Animation

Lila Monster in Bewegung

Von Eva Hepper · 10.02.2014
Auf 32 quietschbunten Seiten macht Helen Piercy Kindern Lust, eigene Trickfilme zu produzieren: mit flachen Collagen, als Legetrick und in komplexen 3-D-Sets. Das Bändchen enttäuscht aber, wenn es dann um die technische Umsetzung der Ideen geht.
Eben noch war es ein einfacher, etwa 30 cm langer und 3 cm hoher Papierstreifen mit aufeinanderfolgenden Bildern eines lilafarbenen Monsters in verschiedenen Posen. Doch kaum hat man ihn ausgeschnitten, an seinen Enden zum Kreis zusammengeklebt und in ein Zoetrop gesteckt, werden die Einzelbilder zu einer kontinuierlichen Bewegung: Nun schlägt das Monster Purzelbäume.
Zoetrop? Tatsächlich handelt es sich dabei um eine nach oben offene Röhre mit Seitenschlitzen. Dreht man sie schnell genug, gerät jede eingelegte Bilderfolge durch die Schlitze betrachtet in Dynamik. Ein magischer Effekt, der unmittelbar verrät, warum das Gerät im Volksmund Wundertrommel heißt.
Diese Magie will sich die Animationsfilmspezialistin Helen Piercy zunutze machen. Das lila Monster mitsamt Zoetrop-Bausatz stellt sie daher direkt an den Anfang ihres ungewöhnlichen Buchprojektes. Immerhin will sie mit ihrer "Trickfilmwerkstatt" Kinder ab acht Jahren für dieses Genre nicht nur begeistern, sondern anregen, eigene Filme zu drehen. So enthält ihre Buchbox neben einem Handbuch Requisiten, Bauanleitungen für optische Geräte sowie diverse direkt einsetzbare Filmkulissen.
Wer die Box öffnet, hat die Qual der Wahl. Mit wenigen Handgriffen lässt sie sich selbst zur üppig bemalten Filmkulisse ausklappen. Aber inszeniert man nun im schummerigen Innenraum eines Spukschlosses? Oder dreht man das Setting herum und verlagert das Geschehen damit nach außen vor das Gemäuer? Oder sollte man gar mit dem Bau des Zoetrops beginnen, wie das Handbuch anregt?
Tipps, Experimente und Anregungen
Auf dessen 32 quietschbunten Seiten erläutert Helen Piercy anhand der Geschichte des Trickfilms, was eine gute Story ausmacht. Wie sich die Eigenschaften einer Figur definieren lassen – unabhängig davon, ob sie gezeichnet oder etwa aus Knete gestaltet ist. Und wie sie inszeniert werden kann; von der flachen Collagetechnik bis hin zu komplexen 3D-Settings.
Viele Tipps, Experimente und Anregungen der Autorin sind mit dem Zubehör-Material direkt umsetzbar. So lässt sich beispielsweise mit einem aus Pappe herausstanzbaren Fabelwesen ein Legetrickfilm arrangieren – je nach Vorliebe in einer Weltraum- oder Inselkulisse. Und sogar Sprechblasen zum Ausschneiden werden geliefert.
Tatsächlich gelingt es Helen Piercy, mit diesem als Buch getarnten Trickfilmworkshop Kinder für das Metier zu begeistern und unmittelbar zum Basteln zu bringen.
"Frage am besten deine Eltern"
Weiter aber, und das ist das große Manko des Buches, bringt sie ihre Nachwuchsregisseure nicht. Zwar lautet der Untertitel "So drehst Du Animationsfilme mit Handy oder Digitalkamera", aber beide Geräte kommen in dem gesamten Text nicht vor. Kein Wort verliert die Autorin etwa darüber, welche Kamera geeignet ist, noch wie sie zu bedienen wäre. Und wenn es um die Software für den abschließenden Filmschnitt geht, rät sie: "Frage am besten deine Eltern". Das ist enttäuschend. Und so ist dieses Buch letztlich nur ein schön aufbereiteter Appetizer, der Hunger aufs Filmemachen auslöst, diesen aber dann nicht wirklich stillen kann.

Helen Piercy, Trickfilmwerkstatt. So drehst du Animationsfilme mit Handy oder Digitalkamera
Übersetzt von Susanne Schmidt-Wussow
Dorling Kindersley Verlag, München 2013
ab 8 Jahren, 32 Seiten, 19,95 Euro

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