Studie "Jugend in Deutschland"

Unsicherer Blick in die Zukunft

06:51 Minuten
Drei junge Frauen mit Feldstechern in Beuel am Vilicher Bach blicken Richtung Kamera.
Was bringt die Zukunft? Zumindest keine sichere Rente, fürchten viele Jugendliche. © picture alliance / photothek / Ute Grabowsky
Simon Schnetzer im Gespräch mit Axel Rahmlow · 22.11.2021
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Wie sehr leiden Jugendliche unter Corona? Was wünschen sie sich, was bereitet ihnen Sorgen? Eine neue Studie hat 14- bis 29-Jährige gefragt. Der Initiator, Jugendforscher Simon Schnetzer, weiß, warum sich Jugendliche sogar um die Rente sorgen.
Seit 21 Monate stellt Corona auch das Leben der jungen Generation, der 14- bis 29-Jährigen, auf den Kopf. Die Auswirkungen sind deutlich spürbar. Aber auch der Blick in die Zukunft macht den Jugendlichen Sorgen.
Das zeigt die Studie „Jugend in Deutschland“. Sie basiert auf einer repräsentativen Befragung von 14- bis 29-Jährigen von Ende Oktober 2021. Wir sprachen mit Simon Schnetzer, Jugendforscher und Initiator der Studie.

Politisch wach und aktiv

„Die Studie zeichnet das Bild einer grundsätzlich politisch wachen und aktiven jungen Generation, die sich ihrer wichtigen gestalterischen Rolle für die Zukunft des Landes bewusst ist", sagt Schnetzer. Die Pandemie habe sie allerdings in einer äußerst sensiblen Lebensphase getroffen, und nur ganz allmählich erhole sie sich.
In einer früheren Studie aus der ersten Jahreshälfte 2021 gaben 53 Prozent an, ihre psychische Gesundheit habe sich verschlechtert, 49 Prozent sprachen von Kontrollverlust. Aktuell sind die Werte zwar etwas besser. 40 Prozent, bei denen sich die psychische Gesundheit verschlechtert habe, sei aber noch immer ein „ziemlich harter Wert“, findet Schnetzer.

Der Wunsch nach Gehör

Bewältigungsstrategien, die gezielt Jugendliche ansprächen, seien rar, so Schnetzer. "Was junge Menschen von Anfang an in der Pandemie vermissen, ist, dass ihnen zugehört wird." Es helfe schon, zu wissen: "Wir sind Euch nicht egal."
Corona habe die Jugendlichen jedoch nicht politisiert, meint der Jugendforscher. "Die stärkere Politisierung fand durch Fridays for Future statt." Anfang des Jahres habe man beobachten können, wie sich ein möglicher Systemkonflikt zusammengebraut habe, als Jugendliche in die Parks strömten, sich aber nicht von dort vertreiben ließen.

Jugendliche und Erwachsene brauchen Anschubser

Der größere Konflikt sei jedoch der Klimawandel. Die Gruppe der ökologischen Vorreiter, die bereit seien, ihren Lebensstandard zu reduzieren, sei jedoch nicht so groß. Dazu zählten nur etwa ein Fünftel der Jugendlichen, berichtet Schnetzer.
Rund die Hälfte sei jedoch bereit, Dinge auszuprobieren, zu experimentieren. Sie habe jedoch noch nicht unbedingt die Bereitschaft zu dauerhaftem Verzicht. Hier sei Politik gefragt. Die Jugendlichen bräuchten ebenso wie Erwachsene Anschubser oder Regulierung, um auf einen nachhaltigen Kurs zu kommen.
Ist die Jugend vielleicht gar nicht so grün, wie man es gerne hätte? Es brauche "mehr Diskussion, mehr Bewusstsein, auch mehr Ehrlichkeit in der Politik", diese Themen nicht nur anzusprechen, sondern auch entsprechend zu handeln, betont Schnetzer: "Wir müssen diesen Diskurs verändern, die Dringlichkeit hochschrauben."

Die Rente ist ein großes Thema

Das Thema Rente hat die Verfasser der Studie am allermeisten überrascht. Hier sei eine ganz neue Perspektive hinzugekommen, oder besser: Perspektivlosigkeit. Offenbar hätten Jugendliche das Thema Geld durch die Pandemie-Erfahrung stark aufgewertet: "Das ist unser Top-Wunsch an die Politik, kümmert Euch darum, dass unsere Rente sicher ist."
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