Architekturdebatten 2017

Von Elbphilharmonie bis Brutalismus

Die Elbphilharmonie und der Michel sind am 08.01.2017 in Hamburg zu sehen. Das Konzerthaus wird am 11.01.2017 eröffnet.
Die Hamburger Elbphilharmonie. © dpa / picture alliance / Daniel Reinhardt
Nikolaus Bernau im Gespräch mit Marietta Schwarz · 24.12.2017
Es gab Dauerbrenner in der Debatte um Architektur 2017: Wohnungsmangel und Wohnungsbau in Großstädten oder die Rettung von abrissgefährdeten Gebäuden. Aber auch ein paar herausragende Neubauten sind zu verzeichnen.
Die Elbphilharmonie wurde am 11. Januar in Hamburg eröffnet. Ein Vorzeigebau mit Bilbao-Effekt, nur eben zehnmal so teuer wie geplant. Die Kostensteigerung sei allerdings schnell vergessen worden, meint unser Architektur-Experte Nikolaus Bernau.
Aus einem ganz einfachen Grund: Die Stadt Hamburg habe alles selbst bezahlt. "Das heißt, sie kann auch ohne Probleme stolz darauf sein. Klar, es gibt einen Riesen-Skandal, es hat aber unter dem Skandal keiner gelitten, darauf hat der Senat sehr genau geachtet, dass alle anderen Kulturinstitutionen Hamburgs eben nicht deswegen zusammengespart wurden."

Gegenbeispiel Staatsoper Unter den Linden

Das Gegenbeispiel sei die wiedereröffnete Staatsoper Unter den Linden in Berlin, meint Bernau. "Da hat der Bund 200 Millionen Euro dazu beigetragen, das ist eine sehr gute Sanierung geworden. Ob man als Denkmalspfleger damit zufrieden ist, wage ich in Frage zu stellen, aber das Entscheidende ist: Das ist eben vom Bund finanziert worden im Wesentlichen".
Der neue Louvre Abu Dhabi.
Der neue Louvre Abu Dhabi. © AP / dpa-Bildfunk / Kamran Jebreili
In Dresden wurde der alte Kongresspalast umgebaut. "Da ist ein vorzüglicher Konzertsaal drin enstanden, neu entstanden, gleichzeitig wurde aber diese DDR-Architektur aufbewahrt und sehr sorgfältig restauriert." Das Gebäude stehe allerdings nur noch, weil ein Abriss zu teuer gewesen wäre.
Auch außerhalb von Deutschland gab es Gebäude, die nach Meinung von Nikolaus Bernau in die Geschichte eingehen werden. Zum Beispiel der Louvre in Abu Dhabi. "Man kann darüber streiten, ob dieses Gebäude nicht blanker Orientalismus ist, man kann auch über das Museumskonzept streiten, aber es ist zweifellos eine ganz große Architektur."
Zurück in Deutschland herrsche beim Wohnungsbau die große Einfallslosigkeit, so Bernau. Der Grund? "Ich denke, weil wir zuviel Geld haben." In der Nachkriegszeit sei viel diskutiert worden, zum Beispiel, wie man ein Badezimmer auf kleinstem Raum unterbringen könne. "Heute macht man das Bad einfach doppelt so groß, hat sich die Sache erledigt."

Architektur ist mehr als nur eine Formfrage

Auch eine Katastrophe hat die Architekturdebatte des Jahres 2017 beeinflusst: Der Brand des Grenfell Towers in London, bei dem 71 Menschen ums Leben kamen. "Da haben wir auf jeden Fall gelernt, dass Architektur mehr ist als nur eine Formfrage, es ist wesentlich eine soziale Frage, eine von politischen Setzungen. Wer will womit Geld verdienen und welche Kommune entscheidet sich dazu, wir wollen keinen armen Leute in unseren Grenzen haben?"
Im Mainstream angekommen ist im Jahr 2017 das Thema Brutalismus. Aber Nikolaus Bernau glaubt nicht, dass die Bauten der 1960er- und 70er-Jahre jetzt besser geschützt sind für die Zukunft. Die bringt seiner Meinung nach die Wiederentdeckung der Postmoderne und die Weiterentwicklung der ökologischen Frage.
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