Was das Geigenspiel mit einem Tennismatch gemeinsam hat
Musizieren habe für sie auch eine "athletische Komponente", sagt die weltberühmte Geigerin Anne-Sophie Mutter. Ein Gespräch über Leistungsdruck auf der Bühne, musikalische Nachwuchsförderung und die verbindende Kraft der Musik.
Seit ihrer Kindheit wird die Violinistin Anne-Sophie Mutter mit schmeichelhaften Etiketten belegt. Es mag der Versuch sein, das außergewöhnliche Talent der Weltklasse-Geigerin zumindest begrifflich fassbar zu machen. Es ist ein Talent, das schon Ende der 70er-Jahre offensichtlich wurde: Bereits als Teenagerin stand Anne-Sophie Mutter mit Herbert von Karajan vor den besten Orchestern der Welt.
Im nächsten Jahr feiert die heute 53-jährige Virtuosin ihr vierzigjähriges Bühnenjubiläum. Mit Einspielungen der Violinkonzerte von Mozart, Beethoven und Brahms begründete sie ihren Weltruhm, noch heute füllt sie die großen Konzertsäle weltweit. Und nebenbei hat sie zwei Kinder großgezogen, betreut karitative Projekte und setzt sich für die Förderung des internationalen musikalischen Nachwuchses ein.
Anne-Sophie Mutter vergleicht das Geigenspiel gerne mit einem Tennis-Match. Das Musizieren habe für sie auch eine athletische Komponente, meinte sie im Gespräch mit Deutschlandradio Kultur:
"Man musiziert ja mit dem ganzen Körper. Es sind ja nicht nur die Hände. Bei einem Sänger ist es ja auch der ganze Körper, der klanggebend ist. Und bei einem Instrumentalisten wird tatsächlich von Kopf bis Fuß mit-musiziert."
"Man musiziert ja mit dem ganzen Körper. Es sind ja nicht nur die Hände. Bei einem Sänger ist es ja auch der ganze Körper, der klanggebend ist. Und bei einem Instrumentalisten wird tatsächlich von Kopf bis Fuß mit-musiziert."
"Du musst abends um acht Uhr etwas bringen"
Beim Geigenspielen wie auch bei einer Einzelsportart wie dem Tennis müsse eine bestimmte Leistung auf einen bestimmten Punkt konzentriert werden, sagte Mutter: Es handele sich um das Abrufen eines Könnens, an dem man Tage, Wochen, Jahre gefeilt habe:
"Das verbindet uns beide – den Athleten mit dem Musiker. Du musst abends um acht etwas bringen. Es hat keinen Sinn, dass du Dich um sechs Uhr topfit fühlst. Und um zehn Uhr ginge es vielleicht auch wieder. Aber eben um acht Uhr nicht. Ich finde diese athletische Komponente im Musizieren ganz spannend. Auch in dem, was man als Musiker an sportlicher Präsenz mitbringen und sich an sportlichem Training auferlegen sollte. Das ist ein wichtiger Punkt."
"Das verbindet uns beide – den Athleten mit dem Musiker. Du musst abends um acht etwas bringen. Es hat keinen Sinn, dass du Dich um sechs Uhr topfit fühlst. Und um zehn Uhr ginge es vielleicht auch wieder. Aber eben um acht Uhr nicht. Ich finde diese athletische Komponente im Musizieren ganz spannend. Auch in dem, was man als Musiker an sportlicher Präsenz mitbringen und sich an sportlichem Training auferlegen sollte. Das ist ein wichtiger Punkt."
"Musik ist der einzige Raum, den wir alle betreten können"
Was bedeutet Musik für Anne-Sophie Mutter? Sie habe einen ganz besonderen, menschenverbinden Stellenwert:
"Musik ist vielleicht der einzige Raum, den wir alle betreten können, ohne durch unsere religiöse Herkunft oder durch andere, völlig überflüssige Trennungsgründe daran gehindert zu sein. Es ist ein Raum, der uns in der Emotionalität der Musik alle umschließt und alle umfängt. Ich kann es nicht besser beschreiben als Schiller in seiner 'Ode an die Freude': 'Alle Menschen werden Brüder'. Und das ist in und mit der Musik möglich."
"Musik ist vielleicht der einzige Raum, den wir alle betreten können, ohne durch unsere religiöse Herkunft oder durch andere, völlig überflüssige Trennungsgründe daran gehindert zu sein. Es ist ein Raum, der uns in der Emotionalität der Musik alle umschließt und alle umfängt. Ich kann es nicht besser beschreiben als Schiller in seiner 'Ode an die Freude': 'Alle Menschen werden Brüder'. Und das ist in und mit der Musik möglich."
Die Arbeit der Anne-Sophie Mutter Stiftung
Mutter sprach auch über ihre Arbeit zur Förderung des musikalischen Nachwuchses. Sie hat 2008 die Anne-Sophie Mutter Stiftung gegründet, die junge, solistisch begabte Streicher weltweit fördert:
"Ich suche Begabungen, die einen unbedingten, sehr singulären Interpretationswillen mitbringen. Die einen Klangsinn entwickelt haben. Die einfach eine eigene Sichtweise auf das Repertoire zum Klingen bringen wollen, um Musik nicht wieder zu geben, sondern sie wieder erlebbar zu machen."
"Ich suche Begabungen, die einen unbedingten, sehr singulären Interpretationswillen mitbringen. Die einen Klangsinn entwickelt haben. Die einfach eine eigene Sichtweise auf das Repertoire zum Klingen bringen wollen, um Musik nicht wieder zu geben, sondern sie wieder erlebbar zu machen."