"An das nationale Interesse denken, kann ja nicht verkehrt sein"
Bundeswirtschaftsminister und FDP-Chef Philipp Rösler hat in Sachen Griechenland Unterstützung von Partei-Vizechef Holger Zastrow erhalten. Die FDP nehme die Ängste der Menschen ernst, sagte Zastrow. Es sei wohltuend, dass die FDP Mut zu eigenen Überzeugungen habe.
Jörg Degenhardt: In diesen Tagen und Wochen FDP-Mitglied zu sein, das ist bestimmt nicht einfach. SPD-Chef Gabriel sieht die Freien Demokraten auf dem Weg der populistischen Tea-Party-Bewegung in den USA. Da seien Kräfte im Vormarsch, die aus ideologischen Gründen auf strikte wirtschaftliche Staatsfeindlichkeit setzten.
Gut, das ist die Opposition, aber auch der große Regierungspartner und erst recht die Kanzlerin zeigen wenig Begeisterung für das wiederholte laute Nachdenken des FDP-Chefs und Vizekanzlers Philipp Rösler über eine Griechenland-Insolvenz.
Und dann gibt es da noch die Berlin-Wahl am Sonntag und die Fünf-Prozent-Hürde. Am Telefon begrüße ich Sachsens FDP-Chef und den Bundesvize Holger Zastrow. Guten Morgen, Herr Zastrow.
Holger Zastrow: Guten Morgen, Herr Degenhardt!
Degenhardt: Wie viel Wahrheit steckt in dem folgenden Szenario: Die FDP schlägt Krach, provoziert den Koalitionsbruch, um in den nächsten Bundestagswahlkampf als die einzige Partei zu ziehen, die die Ängste der Menschen in der Eurokrise wirklich ernst nimmt und schafft damit die Fünf-Prozent-Hürde – alles falsch?
Zastrow: Das wir die Ängste der Menschen ernst nehmen, ist ganz richtig, dass es eine taktische Erwägung ist, wäre falsch. Die Eurokrise ist da, das ist so, und wir können uns ja allesamt eine Menge vormachen. Ich glaube aber, dass die Lage zu ernst ist als um den heißen Brei drum rumzureden, sondern wir müssen uns der Situation stellen, unabhängig von dem, was bei einer Bundestagswahl in zwei Jahren ist.
Degenhardt: Aber in Umfragen haben Sie schon zugelegt. Also, noch mal die Nachfrage: Liegt Ihnen das Wohl der Partei näher als die europäische Idee, als die europäische Gemeinschaftswährung?
Zastrow: Na ja, ich glaube, wenn man Teil einer Bundesregierung ist, dann ist man ja nicht dafür gewählt worden, Schaden vom griechischen Volk abzuwenden, sondern zunächst mal Schaden vom eigenen Volk abzuwenden. Und dass wir an das nationale Interesse denken, kann ja nicht verkehrt sein.
Und genau das tut Philipp Rösler, genau das tut die FDP, und was sicherlich wohltuend ist, und was einen Unterschied vielleicht zu den vergangenen anderthalb Jahren, zwei Jahren ist, ist, dass die FDP endlich mal den Mut hat, wieder zur eigenen Überzeugung zu stehen, und dass wir uns als FDP, als Partei der Marktwirtschaft für Eigenverantwortung, für persönliche Haftung einsetzen und der Meinung sind, dass diese Eigenverantwortung eben nicht nur für einen kleinen Unternehmer oder für jeden selbst ganz persönlich gilt, sondern eben auch für Staaten, auch für Großbanken gilt, das kann ja nun wirklich keinen überraschen. Überraschend ist nur, dass wir es so klar sagen. Der Mut hat uns in den letzten zwei Jahren oft gefehlt, jetzt haben wir ihn wieder.
Degenhardt: Sie sagten gerade, man dürfe nicht um den heißen Brei herumreden. Wen meinen Sie denn damit? Die Kanzlerin?
Zastrow: Ach, die ... es gibt da so eine öffentliche Meinung, und in der Öffentlichkeit wird ja auch ein Bild aufgebaut. Beispielsweise, das heißt, wenn man eben kritisch gegenüber der einen oder anderen Idee zur Eurorettung ist, dann wäre man europafeindlich. Und das ist ja genau falsch.
Die FDP ist die Europapartei, aber für uns gilt eben auch, dass Europa von seiner Vielfalt lebt, von seinen Unterschieden lebt, und dass auch jeder selbst verantwortlich ist für, was er macht. Und wenn da eine Politik gemacht wird, wo man versucht, die Fehler, die ein Staat gemacht hat, zu verallgemeinern auf das zuschulden Staaten kommen und versuchen, ihre Schulden auf Leistungsträger wie Deutschland abzuwälzen, das kann nicht die europäische Idee sein, das ist nicht unsere Politik.
Degenhardt: Ich muss noch mal nachhaken bei dem heißen Brei: Muss man als Bundeswirtschaftsminister des wirtschaftlich stärksten Landes in Europa dennoch nicht seine Worte sorgfältiger wählen, um zum Beispiel die Finanzmärkte nicht zu verunsichern?
Zastrow: Also, ich bin der festen Überzeugung, dass wir uns weder von den Finanzmärkten unter Druck setzen lassen dürfen, wir dürfen uns auch nicht von der einen oder anderen, vorzugsweise französischen Großbank unter Druck setzen lassen. Wir dürfen uns auch nicht von Schuldenstaaten wie Griechenland unter Druck setzen lassen. Wir dürfen auch nicht vergessen, dass es oftmals die Banken selbst gewesen sind oder die Staaten gewesen sind, die Europa in diese Situation gebracht haben.
Es gibt ja da auch jemanden, der verantwortlich ist. Es ist nicht Deutschland. Nicht Deutschland hat diese Schuldenpolitik gemacht, sondern es sind die Griechen selbst gewesen, die sich nicht an Regeln gehalten haben, und es sind auch oftmals Banken gewesen, die sich an hochriskante Finanzgeschäfte herangewagt haben und jetzt nach dem Staat rufen – das geht so nicht, und genauso darf für uns der Termin der französischen Präsidentschaftswahl nicht das Entscheidende sein.
Nein, wir müssen daran denken, was für Deutschland das Wichtige ist, müssen manchen politischen Aspekt dabei auch ausblenden und schauen, was aus ökonomischer Sicht für uns der bessere Weg ist, und bei all dem, was ich aus Griechenland höre, ist es doch völlig vernünftig. Und das muss auch ein Wirtschaftsminister genau tun, gerade in der jetzigen Situation, dass er über Szenarien nachdenkt und dass er auch Handlungsoptionen entwirft, das ist richtig, das ist seine Verantwortung, das muss er tun.
Degenhardt: Noch in diesem Monat will ihr Parteifreund Frank Scheffler im Bundesvorstand einen Antrag auf Mitgliederentscheid vorlegen. Er will die Bundestagsfraktion verpflichten, sich künftig gegen unbefristete Rettungsmaßnahmen für verschuldete Eurostaaten auszusprechen. Was ist, wenn Scheffler erfolgreich ist, dann drohen doch zumindest Verwerfungen in der schwarzgelben Koalition, wenn nicht sogar der Bruch?
Zastrow: Ja, aber man sieht ja an der Initiative des Mitgliederentscheides, dass eine Regierung auch nicht an der Meinung ganz vieler Menschen vorbeiregieren darf. Und ich glaube, dass wir im Moment eine Situation haben, dass viele Menschen die Politik eben nicht mehr verstehen, dass sie sehr verängstigt sind, irritiert sind, und dass man das auch wahrnehmen muss. Und er hat da einen Anstoß gegeben.
Ich empfinde diesen Mitgliederentscheid auch als Rückenwind für die aktuelle Debatte, die wir führen. Man muss noch eines sagen: Der Mitgliederentscheid allein kann für eine FDP-Führung, kann für Philipp Rösler, kann für uns alle natürlich nicht alles sein, legt zwar Leitplanken fest, er zieht rote Linien, aber er sagt nicht, was wir danach machen.
Das heißt, einfach nur zu kritisieren und zu sagen, das machen wir nicht, nützt nichts, sondern ich muss, wenn ich Leitplanken einziehe, auch die Ausfahrt festlegen und ganz klar sagen: Okay, was wäre denn die Lösung für uns? Und das tut der Mitgliederentscheid nicht, deswegen muss das Präsidium auch weiterdenken, das tut ja Philipp Rösler, ich glaube, dass seine Position in dieser Woche da auch sehr deutlich gewesen ist, und wir werden das auf dem Bundesparteitag in Frankfurt im November diskutieren, und dann mal sehen. Aber es ist ein Anstoß für eine Debatte, die dringend nötig ist, auch in der Partei.
Degenhardt: Dennoch, Herr Zastrow, von einer gemeinsamen inhaltlichen Linie bei der Bekämpfung der Schuldenkrise kann doch innerhalb der schwarz-gelben Koalition keine Rede mehr sein. Stimmen Sie mir da zu?
Zastrow: Wissen Sie, wir sind in einer schweren Krise, und ich glaube, es tut uns gut, wenn wir damit offen umgehen, und wenn wir auch da eine Diskussion zulassen. Ich glaube, die Menschen wollen auch sehen, dass nicht nur in Hinterzimmern irgendwelche Optionen diskutiert werden, sondern dass man auch sieht, dass die Politik sich ernsthaft einen Kopf macht. Und unsere Position, die wir als FDP haben, findet ja auch Rückhalt, auch zunehmend in der Union, vor allem auch in der CSU, und daran sieht man eben, dass ...
Degenhardt: Ja, aber nicht bei der Kanzlerin.
Zastrow: Ach, na ja, ich glaube, dass die Kanzlerin auch sich selbst die Gedanken macht, und ich finde auch, dass es zulässig ist, dass man da unterschiedliche Positionen bezieht. Es ist wichtig, dass wir zum Ergebnis kommen. Und es steht ja neben der Eurokrise eine ganz andere Frage, der wir uns auch als FDP stellen müssen und die beispielsweise auch ein Mitgliederentscheid ja nicht beantwortet, die müssen wir aber beantworten: Wie ist unser Verhältnis zu Europa?
Wenn beispielsweise die Lösung für den Euro, wie man es an vielen Stellen ja hört, die Abgabe von mehr nationalen Kompetenzen auf die europäische Ebene ist, also eine politische Union, das, was mancher als Vereinigte Staaten von Europa bezeichnen, die Lösung sein sollte, dann glaube ich, dass das nicht das Europa ist, für das viele Deutsche stehen, und das ist auch nicht mein Europa.
Degenhardt: Sachsens FDP-Landeschef und Bundesvize Holger Zastrow im Deutschlandradio-Kultur-Gespräch. Vielen Dank dafür, und Ihnen einen guten Tag!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Gut, das ist die Opposition, aber auch der große Regierungspartner und erst recht die Kanzlerin zeigen wenig Begeisterung für das wiederholte laute Nachdenken des FDP-Chefs und Vizekanzlers Philipp Rösler über eine Griechenland-Insolvenz.
Und dann gibt es da noch die Berlin-Wahl am Sonntag und die Fünf-Prozent-Hürde. Am Telefon begrüße ich Sachsens FDP-Chef und den Bundesvize Holger Zastrow. Guten Morgen, Herr Zastrow.
Holger Zastrow: Guten Morgen, Herr Degenhardt!
Degenhardt: Wie viel Wahrheit steckt in dem folgenden Szenario: Die FDP schlägt Krach, provoziert den Koalitionsbruch, um in den nächsten Bundestagswahlkampf als die einzige Partei zu ziehen, die die Ängste der Menschen in der Eurokrise wirklich ernst nimmt und schafft damit die Fünf-Prozent-Hürde – alles falsch?
Zastrow: Das wir die Ängste der Menschen ernst nehmen, ist ganz richtig, dass es eine taktische Erwägung ist, wäre falsch. Die Eurokrise ist da, das ist so, und wir können uns ja allesamt eine Menge vormachen. Ich glaube aber, dass die Lage zu ernst ist als um den heißen Brei drum rumzureden, sondern wir müssen uns der Situation stellen, unabhängig von dem, was bei einer Bundestagswahl in zwei Jahren ist.
Degenhardt: Aber in Umfragen haben Sie schon zugelegt. Also, noch mal die Nachfrage: Liegt Ihnen das Wohl der Partei näher als die europäische Idee, als die europäische Gemeinschaftswährung?
Zastrow: Na ja, ich glaube, wenn man Teil einer Bundesregierung ist, dann ist man ja nicht dafür gewählt worden, Schaden vom griechischen Volk abzuwenden, sondern zunächst mal Schaden vom eigenen Volk abzuwenden. Und dass wir an das nationale Interesse denken, kann ja nicht verkehrt sein.
Und genau das tut Philipp Rösler, genau das tut die FDP, und was sicherlich wohltuend ist, und was einen Unterschied vielleicht zu den vergangenen anderthalb Jahren, zwei Jahren ist, ist, dass die FDP endlich mal den Mut hat, wieder zur eigenen Überzeugung zu stehen, und dass wir uns als FDP, als Partei der Marktwirtschaft für Eigenverantwortung, für persönliche Haftung einsetzen und der Meinung sind, dass diese Eigenverantwortung eben nicht nur für einen kleinen Unternehmer oder für jeden selbst ganz persönlich gilt, sondern eben auch für Staaten, auch für Großbanken gilt, das kann ja nun wirklich keinen überraschen. Überraschend ist nur, dass wir es so klar sagen. Der Mut hat uns in den letzten zwei Jahren oft gefehlt, jetzt haben wir ihn wieder.
Degenhardt: Sie sagten gerade, man dürfe nicht um den heißen Brei herumreden. Wen meinen Sie denn damit? Die Kanzlerin?
Zastrow: Ach, die ... es gibt da so eine öffentliche Meinung, und in der Öffentlichkeit wird ja auch ein Bild aufgebaut. Beispielsweise, das heißt, wenn man eben kritisch gegenüber der einen oder anderen Idee zur Eurorettung ist, dann wäre man europafeindlich. Und das ist ja genau falsch.
Die FDP ist die Europapartei, aber für uns gilt eben auch, dass Europa von seiner Vielfalt lebt, von seinen Unterschieden lebt, und dass auch jeder selbst verantwortlich ist für, was er macht. Und wenn da eine Politik gemacht wird, wo man versucht, die Fehler, die ein Staat gemacht hat, zu verallgemeinern auf das zuschulden Staaten kommen und versuchen, ihre Schulden auf Leistungsträger wie Deutschland abzuwälzen, das kann nicht die europäische Idee sein, das ist nicht unsere Politik.
Degenhardt: Ich muss noch mal nachhaken bei dem heißen Brei: Muss man als Bundeswirtschaftsminister des wirtschaftlich stärksten Landes in Europa dennoch nicht seine Worte sorgfältiger wählen, um zum Beispiel die Finanzmärkte nicht zu verunsichern?
Zastrow: Also, ich bin der festen Überzeugung, dass wir uns weder von den Finanzmärkten unter Druck setzen lassen dürfen, wir dürfen uns auch nicht von der einen oder anderen, vorzugsweise französischen Großbank unter Druck setzen lassen. Wir dürfen uns auch nicht von Schuldenstaaten wie Griechenland unter Druck setzen lassen. Wir dürfen auch nicht vergessen, dass es oftmals die Banken selbst gewesen sind oder die Staaten gewesen sind, die Europa in diese Situation gebracht haben.
Es gibt ja da auch jemanden, der verantwortlich ist. Es ist nicht Deutschland. Nicht Deutschland hat diese Schuldenpolitik gemacht, sondern es sind die Griechen selbst gewesen, die sich nicht an Regeln gehalten haben, und es sind auch oftmals Banken gewesen, die sich an hochriskante Finanzgeschäfte herangewagt haben und jetzt nach dem Staat rufen – das geht so nicht, und genauso darf für uns der Termin der französischen Präsidentschaftswahl nicht das Entscheidende sein.
Nein, wir müssen daran denken, was für Deutschland das Wichtige ist, müssen manchen politischen Aspekt dabei auch ausblenden und schauen, was aus ökonomischer Sicht für uns der bessere Weg ist, und bei all dem, was ich aus Griechenland höre, ist es doch völlig vernünftig. Und das muss auch ein Wirtschaftsminister genau tun, gerade in der jetzigen Situation, dass er über Szenarien nachdenkt und dass er auch Handlungsoptionen entwirft, das ist richtig, das ist seine Verantwortung, das muss er tun.
Degenhardt: Noch in diesem Monat will ihr Parteifreund Frank Scheffler im Bundesvorstand einen Antrag auf Mitgliederentscheid vorlegen. Er will die Bundestagsfraktion verpflichten, sich künftig gegen unbefristete Rettungsmaßnahmen für verschuldete Eurostaaten auszusprechen. Was ist, wenn Scheffler erfolgreich ist, dann drohen doch zumindest Verwerfungen in der schwarzgelben Koalition, wenn nicht sogar der Bruch?
Zastrow: Ja, aber man sieht ja an der Initiative des Mitgliederentscheides, dass eine Regierung auch nicht an der Meinung ganz vieler Menschen vorbeiregieren darf. Und ich glaube, dass wir im Moment eine Situation haben, dass viele Menschen die Politik eben nicht mehr verstehen, dass sie sehr verängstigt sind, irritiert sind, und dass man das auch wahrnehmen muss. Und er hat da einen Anstoß gegeben.
Ich empfinde diesen Mitgliederentscheid auch als Rückenwind für die aktuelle Debatte, die wir führen. Man muss noch eines sagen: Der Mitgliederentscheid allein kann für eine FDP-Führung, kann für Philipp Rösler, kann für uns alle natürlich nicht alles sein, legt zwar Leitplanken fest, er zieht rote Linien, aber er sagt nicht, was wir danach machen.
Das heißt, einfach nur zu kritisieren und zu sagen, das machen wir nicht, nützt nichts, sondern ich muss, wenn ich Leitplanken einziehe, auch die Ausfahrt festlegen und ganz klar sagen: Okay, was wäre denn die Lösung für uns? Und das tut der Mitgliederentscheid nicht, deswegen muss das Präsidium auch weiterdenken, das tut ja Philipp Rösler, ich glaube, dass seine Position in dieser Woche da auch sehr deutlich gewesen ist, und wir werden das auf dem Bundesparteitag in Frankfurt im November diskutieren, und dann mal sehen. Aber es ist ein Anstoß für eine Debatte, die dringend nötig ist, auch in der Partei.
Degenhardt: Dennoch, Herr Zastrow, von einer gemeinsamen inhaltlichen Linie bei der Bekämpfung der Schuldenkrise kann doch innerhalb der schwarz-gelben Koalition keine Rede mehr sein. Stimmen Sie mir da zu?
Zastrow: Wissen Sie, wir sind in einer schweren Krise, und ich glaube, es tut uns gut, wenn wir damit offen umgehen, und wenn wir auch da eine Diskussion zulassen. Ich glaube, die Menschen wollen auch sehen, dass nicht nur in Hinterzimmern irgendwelche Optionen diskutiert werden, sondern dass man auch sieht, dass die Politik sich ernsthaft einen Kopf macht. Und unsere Position, die wir als FDP haben, findet ja auch Rückhalt, auch zunehmend in der Union, vor allem auch in der CSU, und daran sieht man eben, dass ...
Degenhardt: Ja, aber nicht bei der Kanzlerin.
Zastrow: Ach, na ja, ich glaube, dass die Kanzlerin auch sich selbst die Gedanken macht, und ich finde auch, dass es zulässig ist, dass man da unterschiedliche Positionen bezieht. Es ist wichtig, dass wir zum Ergebnis kommen. Und es steht ja neben der Eurokrise eine ganz andere Frage, der wir uns auch als FDP stellen müssen und die beispielsweise auch ein Mitgliederentscheid ja nicht beantwortet, die müssen wir aber beantworten: Wie ist unser Verhältnis zu Europa?
Wenn beispielsweise die Lösung für den Euro, wie man es an vielen Stellen ja hört, die Abgabe von mehr nationalen Kompetenzen auf die europäische Ebene ist, also eine politische Union, das, was mancher als Vereinigte Staaten von Europa bezeichnen, die Lösung sein sollte, dann glaube ich, dass das nicht das Europa ist, für das viele Deutsche stehen, und das ist auch nicht mein Europa.
Degenhardt: Sachsens FDP-Landeschef und Bundesvize Holger Zastrow im Deutschlandradio-Kultur-Gespräch. Vielen Dank dafür, und Ihnen einen guten Tag!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.