Andres Veiel zu den Folgen der Finanzkrise

"Wir tanzen auf einem Vulkan"

Ein Mitarbeiter eines Börsenhändlers schlägt am 15. September 2008 an der New Yorker Börse an der Wall Street die Hände vor das Gesicht.
Ein Mitarbeiter eines Börsenhändlers schlägt am 15. September 2008 an der New Yorker Börse an der Wall Street die Hände vor das Gesicht. © picture alliance/dpa/Foto: epa Foley
Andres Veiel im Gespräch mit Anke Schaefer · 15.09.2018
Nur kosmetisch seien die Folgen der globalen Finanzkrise vor zehn Jahren behandelt worden, sagt der Filmemacher Andres Veiel. Die Hälfte des weltweiten Vermögens werde derzeit von Schattenbanken verwaltet. Das System sei "nicht kontrolliert".
Heute vor zehn Jahren kollabierte die Investmentbank Lehman Brothers in den USA. Darauf folgte eine Kettenreaktion an den Finanzmärkten. Ungezählte Milliarden Euro mussten aufgewendet werden, um das Finanzsystem zu stützen. Und heute?
"Ganz viele Ursachen dieser Krise wurden nur kosmetisch behandelt", sagte der Filmemacher Andres Veiel im Deutschlandfunk Kultur. "Das heißt: Sie wirken fort, sie wirken vielfach fort. Das Bankensystem ist nicht wirklich stabilisiert."

"Das ist alles unkontrolliert"

Veiel recherchierte in Zusammenhang mit seinem Projekt am Deutschen Theater "Welche Zukunft? – Let Them Eat Money" intensiv zur Entwicklung des Finanzsystems. Beteiligt daran waren auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.

Fast die Hälfte des weltweiten Vermögens werde derzeit von Schattenbanken verwaltet, die über Pensionsfonds eng mit den Staatshaushalten und Regierungen verzahnt seien, so Veiel weiter. Das Problem dabei: "Das ist alles unkontrolliert. Also Billionen kursieren hier im Moment um den Erdball, Billionen Dollar, Euro, die sind nicht kontrolliert." Bei einer neuen Krise seien Kettenreaktionen nicht aufzuhalten.
Andres Veiel im Gespräch mit Deutschlandradio Kultur auf der Berlinale
Andres Veiel im Gespräch mit Deutschlandradio Kultur auf der Berlinale© Foto: Getty für Audi

Von Krise zu Krise

Zudem habe die Staatsverschuldung - gerade auch in Europa - zugenommen, so Veiel. "Das heißt in einer nächsten Krise können wir diese Rettungsmaßnahmen wie sie 2010, 2011 dann aufgefahren wurden, gar nicht mehr von staatlicher Seite so in dieser Weise erbringen."
Besonders tragisch sei, dass über all diese "wirklich großen Themen" kaum gesprochen werde. Stattdessen löse der Verbleib eines Behördenleiters - wie jetzt im Fall Maaßen beim Bundesverfassungsschutz - eine Koalitionskrise aus, was symptomatisch sei.
"Und an solchen, eigentlich marginalen Punkten, stolpern wir von einer Krise in die andere, um letztendlich da, wo es nötig wäre etwas zu tun, nichts zu tun. Und das ist eigentlich das Skandalöse an dem Zustand des Landes."
(huc)
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