Angela Merkel und der kleine Unterschied
"Ich führe ein sehr erfolgreiches kleines Familienunternehmen." Ein solcher Satz, von einer Frau, nebenbei auf einer Party gesagt, ist immer noch für eine Überraschung gut. Frauen führen in Deutschland normalerweise kein Unternehmen - und schon gar keines, das erfolgreich ist. Wenn sich dann allerdings - wie in dem Werbespot, dem das Zitat entnommen ist - herausstellt, dass mit dem Unternehmen die Familie gemeint ist, mag der Gag gelungen sein. Vor allem aber bedient er das klassische Rollenbild: Frauen führen die Familie. Männer die Unternehmen.
Doch nun scheint die Wirklichkeit plötzlich weiter zu sein als die Werbung. Die Deutschland AG, wie die Bundesrepublik in der Ära des Autokanzlers Schröder gern genannt wurde, schickt sich an, von einer Frau geführt zu werden. Denn wenn nicht alles täuscht, ist Angela Merkel die Kanzlerschaft wohl kaum noch zu nehmen - fragt sich allenfalls noch, ob sie einer großen oder einer kleinen Koalitionsregierung vorstehen wird. Und das ist schon eine äußerst bemerkenswerte Tatsache. Höchste Zeit also, die Frage aufzuwerfen, ob sich mit einer Frau an der Spitze der Regierung etwas ändern würde am Stil, mit dem das Land regiert wird? Üben Frauen Macht grundsätzlich anders aus als Männer?
"Frau oder Mann ist eine vordergründige Frage." Mit diesen Worten reagiert Angela Merkel selbst immer ziemlich unwirsch auf die Frage nach dem kleinen Unterschied. Sie mag das Thema nicht. Dennoch hat sie mehrfach bewiesen, dass sie es durchaus für sich zu nutzen weiß. Als beispielsweise ihre Partei, die CDU, nach der Kohlschen Spendenaffäre völlig daniederlag, hat die damalige Generalsekretärin Angela Merkel ebenso machtbewusst wie instinktsicher die anstehenden Regionalkonferenzen kurzerhand zum innerparteilichen Volksentscheid für sich umfunktioniert. Die "Angie, Angie"-Rufe damals, die auch jetzt im Wahlkampf widerhallen, signalisierten die Erwartung der Parteibasis: Eine Frau kann uns jetzt besser aus dem Schlamassel befreien als Männer, die ihn angerichtet haben.
Ähnliche Hoffnungen könnten jetzt für die anstehende Bundestagswahl eine Rolle spielen. Denn wenn es einen Unterschied gibt, der Frauen zugeschrieben wird, dann der: Frauen packen unverzüglich an, während Männer, im Jahrhunderte langen Machtkampf erprobt, oft erst die Frage geklärt haben wollen, ob ihnen das Zupacken nützt oder ob es ihnen schadet. Insofern verbindet sich mit einer Kanzlerin auch die Vorstellung, Sachfragen könnten endlich wieder über Machtfragen die Oberhand gewinnen. Und die Wahlkämpferin Merkel kann auch damit kalkulieren, dass mancher Wähler meint, Eigenschaften wie Umsicht, Fürsorglichkeit, Rücksichtnahme, die als typisch weiblich gelten, wären in der Situation, in der sich das Land im Augenblick befindet, Labsal für die waidwunde deutsche Seele.
Bei alledem bleibt allerdings zu fragen, inwieweit Frauen überhaupt eine Chance haben, ihre spezielleren Eigenschaften durchzubringen im Spiel um die Macht. Denn Tatsache ist auch: Die Realität schleift schnell die Unterschiede. Wie die Dinge nun einmal liegen, wird Frauen schon auf dem Weg nach oben abverlangt, sich in einer Männergesellschaft zu behaupten. Und das heißt auch, sich auf die von Männern geprägte Welt einzulassen, sich ihr anzupassen. Ganz oben, wo die Luft ohnehin dünn ist, ist der Einfluss von Frauen immer noch viel zu gering, als dass sie schon Ton und Stil vergeben könnten. Dabei hat der Mangel an weiblichem Führungspersonal, wie man weiß, nichts, aber auch gar nichts mit fehlender Begabung zu tun. Der Mangel an Führungsfrauen hat viel mehr zu tun mit einer quasi naturgegebenen Benachteiligung: Wer mit Rücksicht auf Kinder in den entscheidenden Jahren, in denen Familien, aber eben auch Karrieren angelegt werden, halbtags oder ganztägig nicht im Beruf arbeitet, findet die besten Plätze auf der Erfolgsleiter besetzt, wenn er, beziehungsweise, wenn sie zurückkehrt aus dem Mutterschutz. Dies würde Männern keinen Deut anders gehen als Frauen, nur, dass immer noch mehr Frauen als Männer sich entschließen, die Familie dem Beruf vorzuziehen - jedenfalls für einige Zeit.
Angela Merkel hat es weit gebracht im harten Geschäft der Politik - und sie hat dies geschafft ganz ohne Quote und zu allem Überfluss auch noch in einer Partei ohne Quote. Sie hat das Frauenticket nie vorgezeigt, es gleichwohl - ob sie will oder nicht - immer in der Tasche gehabt. Und gewiss nicht unbedacht, hat sie auffällig viele Frauen in ihrer nächsten Umgebung platziert. Unterdessen spöttelt niemand mehr über Merkels "Girls Camp". Es wird als Teil ihres Netzwerkes der Macht sehr ernst genommen.
Den Beweis, dass Frauen es Männern gleichtun können, hat die Politikerin Angela Merkel längst erbracht. Der Beweis, dass Frauen es grundsätzlich anders machen, steht indes noch aus. Den müsste die Bundeskanzlerin Angela Merkel noch erbringen. Doch so wie es wenige Wochen vor der Wahl aussieht, wird sie die Gelegenheit dazu bekommen. Man darf also gespannt sein auf den weiblichen Führungsstil.
Monika Zimmermann ist promovierte Historikerin. Sie ging schon weit vor der Wende in die DDR, damals als Korrespondentin der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Nach der Wende führte sie als Chefredakteurin verschiedene Tageszeitungen in Ost und West u. a. die "Neue Zeit", den "Tagesspiegel" und den "Münchner Merkur". Seit kurzem ist sie zurück in Berlin und vertritt hier als Chefkorrespondentin sowohl ein Ost- wie ein Westblatt, nämlich die "Mitteldeutsche Zeitung" und den "Kölner Stadt-Anzeiger".
"Frau oder Mann ist eine vordergründige Frage." Mit diesen Worten reagiert Angela Merkel selbst immer ziemlich unwirsch auf die Frage nach dem kleinen Unterschied. Sie mag das Thema nicht. Dennoch hat sie mehrfach bewiesen, dass sie es durchaus für sich zu nutzen weiß. Als beispielsweise ihre Partei, die CDU, nach der Kohlschen Spendenaffäre völlig daniederlag, hat die damalige Generalsekretärin Angela Merkel ebenso machtbewusst wie instinktsicher die anstehenden Regionalkonferenzen kurzerhand zum innerparteilichen Volksentscheid für sich umfunktioniert. Die "Angie, Angie"-Rufe damals, die auch jetzt im Wahlkampf widerhallen, signalisierten die Erwartung der Parteibasis: Eine Frau kann uns jetzt besser aus dem Schlamassel befreien als Männer, die ihn angerichtet haben.
Ähnliche Hoffnungen könnten jetzt für die anstehende Bundestagswahl eine Rolle spielen. Denn wenn es einen Unterschied gibt, der Frauen zugeschrieben wird, dann der: Frauen packen unverzüglich an, während Männer, im Jahrhunderte langen Machtkampf erprobt, oft erst die Frage geklärt haben wollen, ob ihnen das Zupacken nützt oder ob es ihnen schadet. Insofern verbindet sich mit einer Kanzlerin auch die Vorstellung, Sachfragen könnten endlich wieder über Machtfragen die Oberhand gewinnen. Und die Wahlkämpferin Merkel kann auch damit kalkulieren, dass mancher Wähler meint, Eigenschaften wie Umsicht, Fürsorglichkeit, Rücksichtnahme, die als typisch weiblich gelten, wären in der Situation, in der sich das Land im Augenblick befindet, Labsal für die waidwunde deutsche Seele.
Bei alledem bleibt allerdings zu fragen, inwieweit Frauen überhaupt eine Chance haben, ihre spezielleren Eigenschaften durchzubringen im Spiel um die Macht. Denn Tatsache ist auch: Die Realität schleift schnell die Unterschiede. Wie die Dinge nun einmal liegen, wird Frauen schon auf dem Weg nach oben abverlangt, sich in einer Männergesellschaft zu behaupten. Und das heißt auch, sich auf die von Männern geprägte Welt einzulassen, sich ihr anzupassen. Ganz oben, wo die Luft ohnehin dünn ist, ist der Einfluss von Frauen immer noch viel zu gering, als dass sie schon Ton und Stil vergeben könnten. Dabei hat der Mangel an weiblichem Führungspersonal, wie man weiß, nichts, aber auch gar nichts mit fehlender Begabung zu tun. Der Mangel an Führungsfrauen hat viel mehr zu tun mit einer quasi naturgegebenen Benachteiligung: Wer mit Rücksicht auf Kinder in den entscheidenden Jahren, in denen Familien, aber eben auch Karrieren angelegt werden, halbtags oder ganztägig nicht im Beruf arbeitet, findet die besten Plätze auf der Erfolgsleiter besetzt, wenn er, beziehungsweise, wenn sie zurückkehrt aus dem Mutterschutz. Dies würde Männern keinen Deut anders gehen als Frauen, nur, dass immer noch mehr Frauen als Männer sich entschließen, die Familie dem Beruf vorzuziehen - jedenfalls für einige Zeit.
Angela Merkel hat es weit gebracht im harten Geschäft der Politik - und sie hat dies geschafft ganz ohne Quote und zu allem Überfluss auch noch in einer Partei ohne Quote. Sie hat das Frauenticket nie vorgezeigt, es gleichwohl - ob sie will oder nicht - immer in der Tasche gehabt. Und gewiss nicht unbedacht, hat sie auffällig viele Frauen in ihrer nächsten Umgebung platziert. Unterdessen spöttelt niemand mehr über Merkels "Girls Camp". Es wird als Teil ihres Netzwerkes der Macht sehr ernst genommen.
Den Beweis, dass Frauen es Männern gleichtun können, hat die Politikerin Angela Merkel längst erbracht. Der Beweis, dass Frauen es grundsätzlich anders machen, steht indes noch aus. Den müsste die Bundeskanzlerin Angela Merkel noch erbringen. Doch so wie es wenige Wochen vor der Wahl aussieht, wird sie die Gelegenheit dazu bekommen. Man darf also gespannt sein auf den weiblichen Führungsstil.
Monika Zimmermann ist promovierte Historikerin. Sie ging schon weit vor der Wende in die DDR, damals als Korrespondentin der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Nach der Wende führte sie als Chefredakteurin verschiedene Tageszeitungen in Ost und West u. a. die "Neue Zeit", den "Tagesspiegel" und den "Münchner Merkur". Seit kurzem ist sie zurück in Berlin und vertritt hier als Chefkorrespondentin sowohl ein Ost- wie ein Westblatt, nämlich die "Mitteldeutsche Zeitung" und den "Kölner Stadt-Anzeiger".