Aneinandergereihte Slapstickmomente
Im Mittelpunkt von Jakob Arjounis "Der heilige Eddy" steht ein mit allen Wassern gewaschener Trickbetrüger, der "aus Versehen" einen Großunternehmer durch einen Treppensturz zu Tode bringt. Daraus entwickelt sich eine quirlige Komödie.
Bekannt geworden in den 1980er-Jahren durch seine Kriminalromane um den Ermittler Kemal Kayankaya, erprobt der in Berlin lebende Jakob Arjouni seine Talente inzwischen auf anderen Terrains. Wechselte er 2006 mit "Chez Max" ins Science-Fiction-Lager, so taucht er mit seinem neuen Roman "Der heilige Eddy" mitten hinein ins (Berliner) Großstadtleben unserer Tage.
Eddy Stein, so nennt Arjouni seinen mit vielen Wassern gewaschenen Helden. Dieser schlägt sich als Musiker der Straßenband "Lover's Rock" durchs Leben und bessert seine Finanzen, da er mit seinen 43 Jahren nicht die ewige Jugend gepachtet hat, dadurch auf, dass er als ausgebuffter Trickbetrüger ahnungslose Zeitgenossen um ihr Angespartes bringt.
Alles scheint in seiner unauffälligen Kreuzberger Wohnung aufs Beste eingerichtet, bis Eddy eines Tages im Treppenhaus auf den legendenumwobenen Unternehmer Horst König trifft. Dieser - aus Neukölln stammend und mit Bratwürsten in den USA zu famosem Reichtum gekommen - geistert nach seiner anfänglich gefeierten Rückkehr in die Hauptstadt durch alle Gazetten, da er, so der Anschein, eine alteingesessene Tempelhofer Deo-Fabrik als Spekulationsobjekt benutzt hat.
Eddy gerät mit dem ungehaltenen Tycoon aneinander und stößt ihn bei einem Gerangel die Treppe hinunter. Der Gestürzte kommt bei der Kollision mit einer zufällig dort deponierten Walfängerharpunenkanone unschön zu Tode und nötigt Eddy dazu, sich eiligst Mittel und Wege auszudenken, den berühmten Leichnam unauffällig zu entsorgen.
Jakob Arjouni hat große Qualitäten, wenn es darum geht, in schnellen Sequenzen Slapstickmomente aneinander zu reihen und nicht minder schnelle Dialoge aufs Papier zu bringen. Eine quirlige Komödie entwickelt sich so vor den Augen des Lesers, der den moralisch ambivalenten Kleinganoven Eddy mit Sympathie auf dessen Höllentrip begleitet.
Alsbald reichert ein freundlicher russischer Kompagnon das Figurenarsenal ebenso an wie ein Bekannter aus früheren Tagen, die "Giftschwuchtel" Fabian Braake, der mittlerweile als Boulevardjournalist den Großstadtschlamm aufwühlt und versucht, den Fall König perfide auszuschlachten. Und als dann auch noch Königs schöne Tochter Romy die Szene betritt, wird aus dem Kreuzberger Treppensturzdesaster eine veritable, zuckersüße Liebesgeschichte.
"Natürlich war das abenteuerlich", heißt es an einer Stelle, ganz so, als wollte Jakob Arjouni seine nicht allen Wahrscheinlichkeitsüberlegungen standhaltende Geschichte selbst kommentieren. Doch immerhin, wer die literarische Messlatte nicht allzu hoch hängt, findet im "Heiligen Eddy" ein unterhaltsames Metropolenmärchen, dessen fintenreicher Verfasser einen guten Blick für Milieus hat und selbst Haurucksätzen wie "Agnes war eine blonde Wucht aus Aachen" ein wenig Würde verleiht.
Rezensiert von Rainer Moritz
Jakob Arjouni: Der heilige Eddy
Diogenes Verlag, 2009
246 Seiten, 18,90 Euro
Eddy Stein, so nennt Arjouni seinen mit vielen Wassern gewaschenen Helden. Dieser schlägt sich als Musiker der Straßenband "Lover's Rock" durchs Leben und bessert seine Finanzen, da er mit seinen 43 Jahren nicht die ewige Jugend gepachtet hat, dadurch auf, dass er als ausgebuffter Trickbetrüger ahnungslose Zeitgenossen um ihr Angespartes bringt.
Alles scheint in seiner unauffälligen Kreuzberger Wohnung aufs Beste eingerichtet, bis Eddy eines Tages im Treppenhaus auf den legendenumwobenen Unternehmer Horst König trifft. Dieser - aus Neukölln stammend und mit Bratwürsten in den USA zu famosem Reichtum gekommen - geistert nach seiner anfänglich gefeierten Rückkehr in die Hauptstadt durch alle Gazetten, da er, so der Anschein, eine alteingesessene Tempelhofer Deo-Fabrik als Spekulationsobjekt benutzt hat.
Eddy gerät mit dem ungehaltenen Tycoon aneinander und stößt ihn bei einem Gerangel die Treppe hinunter. Der Gestürzte kommt bei der Kollision mit einer zufällig dort deponierten Walfängerharpunenkanone unschön zu Tode und nötigt Eddy dazu, sich eiligst Mittel und Wege auszudenken, den berühmten Leichnam unauffällig zu entsorgen.
Jakob Arjouni hat große Qualitäten, wenn es darum geht, in schnellen Sequenzen Slapstickmomente aneinander zu reihen und nicht minder schnelle Dialoge aufs Papier zu bringen. Eine quirlige Komödie entwickelt sich so vor den Augen des Lesers, der den moralisch ambivalenten Kleinganoven Eddy mit Sympathie auf dessen Höllentrip begleitet.
Alsbald reichert ein freundlicher russischer Kompagnon das Figurenarsenal ebenso an wie ein Bekannter aus früheren Tagen, die "Giftschwuchtel" Fabian Braake, der mittlerweile als Boulevardjournalist den Großstadtschlamm aufwühlt und versucht, den Fall König perfide auszuschlachten. Und als dann auch noch Königs schöne Tochter Romy die Szene betritt, wird aus dem Kreuzberger Treppensturzdesaster eine veritable, zuckersüße Liebesgeschichte.
"Natürlich war das abenteuerlich", heißt es an einer Stelle, ganz so, als wollte Jakob Arjouni seine nicht allen Wahrscheinlichkeitsüberlegungen standhaltende Geschichte selbst kommentieren. Doch immerhin, wer die literarische Messlatte nicht allzu hoch hängt, findet im "Heiligen Eddy" ein unterhaltsames Metropolenmärchen, dessen fintenreicher Verfasser einen guten Blick für Milieus hat und selbst Haurucksätzen wie "Agnes war eine blonde Wucht aus Aachen" ein wenig Würde verleiht.
Rezensiert von Rainer Moritz
Jakob Arjouni: Der heilige Eddy
Diogenes Verlag, 2009
246 Seiten, 18,90 Euro