Archäologische Restauratoren

Schätze im neuen Glanz

Goldener Halsschmuck einer byzantinischen Prinzessin aus dem Preslav-Schatz (Bulgarien, 10. Jahrhundert)
Goldener Halsschmuck einer byzantinischen Prinzessin aus dem Preslav-Schatz (Bulgarien, 10. Jahrhundert) © V. Iserhardt / RGZM
Von Anke Petermann · 19.11.2017
Das Römisch-Germanische Zentralmuseum in Mainz erforscht und erhält Altertumsfunde aus aller Welt, zum Beispiel einen byzantinischen Schatzfund aus Preslav aus dem zehnten Jahrhundert. Er soll im kommenden Jahr im Pariser Louvre ausgestellt werden.
Unter dem Mikroskop bearbeitet Magdalena Machura eine daumengroße Bronze-Ente aus dem siebten Jahrhundert, gefunden in einem Grabhügel in Kroatien.
"Das ist ein Buntmetall-Objekt, das wird mit einem Skalpell freigelegt. Da sind so dicke Korrosionskrusten drauf, das ist das Grüne hier, und das wird mit dem Skalpell ausgedünnt, und dann kann das ganz leicht abgesprengt werden, und man kommt auf diese Originaloberfläche hier drauf."

Beliebte Enten-Deko

Am Hinterteil der Ente hat die Studentin der "Archäologischen Restaurierung" schon einen rot-braunen Fleck freigelegt. Die Figur sitzt auf einem Stift.
"Das war ein Ziernagel, der wurde in Holz geschlagen, da sind auch noch Holzreste dran. Und das war auf allem möglichen, auf Möbeln oder Wagen."
Beliebte spät-eisenzeitliche Enten-Deko. Bevor die Restauratoren des RGZM zu Skalpell oder Lösungsmitteln greifen, sind zunächst die Archäologen dran. Sie analysieren das Material und leiten daraus ab, wie sie Objekte reinigen oder Zersetzungsprozesse aufhalten. Schon ein bisschen Pinseln hätte in der Nachbar-Werkstatt die frühmittelalterliche Gewandnadel aus Mannheim zerbröseln lassen. Das jedenfalls ergibt die dreidimensionale Darstellung der sogenannten Scheiben-Fibel im Computertomografen.

Die Eisenatome haben sich verabschiedet

Über dem Schließmechanismus der Nadel sitzt eine Eisenplatte mit einem geometrischen Muster aus Silberkordeln. Doch die Scheibe hat sich in anderthalb Jahrtausenden fast aufgelöst, erkennt Stephan Patscher am Monitor.
"Alle Eisenatome haben sich nach draußen verabschiedet und dann ist das Objekt irgendwann völlig hohl. Das ist auf der anderen Seite auch gut, denn hier ist auch sicherlich noch viel Organik, was die Dame getragen hat."
Vom Gewand nämlich, in das der Rost zog. Der Restaurator und Radiologe hofft, dass die Rost-Partikel Informationen über den Stoff liefern.
"Um welches Gewebe handelt es sich, wie ist das Gewebe gemacht, wie ist die Web-Technik gewesen."

Längst Zerfallenes

Eine einzigartige Chance, mehr über längst Zerfallenes zu erfahren. Bis ins Detail komplett ist der Schmuck aus dem zehnten Jahrhundert, der in der Vitrine der Edelmetall-Werkstatt liegt, darunter die Halskette einer byzantinischen Prinzessin aus Veliki Preslav, der Hauptstadt des ersten bulgarischen Königreichs. Werkstätten-Direktor Professor Markus Egg blickt auf das Gold-Collier und gerät ins Schwärmen über den Schatzfund von 1978.
"Er ist wirklich wunderbar erhalten, es sind sogar die Perlen noch da. Normalerweise leiden Perlen sehr im Boden. In dem Fall glänzen die immer noch."
Bevor der Schatz im kommenden Jahr im Pariser Louvre ausgestellt wird, analysieren ihn die Mainzer Forscher: Smaragde, Rubine und Granat haben sie als Schmucksteine identifiziert. Jetzt erforschen Restaurator Matthias Heinzel und seine Pariser Kollegin gemeinsam mit den Naturwissenschaftlern des Museums die feinen Email-Darstellungen, darunter die betende Maria und ein Vogel mit Zweig im Schnabel.
"Typisches Zellen-Email, also es sind ganz dünne Goldstege, und da wird dann das Email eingefügt und eingeschmolzen."

Wahrscheinlich in Byzanz produziert

Wie setzt sich das tausend Jahre alte Schmelzglas zusammen, woher kommen die Materialien, welche Techniken wendeten die Goldschmiede an? Das schrankartige Röntgenfluoreszenz-Gerät im Römisch-Germanischen-Zentralmuseum liefert chemische Fingerabdrücke und damit Antworten. Diese dürften weitere Erkenntnisse über die gesamte byzantinische Kultur liefern. Was man bislang weiß über den tausend Jahre alten Schatz aus Bulgarien, fasst Matthias Heinzel so zusammen:
"Der ist in Byzanz wahrscheinlich sogar produziert, weil der wahnsinnig hochwertig und typisch für die Zeit ist, und eventuell als Geschenk nach Preslav, vielleicht für eine Hochzeit von dem damaligen Kaiser mit der Prinzessin (gegangen)."

Beständiger Schmuck

Was die Mainzer internationalem Publikum schon in der Pariser Louvre-Schau 2018 über den Schatz von Preslav verraten und was sie sich für die spätere wissenschaftliche Publikation aufsparen, bleibt abzuwägen. Zu restaurieren indes bleibt für Matthias Heinzel wenig.
"Bei manchen Stücken ist noch extrem Kleber auf der Rückseite, das entferne ich natürlich. Das Gute ist wirklich: Bei diesem hochwertigen Schmuck, vor allem bei Gold, da muss man nichts machen. Das ist so beständig. Das sieht man ja auch: Wenn Gold - also sehr hochwertige Gold-Objekte - bei einer Ausgrabung aus dem Boden rauskommen, kann man die abpinseln, und die sehen aus, als wären sie gerade hergestellt worden. Also, da muss man auch in 50 Jahren nichts groß machen."

Der vom Römisch-Germanische Zentralmuseum in Mainz restaurierte byzantinische Schatzfund aus Preslav - datierend aus dem zehnten Jahrhundert – ist 2018 in der Ausstellung "1st Bulgarian Kingdom (Preslav Treasure)" im Pariser Louvre zu sehen.

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