An den Quellen der polnischen Musiksprache

Von Malgorzata Jedruch-Wlodarczyk, Übersetzung: Jakub Kukla · 12.05.2011
Jedes Konzert von "Kwadrofonic" ist dramaturgisch konstruiert. Die Musiker nutzen die gesamte Bühne, sie verschwinden auch mal im Inneren der Klaviere, um die Saiten zu präparieren und ihren Klang zu modifizieren oder um auf einer Kalimba zu spielen, für die die Resonanz eines Klaviers notwendig ist.
Jedes Stück stellt eine abgeschlossene Einheit dar, weist aber zugleich über sich hinaus und wird Teil einer kohärenten magischen Erzählung in Tönen. Das lyrische Element steht dabei keineswegs im Gegensatz zum leidenschaftlichen Element der polnischen Volksmusik.

Die jungen Musiker vermitteln dabei, wie ihre Faszination für das Genie Chopins sie zum Kern der Inspiration und Vorstellungskraft des Klaviermeisters geführt hat. "Das Konzert gleicht einer variierten Geschichte über die Faszination, die die Dorfmusik auf den Komponisten ausübte, über die Eindrücke, die er tief in seinem Herzen aus Polen mitgebracht hat und über die Melodien, die er in Erinnerung behalten hatte, um sie später in seinen Präludien, Mazurkas und Sonaten zu verwenden" (Kwadrofonik).

In den Klangexperimenten des Quartetts sind Motive und Phrasen aus Chopins Werken und aus polnischen Volksmelodien nicht zu überhören. Die stark bearbeiteten Motive erklingen manchmal im ganzen Werk, an anderen Stellen tauchen sie nur in der Reprise auf, um sich später in eine äußerst moderne Klangwelt zu verwandeln. Dadurch klingt die Musik der jungen Virtuosen sehr frisch. Die Musik Chopins bildete also nur den Ausgangspunkt für eigene künstlerische Vorstellungen.

Die Musiker sind der Meinung, dass: "...man in der gesamten Musik von Chopin potenziell das Instrumentarium von Kwadrofonik hört", aber als Ausgangspunkt für ihre eigenen Bearbeitungen haben sie die Stücke ausgewählt, die ihnen emotional am nächsten stehen.

Der Ton des polnischen Volksinstruments "Bazuna" klingt in der Stille aus. Die einzelnen Töne bilden die tonal-harmonische Basis in der Einleitung des Stückes "Polaris". Es führt in eine Klangwelt, die den Zuhörer bis zum Ende des zweiten Teils des Konzerts begleiten wird. Sie erinnert ein wenig an die Einleitung eines indischen Ragas, bei der jeder einzelne Ton von großer Bedeutung ist, und sowohl der Anfang als auch das Ende eines Tones wichtig sind.

Die ausdrucksstarken Phrasen des "Kujawiak" (ein Volkstanz aus der Region "Kujawy" in Zentralpolen, wo der junge Chopin seine Ferien verbrachte) kündigen vor diesem Hintergrund musikalische Ereignisse an, die bald darauf folgen. Ein traditionelles Lied zu Beginn von "I was here, Frédéric" korrespondiert mit angedeuteten Phrasen aus zwei Scherzos von Chopin: mit dem "Scherzo b-moll" und dem "Scherzo cis-moll".

Der "Vivat", der mit dem Klang der Sackpfeifen endet (charakteristisch für die westpolnische Region Großpolen) vermittelt für einige Minuten das Gefühl von Unruhe, um gleich in der "Impression über das Präludium e-moll" zu entschwinden, die auf dem Beethovenschen Motiv der "Mondscheinsonate" aufbaut. Die Musik, die in Anlehnung an ein dramatisches Volkslied entstanden ist, führt zu einem Höhepunkt, der von der "Mazurka in D" (mit Anklängen an die "Mazurka op. 33 Nr. 3" und das Finale des "Minutenwalzers" von Chopin) und der "Scatty Polka" gebildet wird – einer feurigen Reminiszenz an einen Volkstanz aus Zentralpolen.
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