Aquapods

Fischfarmen auf hoher See

Forellen aus deutscher Produktion: Der Bedarf nach Fisch ist weltweit nur noch mit dem Ausbau von Zuchtfarmen zu decken. Aber wie schafft man es, dass der Fisch nach Fisch schmeckt?
Forellen aus deutscher Produktion: Der Bedarf nach Fisch ist weltweit nur noch mit dem Ausbau von Zuchtfarmen zu decken. Aber wie schafft man es, dass der Fisch nach Fisch schmeckt? © dpa / picture alliance / Marius Becker
Von Wolfgang Stuflesser · 09.09.2015
Im Golf von Kalifornien betreibt die Firma Ocean Farm Technologies die ersten Aquapods. Die Kugeln aus Kunststoffstangen und Drahtgeflecht haben einen Durchmesser von bis zu 20 Metern. Fische von dort schmecken nach Fisch, verspricht ihr Erfinder.
Im Grunde sieht ein Aquapod aus wie eine große Kugel aus Drahtnetz, die ins Wasser gelassen wurde. Wobei diese Kugel bis zu acht Stockwerke hoch ist und Hunderttausende von Fischen beherbergen kann. Das Besondere: Im Gegensatz zu herkömmlichen Fischfarmen können die Aquapods in deutlich tieferem Wasser betrieben werden. Erfinder Steve Page sieht in seiner Idee nichts weniger als die Zukunft der Fischindustrie, wie er im Interview mit dem Online-Magazin Motherboard erklärt.
"Ich habe angefangen als Umweltbeauftragter bei einer Firma für Altantik-Lachs im Bundesstaat Maine. Und da wurde mir klar, dass die Fischfarmen einfach am falschen Ort waren: Zu viele Fische, eine Farm auf der anderen − da breiten sich Krankheiten sofort aus. Der einzige Weg, die Fischzucht nachhaltig zu betreiben, bestand darin, weg von der Küste ins tiefe Wasser zu gehen."
Page ist kein Theoretiker am Schreibtisch. Er hat seine Idee gleich in die Tat umgesetzt: Im Golf von Kalifornien vor der Küste Mexikos betreibt seine Firma Ocean Farm Technologies mehrere Aquapods mit Durchmessern zwischen acht und bis zu 20 Metern. Sie bestehen aus recycelten Kunststoffstangen, die zu unzähligen Dreiecken zusammengefügt sind und so eine Kugel formen. Zwischen die Stangen ist ein Drahtgeflecht aus Metall gespannt. So entsteht ein geräumiger Unterwasser-Fischkäfig.
Das Meer ist hier 40 Meter tief, deshalb wird zum Beispiel der Kot der Fische durch das Drahtnetz der Riesenkugel einfach weggespült. Das sei auch gut für den Geschmack der Fische, sagt Steve Page. Denn natürlich geht es darum, dass die Tiere am Ende auf dem Teller landen. Weil das Wasser draußen im Meer so klar ist, schmecken die Fische nach Fisch, sagt er, und nicht wie bei den küstennahen Zuchten nach dem Wasser, in dem sie aufgewachsen sind:
"This water is so clean. Fish tastes like fish."
Auch auf dem Aquapod siedeln sich Algen an, zum Reinigen kann die Kugel aber einfach im Wasser um sich selbst gedreht und dann Dreieck für Dreieck geputzt werden − ohne großen Kraftaufwand. Muscheln oder Krustentiere sind dagegen als Anwohner der Pods durchaus gewünscht − im Grunde funktionieren sie wie ein künstliches Riff.
Das Problem ist nur: Wird sich die weltweite Fischindustrie auf ein neues Zuchtmodell einlassen? Denn die Investitionskosten sind hoch, bekennt auch Lorenzo Juarez, Mitstreiter von Steve Page und Chef der Firma Baja Aquaculture, im Interview mit dem Wirtschaftssender Bloomberg:
"Wir sprechen über zig Millionen Dollar. Es ist ein Zuchtsystem, das eher nicht zu einer kleinen Firma passt, aber durchaus zu einer mittelgroßen."
Bereits heute stammt die Mehrheit der Fische, die wir essen, aus Fischzuchten. Wild gefangener Fisch gilt als gesünder, ist aber auch keine nachhaltige Alternative, weil die Meere extrem überfischt sind. Steve Page ist Realist. Auch mit seinen Aquapods könnten nicht beliebig viele Fische gezüchtet werden:
"Jeder Wasserkörper hat eine maximale Fischmenge, die er verträgt. Auch hier in der Bucht von La Paz. Wir brauchen Vorschriften, wie viele Aquapods erlaubt sind, und die werden jeweils an die Umweltbedingungen angepasst werden."
Page denkt noch weiter: Er will das Prinzip Aquapod für eine Art mobile globale Fischzucht verwenden: Künftig könnten die Kugeln zum Beispiel am Golf von Mexiko mit Jungtieren befüllt werden, dann mit dem Golfstrom treiben und sich so langsam nach Europa bewegen, wo dann die ausgewachsenen Fische ankommen. Sozusagen fertig zum Essen. Steve Page ist sich sicher, die Zukunft der Fischzucht liegt draußen auf hoher See:
"The future of fish farming is the open ocean."
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