Arbeitgeber-Präsident befürwortet Investivlöhne

Moderation: Birgit Kolkmann |
Arbeitgeber-Präsident Dieter Hundt hat sich für die Einführung von Investivlöhnen ausgesprochen. Grundsätzlich befürwortete er die Beteiligung der Arbeitnehmer am Gewinn der Unternehmen, sagte Hundt, nur müssten diese Entscheidungen von den Firmen selbst getroffen werden.
Birgit Kolkmann: Die Sache hat durchaus ihren Charme. Arbeiter und Angestellte vermieten ihren Unternehmen nicht nur ihre Arbeitskraft, sondern werden als Mitglied des Betriebs auch beteiligt am Vermögen und den Gewinnen, nach dem Motto, gut gewirtschaftet, mehr verdient, und ein Teil des Lohns geht direkt in Investitionen. Später wird dann das so Angesparte zum Beispiel als Altersgeld zurückerstattet. Dieser Investivlohn ist in den USA gang und gebe, in Deutschland machen sich nun Politiker von CDU und SPD dafür stark, mit durchaus unterschiedlichen Vorstellungen, aber der Investivlohn soll kommen, das beschloss auch die CDU bei ihrem Parteitag in Dresden. Wirtschaftsexperten und Wirtschaftsvertreter sehen das allerdings etwas skeptisch. Zum Interview im Deutschlandradio Kultur begrüße ich Arbeitgeber-Präsident Dieter Hundt. Schönen guten Morgen!

Dieter Hundt: Guten Morgen Frau Kolkmann!

Kolkmann: Gesamtmetallchef Kannegiesser will ja, dass die Arbeitnehmer durch höhere Löhne von der guten Wirtschaftslage profitieren. Das heißt noch nicht, dass es ein Investivlohn ist. Können Sie das auch unterschreiben?

Hundt: Zum Investivlohn: Ich befürworte grundsätzlich die Beteiligung der Beschäftigten am Ertrag beziehungsweise gegebenenfalls auch am Kapital des Unternehmens. Dieses muss auf freiwilliger Basis auf betrieblicher Ebene geregelt werden und darf auf gar keinen Fall über Tarifverträge oder Gesetze vorgeschrieben werden. Es sind unterschiedliche Gesellschaftsformen der Unternehmen in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen. Eine Beteiligung an einer Aktiengesellschaft beispielsweise muss ganz anders ausschauen als etwa an einer GmbH oder gar einer OHG. All diese Dinge sind sorgfältig zu prüfen und gegebenenfalls Lösungen herbeizuführen.

Kolkmann: Bleiben wir noch mal zunächst beim Grundsätzlichen, bevor wir auf die einzelnen Möglichkeiten eingehen können. Es gibt ja nicht wenige, die sagen, wenn Beteiligungen am Erfolg, dann bitte aber auch am Misserfolg, also ein Risiko tragen.

Hundt: Das wäre eine logische Folge, die realisiert werden müsste. Wenn Beschäftigte am Erfolg beteiligt werden, dann müssen sie das Risiko des Misserfolges selbstverständlich auch mittragen. Das wird aber insbesondere in niedrigen Einkommensgruppen eines der Themen sein, über die zu sprechen ist.

Kolkmann: Ist aber ein Risiko, das dann ein Mitarbeiter tragen sollte, mit einer relativ geringen Investition, die er tätigt, eigentlich nicht vergleichbar mit dem Risiko, das ein Unternehmer tragen kann?

Hundt: Es gibt kritische Stimmen. Beispielsweise wird dieses Jahr von den Gewerkschaften in die Diskussion gebracht, dass eine Kapitalbeteiligung der Beschäftigten nicht der richtige Weg ist. Ich kann Ihnen nur sagen, diese Überlegung Investivlohn, die vom Grundsatz her, ich wiederhole, dies ist zu befürworten, es ist jetzt in die Diskussion gekommen. Mein persönlicher Eindruck ist, dass mehr oder weniger alle Beteiligten noch gar nicht genau wissen, in welche Richtung die Überlegungen gehen sollen, und ich empfehle dringend, dass wir da erstmal abwarten und sorgfältig über die verschiedenen Möglichkeiten mit ihren Chancen und auch ihren Risiken diskutieren. Ganz wesentlich seitens der Politik wird ja die Frage der Besteuerung sein, beispielsweise ob Lösungen gefunden werden können, dass hier die nachgelagerte Besteuerung greift, die sicherlich eine wichtige Voraussetzung wäre, und darüber hinaus darf auf gar keinen Fall über Gesetze oder Tarifverträge eine Festlegung getroffen werden, wie Investivlöhne gegebenenfalls in den Unternehmen zu gestalten sind. Dieses ist und muss Angelegenheit der Unternehmen auf freiwilliger Basis bleiben.

Kolkmann: Sie sagten ja eben auch, das muss je nach Geschäftsform unterschiedlich gehandhabt werden. Wenn man das einfach mal in Betracht zieht, steuerliche Begünstigungen, eventuell auch mehr Mitsprache durch die investierenden Mitarbeiter, kann man diesen Investivlohn dann mitnehmen, wenn man den Arbeitgeber wechselt, und was ist, wenn das Unternehmen pleite macht, wenn man sich das alles überlegt, führt das nicht zu einer überbordenden neuen Bürokratie, neuen Vorschriften?

Hundt: Meine Sorge ist, dass die Regelung, die gegebenenfalls erforderlich wäre, so umfangreich wird, dass es tatsächlich zusätzliche Bürokratie darstellt und in der betrieblichen Handhabung nachher außerordentlich erschwert wird. Es gibt ja eine Vielzahl von Regelungen in den Betrieben, die bereits in Kraft sind, dass Unternehmen ihre Beschäftigten am Unternehmenserfolg beteiligen über eine entsprechende Betriebsvereinbarung, relativ einfache Systeme. Ob darüber hinaus Überlegungen praktikabel sein werden, das muss die weitere Diskussion erst zeigen.

Kolkmann: Die Idee ist ja eigentlich als solche gar nicht neu, die hatte ja schon Ludwig Erhard. Warum kommt die jetzt wieder wie Kai aus der Kiste?

Hundt: Die Idee ist relativ alt, kommt eben immer wieder zur Diskussion. Ich halte vom Grundsatz her die Überlegung, die tariflichen Entlohnungen auf einem Mindestniveau zu halten und darüber hinaus den Betrieben, die wirtschaftlichen Erfolg haben, die Möglichkeit einzuräumen, über freiwillige Vereinbarungen ihre Beschäftigten am Erfolg zu beteiligen, für richtig. Unser Problem in der Tarifautonomie besteht unter anderem darin, dass unsere tariflichen Regelungen keine Mindestbedingungen mehr sind, sondern in etwa den Unternehmen, die Erfolg haben, gerade noch zuzumuten sind, während Unternehmen mit weniger Erfolg sich teilweise außerordentlich schwer tun, diese tariflichen Verpflichtungen zu erfüllen.

Kolkmann: Zum Schluss noch eine Frage zum unternehmerischen Erfolg: Die deutsche Wirtschaft brummt im Augenblick. Sollte sich das auch in höheren Löhnen niederschlagen?

Hundt: Wir haben derzeit eine wirtschaftliche Entwicklung, die erfreulicherweise deutlich besser ist als die in den zurückliegenden Jahren. Wir müssen auf der anderen Seite aber berücksichtigen, dass wir sehr unterschiedliche Gegebenheiten haben in verschiedenen Branchen und teilweise auch innerhalb einer Branche bei den verschiedenen Firmen. Dieser Situation muss Rechnung getragen werden, das heißt, ich plädiere für die kommenden Tarifrunden für eine Fortsetzung der Entwicklung der letzten Jahre mit der Vereinbarung einer Mindesterhöhung, die von allen Firmen zu verkraften ist, und der Möglichkeit, dass Firmen, die größeren wirtschaftlichen Erfolg haben, dann zusätzliche Zahlungen auf betrieblicher Ebene vereinbaren.

Kolkmann: Vielen Dank! Das war Arbeitgeber-Präsident Dieter Hundt zum Thema höhere Löhne und Investivlohn.