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Wertschätzend, konstruktiv, motivierend – so sollte Feedback sein. In vielen Unternehmen sieht die Praxis jedoch anders aus, wenn etwa aus dem Mitarbeitergespräch eine demütigende Machtdemonstration des Chefs wird. Wie könnte man es besser machen?
Unsere Autorin Mandy Schielke hat sich auf die Suche nach Ansätzen einer neuen Feedback-Kultur in Deutschland gemacht und dabei auch selbst mit einem Coach gesprochen:
Dysfunktionales Feedback - Feedback also, das nicht funktioniert. Die Gefühle müssen raus! Und das müssen derjenige, der das Feedback gibt, und auch der, der das Feedback empfängt – oder in meinem Fall eben nicht empfängt – lernen. Konzentration aufs Wesentliche. Die erste Lektion für gutes Feedback.
In den Personalabteilungen der Republik wird seit Jahren viel über Feedback geredet und Feedback erteilt. Mitarbeiter sollen regelmäßig erfahren, wie ihre Performance ist. In jährlichen Mitarbeitergesprächen nimmt sich, so die Idealvorstellung, der Chef Zeit, mit dem Mitarbeiter über seine Ergebnisse und auch seine Arbeit im Team zu sprechen. Aber es gibt auch andere Formen, Feedback zu erteilen und zu erhalten, weniger hierarchisch: Wenn sich die Mitarbeiter gegenseitig beurteilen.
"Das 360-Grad-Feedback hilft dabei, Akzeptanz beim Mitarbeiter zu schaffen", sagt Christopher Diedrich, Head of Human Resources, also Personalchef, bei "hometogo", einem Startup aus Berlin. "Da es nicht nur um das Feedback des Vorgesetzten geht, bei dem man sich eventuell ungerecht behandelt fühlt. Aber wenn man das Feedback von fünf Leuten bekommt, dann ist die Akzeptanz sehr viel höher, auch der Wille daran zu arbeiten. Und darum geht es ja am Ende."
Feedback spielt in seinem Unternehmen eine sehr große Rolle, sagt Christopher Diedrich.
"Wir sind schnell wachsend. In vier Jahren über 150 Mitarbeiter. Grundvoraussetzung für diesen Erfolg ist, dass man sich schnell auf neue Gegebenheiten in der Umwelt, aber auch hier im Unternehmen anpasst. Und das geht eben nur, wenn man sich darüber austauscht, in den Diskurs geht. Was läuft gerade gut und wie können wir uns verbessern? Und das andere, dass wir auch verstanden haben, dass nur zufriedene Mitarbeiter auch gute Mitarbeiter sind. Und wenn man sich nicht darüber unterhält, dann kann man auch nicht wachsen."
Mandy Schielke, Autorin für Deutschlandfunk Kultur. (Foto: privat)
Klingt super. Aber wie genau geht gutes Feedback?
"Es gibt seit vielen Jahren Feedbackregeln, die werden Führungskräften vermittelt", sagt der Diplom-Psychologe Armin Trost.
"Da wird dann gesagt, Feedback solle wertschätzend sein, Feedback solle sich auf ein Verhalten beziehen, man solle die Konsequenzen erwähnen, aber nie in erster Instanz wertend sein."
In mehreren Publikationen hat der Professor für Personalmanagement an der Hochschule Furtwangen sich mit der Idee des Mitarbeitergesprächs in Unternehmen kritisch beschäftigt. Stefan Grosalski, der Firmen als Coach dabei hilft, ihre Feedbackkultur zu verbessern, ergänzt:
"Um wirksames Feedback zu verstehen, sagen wir erst einmal, was gutes Feedback nicht ist: Es emotionalisiert nicht, es generalisiert nicht und beinhaltet keine Vorwürfe und keine Manipulations- oder Motivationsstrategien à la Zuckerbrot und Peitsche."
Und: Immer zuerst etwas Positives sagen.
"Ich kann mich erinnern, vor etwa 20 Jahren 1996/97 habe ich mal in einem Feedbackgespräch zu hören gekriegt: Hiltrud, Du bist so dominant!", erinnert sich Hiltrud Werner, Vorstand bei Volkswagen und zuständig für Recht und Integrität.
"Dann habe ich nachgefragt. Wie meinen Sie das jetzt? Dann kam auch die Aussage: Das ist zwar eigentlich auch eine Führungsqualität, aber man darf es eben nicht übertreiben. Manchmal ist das Abwarten am Tisch wichtig und dass man sich als Chef vielleicht auch erstmal ein bisschen zurückhält."
Hiltrud Werner und der von den US-Behörden eingesetzte Aufseher Larry Thompson (picture alliance/Holger Hollemann/dpa)
Hiltrud Werner empfängt im obersten Stockwerk der Unternehmenszentrale in Wolfsburg. Sie muss nach dem Abgasskandal bei Volkswagen dafür sorgen, dass so etwas nicht nochmal passieren kann. "Hiltrud Werner fordert Volkswagen heraus", schrieb die Süddeutsche Zeitung. Ihre Offenheit überrascht.
"Natürlich haben wir durch den Abgasskandal gesehen, dass eine der größten Katastrophen war, dass das Thema zehn Jahre unentdeckt ist, was ein sehr, sehr langer Zeitraum ist. Was bedeutet, dass keiner früher den Mut hatte, das Thema hoch genug eskalieren zu lassen, dass es beseitigt wurde. Deshalb ist die Mutkultur, die wir fördern wollen, auch wesentlich, um so etwas wie Diesel zu verhindern."
Nicht den Mut gehabt, das Thema hoch genug zu eskalieren, heißt im Klartext: Niemand hat sich getraut, was zu sagen über den Betrug. Und das liege natürlich auch daran, dass Feedback in beide Richtungen – nicht nur von oben nach unten, sondern auch von unten nach oben – bislang im Unternehmen nicht richtig funktioniert, sagt die Vorstandsfrau und bezieht sich dabei auch auf den Juristen, der wegen des Abgasskandals jetzt im Auftrag der US-Behörden über VW wacht:
"Nach Ansicht von Larry Thomsen, unserem Monitor, ist die Speakup-Kultur, also die Offenheit, die Diskussionskultur, die Sicherheit, die Mitarbeiter spüren müssen, um auch Hinweise zu geben, ist ein wesentlicher Faktor für eine gesunde Unternehmenskultur."
Überall im Unternehmen sind deshalb jetzt so genannte Integritätsbotschafter unterwegs, die den Mitarbeiter beibringen sollen, offener auch über Missstände zu sprechen. Feedback geben ohne Scheu, das muss man lernen:
"Das ist für jeden nicht einfach. Sowohl für den Feedbackgeber als auch für den Feedbackempfänger. Die Mannschaft muss einfach verstehen, es lohnt sich mitzudenken, mitzudiskutieren und meinem eigenen Bauchgefühl auch insoweit zu vertrauen, dass es wert ist, den Mund aufzumachen."
Fehler im kleinen und Betrug im großen Stil dürfe nicht unter den Teppich gekehrt werden. Mit dieser Haltung hat sich die Spitzenmanagerin bei Volkswagen sicherlich nicht nur Freunde gemacht, das ist ihr schon klar. Aber sie will ja auch nicht weniger als einen Kulturwandel, einen Wandel der Kritikkultur bei Volkswagen erreichen oder zumindest auf den Weg bringen.
Der Eingang von Anrufen in der Hinweisgeber-Hotline des Autokonzerns habe sich in den vergangenen zwölf Jahren jedenfalls schon verbessert. Das ist ein gutes Zeichen, findet Hiltrud Werner.
Feedback heißt Rückmeldung. Rückkoppelung. Eine Beurteilung soll es nicht sein. Denn in "Beurteilung" schwingt immer auch etwas Endgültiges mit.
Beurteilung klingt auch so unendlich nach Hierarchie. Feedback ist leichter, flexibler, vielleicht sogar frischer.
"Menschen wollen Anerkennung, Menschen wollen erfahren, ob sie auf dem richtigen Weg sind und sie Dinge besser machen können", sagt Armin Trost, Psychologe und Professor für Personalmanagement an der Hochschule Furtwangen.
"Ich glaube, Feedback war schon immer virulent, seitdem Menschen zusammenarbeiten, vielleicht haben wir es nicht immer so genannt. Wir reden gerade viel über Feedback, weil viele Unternehmen vom klassischen jährlichen Mitarbeitergespräch abrücken – da gibt es viele Konzerne, die davon abrücken: die Telekom, die Deutsche Bahn, die SAP."
Für viele Mitarbeiter ist das jährliche Feedbackgespräch mit dem Chef eine Quälerei. (imago / blickwinkel /Erwin Wodicka)
Eine Entwicklung, die Armin Trost ausdrücklich begrüßt. Viele Konzerne wollen raus aus dem starren Gerüst des jährlichen Feedbackgesprächs.
"Das jährliche Mitarbeitergespräch hat aus meiner Sicht in modernen Arbeitswelten eher ausgedient. Das hat vielerlei Gründe. Wenn wir über Feedback sprechen, ist es eigentlich absurd, einmal im Jahr von der direkten Führungskraft ein strukturiertes Feedback zu bekommen. Das reicht einfach nicht, das ist nicht zeitnah. Da braucht es andere Formen. Und jetzt kommt die Frage auf: Was tun wir denn stattdessen? Jetzt kommen alternative Ideen auf. Wie eine Feedback-App, wo Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sich gegenseitig Feedback geben und das wird stark inspiriert durch die sozialen Medien, woher wir ein ähnliches Musterverhalten kennen."
Vom jährlichen Feedbackgespräch hin zum Dauerfeedback via App. Für solche Instrumente im Personalmanagement braucht man natürlich auch eine gewisse Erfahrung und Lust im Umgang mit solchen Kommunikationsformen. Und die ist in jungen Unternehmen wie Hometogo, dem Startup aus Berlin, der eine Internet-Suchmaschine für Ferienunterkünfte anbietet, naturgemäß häufiger anzutreffen. Der Altersdurchschnitt liegt hier bei 26 Jahren.
Neben jährlichen Mitarbeitergesprächen und regelmäßigen 360-Grad-Feedbacks haben alle Arbeitnehmer im Unternehmen – ob die Programmierer oder Mitarbeiter aus dem Marketing – ein Software-Tool, mit dem sie sich gegenseitig anspornen, loben oder kritisieren können.
In der Lobby des Unternehmens in einem Backsteingebäude im Prenzlauer Berg hängt die so genannte Praise-Wall. Eine Wand für Lob in Form eines großen Flachbildschirms: Ein Bildschirm, auf dem Statements der Mitarbeiter aufpoppen. So bedanken sie sich beispielsweise bei einem Kollegen, der ein After Work Event organisiert hat.
"Richtiges Feedback heißt, dass man sich Feedback aktiv einholt. Das ist die Situation, wo Feedback am besten wirkt", sagt der Psychologe Armin Trost. "Ich kann Unternehmen da nur raten, den Geschäftsführern und Vorstandsvorsitzenden, den Mitarbeitern zu sagen. Ja, bitte holt euch Feedback und zwar täglich. Wartet nicht darauf, sondern holt euch das. Feedback muss ganz stark auch in die Verantwortung der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen selbst gehen."
Und auch Fehler brauchen in moderner Unternehmenskultur eine Bühne. Um darüber zu reden, muss man nicht am Konferenztisch sitzen. Dinge, die schiefgelaufen sind, kann man auch kreativer bearbeiten.
"Man versucht Schwächen und Fehlern eine Bühne zu geben. Andere Formen – und bitte entschuldigen Sie den Ausdruck – so genannte Fuck-up-Events, die Unternehmen zunehmend durchführen, da geht’s wirklich darum, dass Kollegen, Teams Projekte vorstellen, die gescheitert sind. Mit der Vorgabe: bitte sagt, was hattet ihr vor, was war eure Idee, warum ist es gescheitert, was haben wir daraus gelernt, was sollten wir künftig anders machen? Das grundlegende Prinzip dabei ist, dass wir Fehlern eine Bühne geben."
Und das ist überhaupt nicht fatalistisch gemeint. Scheitern als Chance ist die Idee von solchen Fuck- up-Nights – performativen und deshalb auch unterhaltsamen Abendveranstaltungen.
Modernes Feedback im Sinne von Armin Trost bedeutet Dauerdiskurs. Einen Dauerdiskurs, der Hierarchien auch einfach nur verschleiern könnte. Außerdem braucht so viel Kommunikation auch jede Menge Zeit, Arbeitszeit, die Angestellte dann nicht dem operativen Geschäft widmen können.
Eine Kerbe, in die auch Lars Vollmer in seinem Buch "Zurück an die Arbeit" haut.
"Klar, so ein Mitarbeitergespräch könnte man besser machen. Aber so oder so: Es macht keine Freude, weder dem Chef noch dem Mitarbeiter. Beide finden es lästig und unersprießlich, aber es gehört heute zum unerlässlichen Pflichtprogramm vieler Unternehmen, Teams und Abteilungen, dem sich beide Seiten auf gar keinen Fall entziehen dürfen. Und wenn sich beide auch noch so viel Mühe geben würden: Sie können es prinzipiell gar nicht so gestalten, dass während dieser zwanzig Minuten Machtdemonstration irgendein Wertschöpfungsbeitrag erzielt werden könnte."
Kritik ist in Mode gekommen. Kritikfähig muss er sein der Mensch von heute und der Arbeitnehmer sowieso. Wer keine Kritik aushalten kann, ist irgendwie von gestern. Wie anstrengend.
Kritik will gelernt sein und dass sie nicht nur von oben, sondern auch von unten kommen sollte. Aber da liegt der Hase auch schon im Pfeffer. Hiltrud Werner, Vorstand für Recht und Integrität beim Volkswagenkonzern:
"Wir müssen erst einmal die Chefs dazu bringen, dass sie nicht jede Kritik als Stuhlsägen empfinden. Mit Feedback sind immer Ängste verbunden. Was will mir der Kollege sagen? Ist das der Anfang vom Ende? Da schwingen ganz viele negative Emotionen mit und die wegzunehmen, dass erfordert eine gute Schulung, wie ich Feedback richtig empfange, nicht nur, wie ich es richtig gebe."
Wenn Feedback funktionieren soll, geht es also nicht nur darum, wie man was sagt, sondern auch, wie man die Rückmeldung von Chef und Kollegen empfängt. Feedback richtig geben und verstehen ist dann manchmal so wie das Erlernen einer neuen Sprache.
"Wenn die Führungskraft sagt, sie haben die Quartalszahlen zu 50 Prozent erreicht – was ja zunächst ein neutrales Feedback ist –, hören das einige Mitarbeiter als 'Ich bin nicht kompetent genug'. Oder 'ich bin schlecht' oder 'ich krieg's' nicht hin", sagt Stefan Grosalski, Geschäftsführer der Contextuellen Coaching Akademie, gemeinsam mit Patrizia Voigtländer, die ergänzt:
"Das heißt, als Führungskraft können Sie das Feedback auch singen und Blumen streuen, wenn der Mitarbeiter seine innere mentale Hölle anhat – ich bin nicht gut genug und so weiter –, dann haben Sie als Führungskraft auch keine Chance."
Patrizia Voigtländer und Stefan Grosalski beraten Unternehmen dabei, ihre Feedbackkultur zu verbessern, trainieren Chefs und Mitarbeiter, Feedback richtig zu geben und auch zu verstehen.
"'Contextuelles Coaching' beabsichtigt und bewirkt einen mentalen, emotionalen Bewusstseinswandel", betont Voigtländer. "Die Methode ist sowohl privat als auch beruflich anwendbar und sie befähigt – heute geht es ja im Schwerpunkt um Business – befähigt Unternehmer und Führungskräfte, die Produktivität des Unternehmens zu steigern. Nicht nur die Produktivität, sondern auch die Arbeitsmotivation im Team zu erhöhen und die finanziellen Ergebnisse zu verbessern."
Eine wirksame Feedback-Kultur ermöglicht in den Augen der Coaches nicht nur einen besseren Informationsfluss und mehr Zufriedenheit im Unternehmen. In ihren Augen sorgt eine sorgsame Feedbackkultur auch dafür, dass das Unternehmen seinen Gewinn steigern kann.
Feedback – also kein Hobby experimentierfreudiger Personalchefs, sondern Essenz der Leistungsgesellschaft. Das wichtigste Prinzip, auf dem auch das Contextuelle Coaching beruht, habe ich schon gelernt: Raus mit den Gefühlen! Und das wirklich zu leben, sei für die meisten Klienten – ob Chef oder nicht – am schwersten zu lernen, sagt Patrizia Voigtländer.
"Weil, man ist natürlich ganz schnell in dem Modus zu sagen, immer sind Sie unpünktlich, oder wenn über den Mitarbeiter gesprochen wird, das ist so ein nachlässiger und sei es, man denkt das nur. Und im Feedback ist es aus unserer Sicht ein NoGo oder dysfunktional zu sagen: Immer sind Sie unpünktlich. Eine wertneutrale Version des Feedbacks wäre hinzugehen und zu sagen: Herr Meyer, wir haben immer mittwochs den Termin und seit vier Wochen kommen Sie gar nicht zu dem Termin oder eine halbe Stunde zu spät. Und dann in eine untersuchende Frage zu gehen: Was ist eigentlich los?"
Beschreiben statt Abstempeln. Beschreiben statt Einordnen.
"Es ist ja schon in unserem Sprachgebrauch so, dass man Gefühle als Argumente benutzt. Sei es, dass man sagt: Sie haben mich sehr enttäuscht. Sie haben mich sehr verärgert. Da steckt schon die Annahme drin, dass der Mitarbeiter einem schlechte Gefühle machen kann. Kann der aber gar nicht."
Kann er nicht? Ganz frei zu sein von Bewertungen, die einem jemand anderes entgegenbringt, das nicht in schlechte Gefühle zu übersetzen – da muss man schon recht hartgesotten sein.
"Der Erfolg unserer Methode basiert eben auch darauf, dass wir sehr ungewöhnliche Standpunkte einnehmen", sagt Stefan Grosalski. "Die sind aber nicht aus der Luft gegriffen. Das untersuchen wir in unseren Seminaren mit den Teilnehmern auch gemeinsam, so dass sie den Ursprung dieser Standpunkte nachvollziehen können."
"Und letztlich ist dieser Standpunkt auch die gute Nachricht", meint Patrizia Voigtländer. "Wenn der Mitarbeiter mir keine schlechten Gefühle machen kann, was ich dann wieder habe, ist ein Einfluss auf meinen Gefühlszustand."
Laut einer repräsentativen Studie der Personalberatung Rochus Mummert von 2016 machen 24 Prozent der Arbeitnehmer in Deutschland die Erfahrung, dass Führungsstil vor allem Befehlston heißt – der Chef hat Recht und der Mitarbeiter zu gehorchen. Und zwar unabhängig von Alter oder Geschlecht der Vorgesetzten.
"Das beobachten wir auch", sagt Stefan Grosalski. "Wenn eine Führungskraft im Befehlston spricht, dann heißt das letztendlich, der Mitarbeiter soll in irgendeiner Form funktionieren, der soll keine Wahlmöglichkeiten haben, zum Beispiel über die Art und Weise, wie er Ergebnisse produziert. Wir beobachten das auch, wissen auch, dass das weit verbreitet ist. Und wir wissen auch, warum viele Manager auf diese Kommunikationsweise zurückgreifen, was auf ihrer Landkarte, was aus ihrem kontextuellen Zusammenhang dahintersteckt: Angst! Manager nennen das meistens Stress, aber Stress ist nichts anders als Angst – die Angst, es nicht zu schaffen."
Da sind sie wieder, die Emotionen. Denn wer schafft es schon, nüchtern, selbstbeobachtend da raus zu kommen?
Andererseits ist die Einführung einer Feedbackkultur möglichst frei von hierarchischem Denken auch kein Selbstzweck. Feedback muss immer eine gewisse Relevanz haben. Über Arbeitsbedingungen zu sprechen, ohne tatsächlich zu beabsichtigen, was ändern zu wollen, kann sogar kontraproduktiv sein. Eine Beobachtung, die die Feedbacktrainerin Patrizia Voigtländer häufig macht:
"Das verkommt immer mehr zum Selbstzweck. Man hat das halt irgendwie als Tool, als Instrumentarium. Das wird eingehalten. Nach dem Motto: Die Führungskräfte müssen mal wieder Feedbackgespräche führen. Es ist mal wieder Quartalsende."
Aber es wird gar nicht für die Verbesserung der Unternehmenskultur genutzt.
Und so kann Feedback manchmal auch nur verschenkte Zeit sein.
Hätte eine andere Fehler- und Feedbackkultur bei VW den Dieselskandal verhindern können? (imago stock&people / Michael Gottschalke)
"Ich habe aus jedem Feedback Sachen über mich gelernt, die nicht immer einfach waren", sagt Hiltrud Werner, Vorstand für Integrität und Recht beim VW-Konzern.
"Manchmal sind da auch schmerzhafte Erkenntnisse dabei, wo man dann viel Arbeit in die Selbstreflexion stecken muss. Ich habe mit Sicherheit auch meinen Führungsstil in den letzten 23 Jahren, in denen ich Personalverantwortung habe verändert: weniger Mikromanagement. Ich lebe deutlich mehr Vertrauensvorschuss. Ich habe mich von der Ansicht verabschiedet, dass man sich Vertrauen erst einmal verdienen muss, sondern ich glaube, dass man das Vertrauen auch einem neuen Mitarbeiter gegenüber entgegenbringen muss, wo man ihm einen Arbeitsvertrag anbietet. Denn der Arbeitsvertrag ist Ausdruck davon, ich traue dir zu, dass du deinen Job machst, deshalb muss ich dir auch vertrauen, dass du ihn machst. Da habe ich mit Sicherheit viel verändert an mir."
"Die Mitarbeiter kommen in den seltensten Fällen in die Firmen, weil sie keine Ergebnisse produzieren wollen", meint Patrizia Voigtländer, Coach und Feedbacktrainerin.
"Die meisten treten mit einer Vision oder einer Idee, mit einer Absicht an. Die sind an sich motiviert, Ergebnisse zu produzieren. Aber wenn die angstbedingten Strategien eingesetzt werden, was dann die Folge ist, dass die Mitarbeiter ihren Einsatz zurückdrehen. Das kann man auch in der Gallup-Studie beobachten. Da ist eine Studie, die die Leistungsintensität in deutschen Firmen misst. Und das Interessante ist, die Zahl ist ungefähr konstant, die verbessert sich leicht. Dass 15 Prozent der Mitarbeiter in deutschen Unternehmen gekündigt haben, circa 70 Prozent machen Dienst nach Vorschrift und tatsächlich nur 15 Prozent ziehen wirklich an der Kette, leisten wirklich 100 Prozent."
Und Armin Trost, Psychologe und Professor für Personalmanagement ergänzt:
"Feedback ist essenziell für Teams, dass sie sich erleben, dass sie sich spüren. Die Verarmung vor allem in Großunternehmen, wo der einzelne Mitarbeiter den Kunden nicht mehr erlebt und auf deine Arbeit keine Resonanz mehr spürt. Das ist ein Grund, warum das Engagement in vielen Unternehmen den Bach runtergeht. Sobald ich Resonanz spüre, wofür mache ich das, ist das ein großer Quell für Lernen, für Erfüllung für das Erleben von Sinnhaftigkeit."
Die Erstausstrahlung des Features von Mandy Schielke war am 17.9.2018.
Autorin: Mandy Schielke
Regie: Roman Neumann
Technik: Alexander Brennecke
Redaktion: Martin Hartwig
Moderne Arbeitswelt - Anpassung statt Kritik
(Deutschlandfunk Kultur, Politisches Feuilleton, 26.07.2019)
Arbeit und psychische Erkrankungen - Therapie oder Arbeitskampf - was hilft gegen Burnout?
(Deutschlandfunk Kultur, Tacheles, 20.04.2019)
Digitale Arbeitswelt - Ein Hoch auf Zerstreuung und Zufall
(Deutschlandfunk Kultur, Politisches Feuilleton, 07.02.2019)