Argentinien

Von der Währungskrise zur Wirtschaftskrise?

Eine Frau spaziert vor der Anzeige einer Wechselstube in Buenos Aires im Januar 2014.
Eine Frau spaziert vor der Anzeige einer Wechselstube in Buenos Aires im Januar 2014. © dpa / picture alliance / David Fernández
Von Peer Vorderwülbecke  · 18.02.2014
Das Misstrauen in den Peso ist für die Argentinier nicht nur ein psychologisches, sondern auch ein rechnerisches Problem. Zuletzt erlebte die Währung einen Kurssturz im Januar. US-Dollar sind beliebt, aber knapp.
Die Währungskrise kam wie ein Erdbeben. An einem Mittwoch mitten im Ferienmonat Januar registrierte die argentinische Zentralbank deutliche Erschütterungen im Devisenhandel. Einen Tag später dann die Explosion: Innerhalb von 38 Minuten verlor die argentinische Währung 12 Prozent – so einen Kurssturz gab es zuletzt vor der Wirtschaftskrise 2001.
Auf dem Schwarzmarkt ging der Dollarpreis durch die Decke, zeitweilig lag er 75 Prozent über dem offiziellen Kurs. Der illegale Dollar-Schwarzmarkt existiert seit zwei Jahren, seit die Regierung den Kauf von Dollar praktisch verboten hat.
Noch am selben Abend verkündete Kabinettschef Capitanich hektisch entworfene Sofortmaßnahmen. "Wir haben entschieden, den Kauf von Dollars zu erlauben und zwar im Verhältnis zum steuerpflichtigen Einkommen. Gleichzeitig wird die Steuer von 35 Prozent auf 20 Prozent gesenkt. Die argentinische Regierung sieht den Dollarpreis auf einem akzeptablen Niveau für die Ziele der Wirtschaftspolitik."
Die Wirtschaft und auch die argentinischen Sparer teilen diese Einschätzung offensichtlich nicht. Wer kann, hat Dollars gekauft, die traditionelle Fluchtwährung in Argentinien. Seit der Krise im Jahr 2001 ist das Misstrauen dem Peso gegenüber ein psychologisches Problem – aber derzeit auch ein rechnerisches, sagt Wirtschaftsexperte Daniel Artana.
"Die Regierung hat die Entwertung des Peso vorangetrieben. Aber klar, wenn man pro Monat eine Entwertung von vier bis fünf Prozent hat, die Zinsen nur bei zwei Prozent liegen und die Inflation etwas höher, dann kaufen die Leute Dollar, um aus dem Peso zu fliehen. Es ist ein schlechtes Geschäft, Pesos zu haben."
US-Dollars kommen nicht mehr ins Land
Aber Dollars sind knapp. An den Finanzmärkten gilt Argentinien nicht mehr als kreditwürdig. Die großen Soja-Produzenten halten ihre Waren derzeit zurück, so dass auch hier keine Dollars ins Land kommen.
Wenn das rasante Tempo der Kapitalflucht aus dem Peso anhält, dann wird die Regierung den gerade erst gelockerten Dollar-Verkauf wieder einschränken müssen. Hier sieht der regierungskritische Ökonom ein grundlegendes Problem.
"Die Regierung hat an den Kontrollen Gefallen gefunden. Mit den Kontrollen gewinnt man Zeit, aber man löst Dinge nicht grundlegend."
Argentiniens Präsidentin Christina Kirchner präsentiert im Juli 2012 den neuen 100-Pesos-Schein
Dramatischer Wertverlust - Argentiniens Ex-Präsidentin Christina Kirchner präsentiert im Juli 2012 den neuen 100-Pesos-Schein.© dpa / picture alliance / Argentinean Presidency
Überall versucht der Staat kontrollierend einzugreifen, Preise im Supermarkt werden eingefroren, die Preisexplosion bei Haushaltgeräten soll gedeckelt werden, genauso wie der Preis für Fleisch. Die Regierung will sich um alles kümmern, selbst die Übertragungsrechte an der argentinischen Fußball-Bundesliga hat der Staat gekauft – und dabei ein dickes Minus eingefahren. Heute ist das grundlegende Problem die hohe Inflation. Die schöngerechneten Zahlen der Regierung sprechen von 10 Prozent, der realistische Wert dürfte bei 30 Prozent liegen. An der Schwelle zu einer erneuten Wirtschaftskrise sieht Ökonom Daniel Artana das Land aber nicht:
"Man kann immer noch viel korrigieren. Aber das erfordert einen abgestimmten Plan in der Steuerpolitik, der Währungs- und Geldpolitik."
Aber eines scheint klar: Viel Zeit bleibt Argentinien für diese Korrekturen nicht mehr.