kindern stärker gefördert werden soll, das wird sich auch im Familiensplitting dann wiederfinden. Aber Ehegattensplitting hat halt die Idee: Ein Partner verdient mehr, und der andere ist vielleicht halbtags tätig, ist mal ausgestiegen. Oder bei älteren Ehepaaren oder heutigen Rentnern: Man ist ganz aus dem Beruf ausgestiegen, weil man sich der Kindererziehung gewidmet ha. Und dies anzuerkennen, auch Lebensleistung anzuerkennen, das ist die Grundidee, die dahinter steht.

Welty: Da bleibt noch viel Diskussionsstoff. CDU-Bundesvize Armin Laschet im Interview der "Ortszeit", ich danke dafür!

Laschet: Bitte schön!

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