Arbeitsbelastung

Pflegepersonal der Charité streikt

Eine Mitarbeiterin der Charité demonstriert in Berlin mit einem Plakat mit der Aufschrift "Pflege soll nicht krank machen"
Eine Mitarbeiterin der Charité demonstriert in Berlin mit einem Plakat mit der Aufschrift "Pflege soll nicht krank machen" © picture alliance / dpa / Soeren Stache
Von Susanne Arlt · 22.06.2015
20 Stationen sind betroffen, bis zu 200 Operationen am Tag müssen ausfallen: Das Pflegepersonal an Europas größtem Klinikum, der Charité in Berlin, streikt. Die Arbeitsbelastung sei unerträglich geworden, argumentiert die Gewerkschaft ver.di.
120.000 Überstunden hat das Pflegepersonal an der Charité inzwischen angesammelt. So hat es die Gewerkschaft ver.di ausgerechnet. Dieses Ausmaß an Mehrarbeit könne aber niemand mehr abbummeln, meint Pfleger und Gewerkschaftsmitglied Stephan Gummert. Dazu sei die Arbeitsbelastung auf den Krankenstationen grundsätzlich viel zu hoch. Im vergangenen Jahr konnte die Charité einen Überschuss in Höhe von 7,4 Millionen Euro erwirtschaften. Mehr Geld in die Pflege stecke sie trotzdem nicht, ärgert sich Gummert.
"Hier wird tatsächlich seit drei, vier Jahren versucht, auftragsgemäß Überschüsse zu generieren. Die schwarze Null wenigstens abzubilden. Jetzt muss man aber hinterfragen, wie das geschieht. Das geschieht nur noch durch Mehrarbeit, also auf unsere Knochen durch unsere Überstunden und es passiert durch Leiharbeit. Also man kaschiert im Prinzip das Systemversagen oder kompensiert es und diese Kompensationsmechanismen funktionieren nicht mehr, die machen uns krank. "
Baustellen: Beschäftigungsquote und Nachtschicht
Darum fordert Verdi eine bessere Beschäftigungsquote. Auf den Intensivstationen soll sich künftig ein Pfleger um höchstens zwei Patienten und auf den Normalstationen ein Pfleger um höchstens fünf Patienten kümmern. Ein weiterer Knackpunkt: die Nachtschichten auf den Normalstationen. Oftmals muss eine Pflegekraft allein 25 Patienten betreuen. Vor zehn Jahren sei das an der Charité noch anders gewesen, sagt Stephan Gummert. Damals durfte er mit einem zweiten Kollegen Nachtwache halten. Doch mit der Ökonomisierung des Krankenhaussystems sei diese Stelle dann weggefallen.
Der Charité-Vorstand teilt zwar die Auffassung, dass eine bessere Personalausstattung wünschenswert wäre. Vorsitzender Karl Max Einhäupl weist aber darauf hin, dass nur ein Teil der Forderungen der Gewerkschaft bezahlbar sei.
"Länder und Bund haben in den letzten Jahren die Krankenhäuser chronisch unterfinanziert. Was dazu führt, dass ein Krankenhaus nach dem anderen in die roten Zahlen gehen muss. Das wirkt sich natürlich auch auf den Pflegebereich aus und deshalb sage ich ganz deutlich: Hier muss reagiert werden."
Aber eben nicht mit Hilfe eines Streiks. Die Klinikleitung beantragte darum vor dem Berliner Arbeitsgericht eine einstweilige Verfügung gegen den unbefristeten Ausstand. Der Richter aber stellte klar: Die unternehmerische Freiheit des Arbeitgebers ende dort, wo der Gesundheitsschutz der Mitarbeiter beginne.
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